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„Talk mit K“ über Kinderkuren„Es gab keine Hilfe, sie haben sich verzagt und ausgeliefert gefühlt“

Lesezeit 2 Minuten
In den Heilstätten erhielten die Kurkinder sogenannte Anwendungen, so wie diese Solebäder in der ehemaligen Kinderheilanstalt Bad Sassendorf.

In den Heilstätten erhielten die Kurkinder sogenannte Anwendungen, so wie diese Solebäder in der ehemaligen Kinderheilanstalt Bad Sassendorf.

Die Kölner Journalistin Lena Gilhaus hat über „Verschickungskinder“ in Deutschland recherchiert und ein System von Zwang und Missbrauch aufgedeckt.

Lena Gilhaus' Vater erzählte ihr seit ihrer Kindheit immer wieder von einer Kinderkur auf Sylt, an die er und seine jüngere Schwester schlimme Erinnerungen haben. „Meine Tante hat das immer als Straflager bezeichnet, als hätte sie irgendetwas Schlimmes gemacht und sei jetzt im Gefängnis und müsste da eine Strafe absitzen“, berichtet sie im Podcast.

Irgendwann wollte sie mehr wissen und begann zu recherchieren. Sie entdeckte eine verdrängte Geschichte. Mehr als 15 Millionen Kinder wurden in der BRD und der DDR seit 1945 in Kur geschickt. Sie sollten sich erholen und gesund werden, doch viele kehrten traumatisiert zurück. Sie wurden zum Essen genötigt, geschlagen, zu stundenlanger Bettruhe und Gewaltmärschen gezwungen, und manche wurden auch missbraucht.

Viele haben lange geschwiegen über das, was sie erlebten. „Diese Generation der Babyboomer hat ja auch noch eine viel repressivere Erziehung erlebt. Kinder sollten sich nicht anstellen, funktionieren und machen, was die Eltern vorsahen. Es gab eine große Obrigkeitshörigkeit“, sagt Gilhaus.

Die Kölnerin hat die Schicksale dieser „Verschickungskinder“ recherchiert. Am 6. Juli erscheint das gleichnamige Buch bei Kiepenheuer & Witsch. Am 3. Juli, 23 Uhr, läuft im Ersten ihre gleichnamige Doku. Sie ist auch in der Mediathek zu finden.

Im Podcast spricht sie über diesen lange verdrängten Teil der deutschen Geschichte und das Schicksal dieser Kinder. Manche haben nie überwunden, was sie in den Kurheimen erdulden mussten.