Tana French bezeichnet sich selbst als unorganisierte Person. Dabei staunt man, was diese Frau so alles schafft.
Tana French in KölnWarum Irlands Top-Krimi-Autorin einfach drauflosschreibt
Das dritte Mal in Köln. Und endlich etwas gesehen von der Stadt. Köln gefalle ihr, sagt Tana French, die soeben mit ihrem aktuellen Roman „Feuerjagd“ auf der lit.Cologne zu Gast war. Dieser Mix aus unterschiedlichen Baustilen spreche sie an: „Eine tolle Architektur. Sie gehen eine Straße entlang, und jedes Haus sieht anders aus.“
Tana French, 1973 als Tochter eines US-Amerikaners und einer Italienerin geboren, kennt sich aus in der Welt. Mit den Eltern zog sie eine Kindheit lang von Land zu Land: USA, Italien, Irland, Malawi. Der Vater war Ökonom mit wechselnden Einsatzgebieten. Die Familie begleitete ihn, wenn er versetzt wurde. Heute lebt die 51-Jährige mit ihrer Familie in Dublin. Und dort möchte sie auch bleiben. In der Großstadt, wo das Leben spielt. Wo es Cafés und Restaurants gebe und einen Supermarkt um die Ecke, in dem man abends einkaufen könne, was man morgens vergessen habe. Was ihr häufig passiere, verrät Tana French im Gespräch. „Ich bin eine sehr unorganisierte Person.“
Tana Frenchs neun Romane sind alle Bestseller
Was man kaum glauben mag. Neun Kriminalromane hat die wohl erfolgreichste Krimiautorin Irlands innerhalb von 17 Jahren geschrieben, viele hundert Seiten umfassende Bücher, die es regelmäßig auf die Bestsellerlisten schaffen. In diesem Jahr ist „Feuerjagd“ erschienen, der zweite Band einer Reihe um den ehemaligen US-Cop Cal Hooper. Dazu zwei Kinder, sieben und 15 Jahre alt, die, wie sie sagt, vor allem während der Coronazeit ihre ganze Aufmerksamkeit erforderten. Wie schafft man das als unorganisierte Person?
Tana French grinst und zuckt mit den Achseln. Was heißen mag: Ich habe keine Ahnung. Was ihre Bücher betreffe, sagt sie, fange sie einfach an zu schreiben. Ohne Plan? Ohne Plan. „Zuerst sind die Charaktere da. Die interessieren mich am meisten.“ Der Rest entwickle sich von allein. „Ich weiß weder, wie die Geschichte weitergeht noch, wie sie endet.“ Für die Struktur der Bücher sorge Ehemann Anthony Breathnach, ein irischer Regisseur und Filmproduzent. Er lese Kapitel für Kapitel gegen und sage ihr, wann sie beispielsweise ein Motiv noch einmal aufgreifen müsse. „Ich bin gut im Entwickeln der Charaktere und in der Beschreibung des Settings“, sagt Tana Fench. „Beim Aufbau der Geschichte hapert es manchmal.“
Ein Western in der irischen Provinz
Sieben ihrer Bücher, darunter Pageturner wie „Grabesgrün“ und „Schattenstill“, sind Polizeikrimis. Im Zentrum steht das Morddezernat in Dublin; erzählt werden die Geschichten jeweils aus der Perspektive eines anderen Ermittlers oder einer anderen Ermittlerin. Sie habe es geliebt, diese Krimis zu schreiben. „Ich schätzte ihre feste Struktur“, sagt Tana French. Aber irgendwann habe sie das Gefühl gehabt, auf der Stelle zu treten. „Ich brauchte neue Herausforderungen und wollte andere Möglichkeiten des Erzählens, andere Perspektiven ausprobieren.“
2018 erschien Tana Frenchs vorerst letzter Polizeikrimi „Der dunkle Garten“. Ihre beiden nächsten Romane „Der Sucher“ aus dem Jahr 2020 und „Feuerjagd“ spielen in Ardnakelty, einem kleinen Ort in Westirland, weit weg von der Großstadt Dublin. Inspiriert dazu habe sie der Wildwestroman „Lonesome Dove“ (dt. „Weg in die Wildnis“) des texanischen Autors Larry McMurtry. „Ich hatte vorher noch nie einen Western gelesen, aber dieses Buch hat mich umgehauen.“ Eine raue Landschaft, Menschen weitab von den Kraftzentren der Macht, die nach ihren eigenen Regeln leben – „Ich habe mich gefragt, ob sich die Topoi, die typischen Merkmale des Westerns, auf eine Geschichte anwenden lassen, die statt in den USA in Westirland spielt“.
So handelt „Der Sucher“ von einem Ex-Polizisten aus den USA, der sich in Ardnakelty niederlässt und versucht, sich in die Dorfgemeinschaft einzufügen. „Cal Hooper ist der geheimnisvolle Fremde, der plötzlich in einem Ort auftaucht und für Ärger sorgt“, erläutert Tana French. Auch im Folgeband, der im Übrigen „nicht geplant war“, spielen Elemente aus dem Genre des Westerns eine Rolle: Ein Mann kehrt nach Jahren der Abwesenheit zurück nach Ardnakelty und verspricht den Dorfbewohner das Blaue vom Himmel. Es gebe Gold im Fluss, man müsse nur investieren. Das erinnere an den Goldrausch in den USA. Die Dörfler als gierige Goldgräber, die am Ende mit leeren Händen dastehen.
Inzwischen schreibt Tana French am dritten Band der Reihe. Das habe sich so ergeben. Das erste Buch erzähle von einem Außenseiter, das zweite von Menschen, die zwischen der Dorfgemeinschaft und der Außenwelt stünden. Im dritten gehe es darum, wie es sich anfühle, ein Insider zu sein in einer kleinen Stadt. „Danach ist definitiv Schluss mit der Reihe.“ Sagt sie.