DiskussionWarum die Welt zum Studio für elektronische Musik nach Köln pilgern wird
Köln – Es war die bislang beste Nachricht des noch trüben Jahres: Das Kölner Studio für elektronische Musik soll endlich eine würdige Heimat bekommen. Und zwar ausgerechnet im um 1100 Quadratmeter zur doppelten Größe ausgebauten Zentrum für Alte Musik (Zamus) auf dem Ehrenfelder Helios-Gelände (wir berichteten).
Eine Musik, die wie nichts auf der Welt klingt, wollten Karlheinz Stockhausen und andere Neutöner wenige Jahre nach Kriegsende im Studio für elektronische Musik mit Hilfe von Rauschgeneratoren und Ringmodulatoren komponieren. Tabula Rasa, Stunde Null.
Nur, wie sollen Alte und Neue Musik nun unter einem Dach zusammenfinden? Das wollte Moderator Michael Köhler von seinen Gästen auf dem Podium des „WDR 3 Forum“ wissen.
Klangsuche abseits des Mainstreams
Norbert Rodenkirchen, Vorstandsmitglied im Zamus, sieht weniger Probleme, als Chancen und Gemeinsamkeiten. Alte wie Neue Musik bewegten sich auf Klangsuche abseits von Klassik als Mainstream: „Es geht um den Aufbruch in ein Unbekanntes.“ Letztlich, schätzt Daniel Mennicken, Geschäftsführer des Vereins ON – Neue Musik Köln, werde eine künftige Zusammenarbeit zwischen Alter und Neuer Musik zwischen den Künstlern verhandelt. „Wir machen nur den Möglichkeitsraum auf.“ Gleich nach der Nachricht hätten ihn schon erste Anfragen aus dem Ausland erreicht, wann man denn wieder im Studio arbeiten könne.
NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen betonte die Bedeutung des Studios als kulturhistorisches Erbe des Rheinlandes: „Wir haben länger daran gearbeitet, dass Studio im Rheinland zu halten. Es gab unter anderem auch ein seriöses Angebot aus Berlin.“
Schattendasein in Ossendorf
In den vergangenen 20 Jahren hatte das Studio ein trauriges Schattendasein in einem Keller unter einem Fitnessstudio in Ossendorf geführt. Alle Versuche, den geschichtsträchtigen Gerätepark einem würdigeren Ort zuzuführen, scheiterten.
Auf Michael Köhlers Frage, wie es ihm in seinen ersten 100 Tagen als neuer Kölner Kulturdezernent gelungen sei, die nicht billige Zamus-Lösung – Stadt und Land teilen sich ab 2026 einen jährlichen Betriebskostenzuschuss von knapp 1,6 Millionen Euro – durch den Rat zu bringen, winkte Stefan Charles bescheiden ab. Er habe sich vom Enthusiasmus anstecken lassen und manchmal sei eben auch Glück im Spiel. Außerdem müsse man den Mut der Stadt Köln loben, ein doch eher nischiges Projekt zu unterstützen: „Da wird Exzellenz ermöglicht. Jetzt ist es wichtig, den Schwung auszunutzen, parallel zum vierjährigen Bau Stipendiate und andere Forschungsmöglichkeiten zu entwickeln. Wir aktivieren dieses Studio zu einer musikalischen Werkstatt, einen Ort der Produktion, der Aufführung und eben auch der Forschung.“
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Damit, betonte Matthias Kremlin, Programmbereichsleiter WDR 3 und WDR 5, unterscheide sich der Kölner Plan von allen vergleichbaren kulturhistorischen Maßnahmen: „Die Studios für elektronische Musik in Mailand, Eindhoven und München stehen hinter Glas. Wir wollen eine Studiensituation schaffen und auch ein funktionierendes Studio.“
Rainer Nonnenmann, Professor an der Kölner Musikhochschule, erinnerte noch mal daran, dass das Studio nicht nur die Geräte von 50 Jahren dokumentiere, „sondern auch Kollaborationen, gemeinsame Arbeiten von Komponisten und Technikern“. Das Studio sei ein internationaler und interdisziplinärer Treffpunkt gewesen. Nonnenmann zeigte sich zuversichtlich, dass das auch nun wieder so sein werde: „Es ist ein weltweit bekanntes Studio und die Leute werden nach Köln kommen.“ Zudem habe das Studio für elektronische Musik über Bands wie Can, Tangerine Dream und Kraftwerk auch direkten Einfluss auf die Populärmusik gehabt.
Da hätte man den Mund guten Gewissens noch voller nehmen können: Praktisch jede moderne Pop-Produktion arbeitet heute mit Mitteln, die hier, im Kölner Studio für elektronisch Musik des WDR, ihren Anfang genommen haben.
Die ganze Diskussion kann man auf WDR 3 am Sonntag, 13.2. ab 18.04 Uhr nachhören