In Münster sind Boerne und Thiel in fremden Internet-Welten unterwegs und wollen den Tod einer „Momfluencerin“ aufklären. Achtung: Gags lässt man in Münster nie liegen.
„Tatort“ aus MünsterTod einer „Momfluencerin“ – Thiel und Boerne ermitteln im Neuland
Frank Thiel (Axel Prahl) und Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan-Josef Liefers) ist alles, was in Sozialen Medien passiert, fremd. Sie wissen wenig über das Berufsmodell Influencer, und der Begriff „Momfluencer“ ist ihnen endgültig fremd. Evita Vogt, die Boerne und Thiel an einem Stromkabel baumelnd in ihrem fancy Münsteraner Haus finden, war eine solche „Momfluencerin“. Prinzip ihres Kanals, den sie unter dem Namen „Magic Mom“ führte: anderen Eltern mit kleinen Filmchen zeigen, dass es völlig normal ist, wenn im Leben mit Kindern Dinge schieflaufen.
Vogt hatte Hunderttausende Follower, bekam von Partner-Unternehmen jeden Tag zu bewerbende Ware zugeschickt, war monetär offensichtlich sehr erfolgreich mit dem, was sie tat. Boerne und Thiel zweifeln – ebenso wie Vogts Ehemann Moritz (Golo Euler) – an der Selbstmord-Theorie. Zumal der Professor schnell merkt, dass „Magic Mom“ schon tot war, als sie aufgehängt wurde.
Was haben „Busy Bine“ und „Lonesome Dad“ damit zu tun?
Unter den rund 600.000 Followern (gerade mal die doppelte Einwohnerzahl von Münster, wie Thiel feststellt) und den unzähligen Kommentaren, die Assistent Mirko Schrader (Björn Meyer) sichtet, finden sich viele seltsame. Schrader stolpert beispielsweise über „Busy Bine“, die ebenfalls „Momfluencerin“ ist, eigentlich Sabine Hertweck heißt und die Vogt anscheinend nichts Gutes will. „Lonesome Dad“ wiederum hat offenbar ein etwas großes Herz für „Magic Mom“. Und in der analogen Welt brauchen Thiel und Boerne keine zwei Minuten, um zu merken, dass Evita Vogt und ihre Nachbarin Thekla Cooper kein gutes Verhältnis hatten und dass Letztere ein bisschen überinteressiert an Herrn Vogt ist. Apropos: Was ist eigentlich mit diesem Ehemann, der jetzt mit den beiden Kindern allein dasteht?
Eingerahmt wird der Münster-Tatort von der Frage, wer der oder die neue Sensibilitätsbeauftragte für die Ermittlungsbehörde ist: Silke Haller (ChrisTine Urspruch) oder Assi Mirko. Boerne, der unter „unsensibel“ im Duden stehen könnte und sich mit Vorliebe über kleinwüchsige Frauen (Haller) und homosexuelle Männer (Schrader) oder andere vermeintliche Randgruppen lustig macht, wird es in keinem Fall, Thiel, der ebenfalls zu zotig-üblen Sprüchen („Schrader:in, war die KTU schon hier?“) neigt, auch nicht. Am Ende muss ohnehin Wilhelmine Klemm (Mechthild Großmann) entscheiden.
Witze auf Kosten Kleinwüchsiger, Homosexueller, Frauen, Männer – auf Kosten aller also
Wie man es aus Münster kennt, wird hier absolut kein Witz liegengelassen, in „Magic Mom“ drehen ausnahmslos alle komplett frei: Es gibt unzählige Männer-Frauen-Zuschreibungen (wer untersucht denn nun die Schminke der Toten? Wer passt auf die Kinder auf?), Witze auf Kosten der kleinwüchsigen Haller, des queeren Assistenten Schrader, des dicklichen Thiel, des aus-der-Welt-gefallenen Boerne. Jeder muss mal dran glauben. Nicht jeder Gag sitzt – aber dafür sind es auch zu viele.
Die Fälle aus Münster gruseln nicht, rütteln nicht wach, erschrecken und schockieren nicht – aber sie unterhalten. Und das kann man wahrlich nicht über jeden 20.15-Uhr-Film sagen.
„Tatort: ‚Magic Mom‘“, Sonntag, 5. März, 20.15 Uhr, Das Erste