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Super BowlDas sind die spektakulärsten Werbespots – Kosten explodieren

Lesezeit 5 Minuten
Willem Dafoe und Catherine O’Hara stehen mit Pickleball-Schlägern am Netz

Michelob-Ultra-Werbung mit Willem Dafoe und Catherine O'Hara

Wenn am Sonntag die Kansas City Chiefs auf die Philadelphia Eagles treffen, schalten 200 Millionen Menschen ein. Ein Hauptgrund: Die Werbung dazwischen.

„Football“, raunt Matthew McConaughey der „Barbie“-Regisseurin Greta Gerwig zu, „war von Anfang an eine Verschwörung, unseren Hunger zu wecken.“

Die Beweisbilder bringt der folgende Werbespot des Lieferdienstes Uber Eats: Von Kevin Bacon, vulgo Schinken, der den ersten, Pigskin genannten amerikanischen Football fängt, über „Hot Ones“-Moderator Sean Evans, der beim Verzehr von Buffalo Wings vorschlägt, doch ein Team nach diesen leckeren Hühnchenflügeln zu benennen, bis zum breitschultrigen Ex-Footballer William „The Fridge“ Perry, der seinen Trainer fragt, ob er ihn denn wirklich „Kühlschrank“ nennen muss. Mike Ditka, den legendären Coach der Chicago Bears, spielt übrigens McConaughney selbst.

Wenn am Sonntagabend im Caesars Superdome von New Orleans die Kansas City Chiefs auf die Philadelphia Eagles treffen, werden rund 200 Millionen Menschen einschalten. Es ist, wie immer, das Fernsehereignis des Jahres. Unklar ist dabei, wie viele Zuschauer des Super Bowl LIX sich tatsächlich für das Endspiel der National Football League interessieren und wie viele eher dem Halbzeitauftritt von Kendrick Lamar entgegenfiebern, beziehungsweise den Kameraschwenks auf Taylor Swift, die überenthusiastische Freundin des Tight Ends der Kansas-City-Chiefs, Travis Kelce.

Elf Prozent gucken laut einem Marktforschungsunternehmen sogar hauptsächlich wegen der aufwendig und mit hohem Star-Gehalt produzierten Werbung zwischen den Spielzügen – 30 Sekunden Super-Bowl-Sendezeit kosten dieses Jahr rund acht Millionen Dollar.

Aber so gut wie alle, das hat Matthew McConaughey ganz richtig erkannt, nutzen das NFL-Endspiel als Entschuldigung, zusammen mit Freunden und Familie vor dem Bildschirm unvernünftige Mengen Süßwaren, Knabberartikel und anderes Komfortessen in sich hineinzustopfen. Dementsprechend viele Clips bewerben ebensolches Junk-Food oder die Dienste, die es bis kurz vors Sofa liefern.

Einen Originalitätspreis gewinnt in diesem Jahr Pringles: Frauenschwarm Adam Brody bläst in deren patentierte Dose zum „Ruf der Schnurrbärte“, bekanntlich trägt das Maskottchen der Chips aus Kartoffelpüree-Pulver ein besonders schönes Exemplar. Prompt reißt es prominenten Schnurresträgern wie dem Comedian Nick Offerman und dem Basketball-Spieler James Harden die Haare von der Oberlippe. Im Schwarm fliegen die vogelfreien Schnurrbärte zum nächsten Supermarkt, um volle Pringles-Packungen zu Adam Brodys Party zu tragen. Im vergangenen Jahr hatte ein Schnauzbart tragender Chris Pratt seine Ähnlichkeit mit dem zwirbelbärtigen Pringles-Mann vermarktet, das war nicht halb so originell.

Häagen-Dazs und Hellmann's setzen dagegen ganz auf Nostalgie. Der Mayonnaise-Hersteller appelliert an das ältere Publikum. Meg Ryan und Billy Crystal finden sich in dem aus „Harry und Sally“ (1989) bekannten Delikatessen-Geschäft wieder. Es kommt, wie es kommen muss: Nachdem Ryan ihr Sandwich mit ein paar Spritzern Hellmann's aufgepimpt hat, wiederholt sich die berühmte Orgasmus-Szene der Romcom. „Diesmal ist er echt“, kommentiert Crystal. Die Pointe – „Ich will genau das, was sie hatte“ – darf „Euphoria“-Darstellerin Sydney Sweeney sprechen, als Anschluss an jüngere Generationen.

Die Eismarke umschmeichelt mit den Stars der Action-Filmserie „The Fast and the Furious“ eher Millennials. Vin Diesel und Michelle Rodriguez cruisen im offenen Wagen den Pacific Coast Highway entlang, genießen ein Eis am Stiel und nehmen den Fuß vom Gaspedal. Gefeiert wird die Entschleunigung: „Not so fast, not so furious.“

Ins Lob der Langsamkeit fallen auch die Bierbrauer ein, die am zweithäufigsten vertretene Branche in den Super-Bowl-Werbeblöcken. „Coors Light“ reiht lustige Szenen mit animierten Faultieren, wie man sie aus dem Kinderfilm „Zoomania“ kennt, aneinander. Die leiden sämtlich am Montagsblues, schlafen auf der Arbeit vorm Monitor ein, „laufen“ gegen Glastüren. Dagegen, verspricht der Clip, gebe es jetzt ein Konterbier: „Mondays Light“. Ein Gesöff, den Post-Super-Ball-Kater herunterzuspülen, dass da noch niemand vorher draufgekommen ist.

Im Spot von Stella Artois entdecken Hollywood-Star Matt Damon und David Beckham, britischer Ex-Fußballer und Unterhosenmodell, dass sie Zwillinge sind, bei der Geburt getrennt. Der belgische Bierhersteller versucht auf diese Weise, eine transatlantische Brücke zu schlagen, das funktioniert nur bedingt.

Budweiser betont, wie schon in den vergangenen Jahren, lieber uramerikanische Werte, kernige Hutträger und treue Tiere: Ein Clydesdale-Fohlen rollt ein vom Wagen heruntergefallenes Bierfass über Wiesen, Landstraßen und Bahnübergänge, ja sogar einen Wasserfall herunter, um es pünktlich im Saloon abzuliefern, zur Odyssee des treuen Kaltblüters spielt der alte Country-Schlager „Let Your Love Flow“, in Deutschland besser bekannt als „Ein Bett im Kornfeld“.

Die perlendste Bierreklame aber geht auf das Konto von Michelob Ultra: Schauspiel-Legende Willem Dafoe und „Schitt's Creek“-Komödiantin Catherine O'Hara geben darin ein gemischtes Doppel, das jüngere, scheinbar fittere Paare jeweils zu einer Partie Pickleball herausfordert – und vernichtend schlägt. Die Mischung aus Badminton, Tennis und Tischtennis gilt in den USA seit längerem als Trendsportart. Den Plot hat sich der Spot aus dem Sportfilm-Klassiker „White Men Can't Jump“ entliehen - gespielt wird hier allerdings nur um ein paar Flaschen des beworbenen Biers –, Charme und Sexyness erinnern eher an Luca Guadagninos letztjährige Tennis-Romanze „Challengers“.

Der einzige Kurzfilm, der wirklich aus der Masse herausragt, verzichtet auf jede Form von Witzigkeit: Football-Altstar Tom Brady und West-Coast-Rap-Veteran Snoop Dogg werfen sich Gründe an den Kopf, warum sie sich hassen: Weil sie aus anderen Gegenden kommen, anders aussehen, weil sie Leute kennen, die den anderen hassen.

Die Moral von der Geschichte? „Die Gründe für Hass sind so dumm, wie sie klingen.“ Bezahlt hat den Spot die Stiftung zur Bekämpfung des Antisemitismus des Milliardärs und NFL-Funktionärs Robert Krafft. Der wahre Nutznießer könnte hier aber Snoop Dogg sein, der nach seinem Auftritt auf einer Trump-Inaugurationsparty um die Gunst seiner Fans kämpfen muss.