Das Kölner Studio Trafique greift mit „Penthesilea – Battle of the Sexes“ ein Kleistsches Drama um antike Heldenfiguren auf, um über Geschlechterrollen nachzudenken.
Studio Trafique mit „Penthesilea – Battle of the Sexes“Bei diesem Stück von Kleist wird selten so gelacht
Gäbe es beim Theaterpreis für die Freie Szene in Köln einen Preis für das Theater des Jahres, dann hätte ihn 2023 wohl das „Studio Trafique“ bekommen. Nach „Downgrade Promotheus“ und „Falling Down“ folgt mit „Penthesilea – Battle of the Sexes“ bereits die dritte herausragende Inszenierung des Jahres. Im „Studio Trafique“ haben die künstlerische Leitung um Björn Gabriel und Anna Marienfeld das Kleist‘sche Drama um Liebe und Tod zwischen den antiken Heldenfiguren in eine zeitgemäße Form überschrieben. So viel gelacht wurde bei „Penthesilea“ wohl selten.
Bevor Johanna Reinders als resolute Amazonenkönigin und Nicolas Martin als in die Defensive geratener Achilles die Bühne betreten, gibt es den Plot von Kleists Penthesilea in knackigen 15 Minuten als filmische Collage mit Anna Marienfeld und Jan Sabo als antikes Heldenpaar auf der Leinwand. Am Ende des Prologs erwacht Penthesilea aus ihrem blutigen Liebesrausch, in dem sie Achilles zerfleischt hat und wählt den Freitod.
„Penthesilea – Battle of the Sexes“ von Studio Trafique
Auf die Suche nach Alternativen zu diesem toxischen Finale im Geschlechterkampf begibt sich im Stück auch der frisch gekürte Theaterpreisträger Tomasso Tessitori, der als Wandler zwischen den Geschlechtern seinen Platz in einer Gesellschaft sucht, die für Abweichler von der Norm kein Verständnis aufbringt. Wie kann sie aber aussehen, die neue Welt, in der die alten Prägungen nicht mehr Gültigkeit besitzen? Müssen die Männer weg, wie es Penthesilea in einer spitzen Suada fordert? Weil doch der Mann, mehr Maschine als Wesen, im Laufe der Zeit dafür verantwortlich zeichnet, dass dieser Planet zugrunde geht.
Das Auslöschen des Patriachats wird allerdings ein monströs blutiges Geschäft und verlangt von den Frauen eine mörderische Gewalt, die für gewöhnlich als männliche Eigenschaft negativ konnotiert ist. Autor und Regisseur Björn Gabriel entzieht sich dem Dilemma durch satirische Überspitzung. Pathos und Schrecken werden hier immer wieder weggelacht. Der Krieg der Geschlechter kommt hier ungemein komisch daher.
Das Stück des Kölner Theaters nimmt Geschlechterrollen aufs Korn
Gerade noch hat Tomasso Tessitori einen eindringlichen Monolog über die sexuellen Sehnsüchte eines nicht heteronormativen Außenseiters gehalten, da verschwinden die Schauspieler von der Bühne und die Zuschauer können sie per Live-Video beobachten, wie sie sich im Foyer an der Bar über ihre Rollen lustig machen. Die Regie kann sich bei diesem Wechselspiel der Stimmungslagen ganz auf die Güte der Darsteller verlassen, die souverän vom Pathos in die Komik wechseln.
Auch mit Kleists klarer Sprache geht das Stück gekonnt um, wenn etwa auf geschliffene Sätze ein saloppes „Wow“ folgt. Gegen Ende wird in einem furiosen, filmischen Finale ein heteronormatives Happy-End karikiert, in dem Pentesiliea und Achilles ihr Glück in einer Kleinfamilien-Ehe suchen zwischen Mülltrennung und Steuererklärung. Den Spielverderber in diesem Alltagstrott gibt Tomasso Tessitori als monströs komisches Baby, das mit einem Knalleffekt das Problem kindlicher Prägung „löst“.
Nächste Aufführrungen
Penthesilea – Battle of the Sexes. Termine: 6. , 7., 12. , 13. Januar, 2., 3. Februar, 20 Uhr. Studio Trafique, Mauenheimer Str. 292. Eintritt: 10-20 Euro.