Dem Kids-Film „Bleib am Ball“ glückt der Spagat zwischen rasantem Sport- und einfühlsamem Behinderten-Drama. Unser Streaming-Tipp.
Streaming-Tipp „Bleib am Ball“Alles auf Anfang in einem Kinderleben
Auch in Kinder- und Jugendfilmen ist das Thema Fußball längst angekommen. Dabei geht es für Jungs wie für Mädchen um weit mehr als nur um Sieg und Niederlage, nämlich um Freundschaft und Teamgeist, Respekt und das Erkennen ihrer selbst. Der niederländische Kids-Film „Bleib am Ball – Egal was kommt!“ von Camiel Schouwenaar geht da noch einen Schritt weiter: Was geschieht, wenn man mit einem Mal all seine gewohnten körperlichen Freiräume und damit auch seine Träume, Ziele und Ideale einbüßt?
Dies widerfährt dem elfjährigen Dylan, weil er beim sorglosen Kicken mit seinem besten Freund Youssef auf dem Bürgersteig für einen winzigen Moment nicht achtgibt. Mit starrem Blick auf den Ball gerät er unter ein Auto und landet im Rollstuhl. Dem Film liegen die persönlichen Erfahrungen des Drehbuchautors Job Tichelman zugrunde, der wie sein junger Filmprotagonist Dylan seit einem Unfall querschnittsgelähmt ist. Dies mag mit ein Grund dafür sein, dass „Bleib am Ball“ keine melodramatische Leidens- und Mitleidsgeschichte ist, vielmehr der temperamentvolle, vehement-leidenschaftliche Aufruf, sich einem schweren Schicksal zu stellen und es mit Mut und Fantasie anzunehmen.
Bestürzt erkennt Dylan, dass sein Leben nie mehr so sein kann wie bisher
Freilich sagt sich das so einfach, und auch Dylan geht durch Phasen tiefster Verzweiflung. Während die Freunde und Mitspieler weiterhin auf einem Bolzplatz in Rotterdam kicken, taugt er nicht mal mehr dazu, das Tor zu hüten. Bestürzt erkennt Dylan, dass sein Leben nie mehr so sein kann wie bisher – und dass seine Teilnahme an einem wichtigen Fußballturnier nur unter ganz neuen Voraussetzungen möglich sein wird.
Dank der rasanten Sport- und Musikszenen, vor allem aber dank der grandios aufspielenden jungen Darstellerinnen und Darsteller entwickelt der Film so etwas wie eine lebbare Utopie, die Dylan schließlich doch wieder aktiv am Alltagsleben teilhaben lässt. Damit eng verwoben ist die sich schrittweise vollziehende Herzensbildung des Jungen, der sein oft anmaßendes Selbstbewusstsein ablegen und eine neue Sicht auf andere wie auch auf sich selbst findet. Es ist die besondere Leistung des Films, dass er stets hautnah an Dylan und den anderen Kids bleibt, aufmerksam und respektvoll ihre Blicke und Gesten, ihre Ratlosigkeit und Unsicherheit einfängt. Vor allem ihre Solidarität entwickelt er glaubwürdig aus ihrem freundschaftlichen, trotz Krisen und Zerwürfnissen aufrichtigen Umgang miteinander.
Erwachsene bleiben da eher außen vor: Eher skizzenhaft angelegt, wirken sie auffallend neutral, ja mitunter teilnahmslos, bevor sich vor allem im Verhältnis von Dylan und seinem die Mannschaft trainierenden Vater dann doch behutsame Gesten ihrer tiefen Liebe entwickeln. Ob das als konkret lebbares Verhaltens- und Handlungsrezept taugt, sei einmal dahingestellt, doch Dylans Lebens- und Leidensgeschichte macht Mut auch in schweren Zeiten.
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