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So war der Tatort mit Heike MakatschEmotionales Finale zwischen Vater und Sohn

Lesezeit 4 Minuten
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Gerät schnell in Verdacht: Hannes Petzold (Klaus Steinbacher) wird von Ellen Berlinger (Heike Makatsch) verhaftet.

Der Fall

Eine ältere Dame, Bibiana Dubinski (Ulrike Krumbiegel), wird tot in ihrer Villa aufgefunden. Ein Insulinschock soll der Diabetikerin das Leben gekostet haben. Die Kommissarin Ellen Berlinger (Heike Makatsch) ist jedoch nicht überzeugt, dass es sich dabei um einen tragischen Unfall handelt, schließlich hat die tote Frau ungewöhnliche Schürfwunden an den Händen und Knien.

Als Berlinger erfährt, dass die einzige Erbin des großen Vermögens der Dubinski, Charlotte Mühlen (Michaela May), neuerdings eine Beziehung mit dem 30 Jahre jüngeren und bereits straftätigen Hannes Petzold (Klaus Steinbacher) eingegangen ist, steht für sie eigentlich schon fest: Petzold hat Dubinski ermordet, um durch die vorgetäuschte Liebe zu Charlotte Mühlen an ihr Vermögen zu kommen. Ein voreiliger Schluss, wie sich herausstellt.

Die Auflösung

Denn wie Berlinger und ihr Kollege Martin Rascher (Sebastian Blomberg) erst später erfahren, hat Petzold aus einer Teenagerbeziehung noch einen Sohn, Enrico Thiele (Linus Moog), nun selbst ein Teenager, der sein Leben lang durchs Raster gefallen ist. Sein Vater, der das Sorgerecht für seinen Sohn schon lange verloren hatte, macht ihm ständig versprechen, sich endlich richtig um ihn zu kümmern. Doch da sind die Geldprobleme, und die Liebhaber.

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Der psychisch labile Enrico möchte das Problem selbst in die Hand nehmen, damit sein Vater und er endlich zusammen durchbrennen können. Darum ermordete er Dubinski. Die Kommissare finden den verwirrten Jungen im Haus von Charlotte Mühlen, die brutal zusammengeschlagen auf dem Küchenboden liegt. Enrico kann verhaftet werden, bevor noch mehr Menschenleben dran glauben müssen.

Das Thema

Das große Thema, das sich erst im Verlauf des Falls entwickelt und zur Auflösung dessen führt, ist die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Petzold und Enrico. Überzeugend wird durch die Dialoge, vor allem aber durch die ausgelassenen Emotionen, mit denen der 18-jährige Linus Moog seine Rolle als Enrico spielt, die Verzweiflung eines Jungen dargestellt, der seinen Vater zwar liebt, aber viel zu oft enttäuscht wurde.

Da er aber sonst keine Vertrauenspersonen in seinem Leben hat, setzt er trotzdem alles aufs Spiel, um seinem Vater zu „helfen“. Er verliert dabei alle Werte aus dem Auge, alle Menschlichkeit, weil er sich nach nur einer Person sehnt, die wirklich für ihn da sein wird. Auf tragische Art und Weise bekommt er auch genau das am Ende: Sein Vater versucht noch, die Polizei von Enricos Unschuld zu überzeugen, indem er die Taten seines Sohnes selbst gesteht. Weit kommt er damit jedoch nicht.

Die Inszenierung

Im „Tatort: In seinen Augen“ spielt der Drehbuchautor Thomas Kirchner gekonnt mit verschiedenen Zeitebenen des Falls. Die Zuschauer werden eingeführt zu einem Zeitpunkt, wo ein erster Ermittlungsanlauf schon geschehen ist, der in einer zweiten Phase von den Kommissaren noch einmal in der Rückschau aufgerollt wird.

So springt die Erzählung häufig zwischen der Gegenwart und den Erinnerungen der Ermittler, während sie sich fragen, ob sie wichtige Details übersehen haben, oder sich vielleicht grundsätzlich geirrt haben. Dadurch entsteht eine lebendige Darstellung des Falls. Die Verletzungen, die sich die Kommissare jeweils zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Ermittlungsgeschehen zuziehen, dienen dem Zuschauer dabei als wichtiges Indiz, um sich innerhalb der Zeitsprünge zurechtzufinden. Kirchner gelingt es, mit Zeitebenen zu spielen, ohne den Zuschauer dabei zu verlieren.

Das Fazit

Der „Tatort: In seinen Augen“ bietet Spannung und Emotionen, ohne die Geschichte des Falls dabei aus den Augen zu verlieren. Er spielt nicht nur mit Zeitebenen, sondern auch mit den Vorurteilen über Liebe und Sexualität im Alter mit großen Altersunterscheiden. Besonders die Kommissarin Berlinger verkörpert diese Vorurteile und muss lernen, sich davon nicht lenken zu lassen.

Wenn man auch nicht bei allen Szenen von schauspielerischer Brillanz sprechen kann, etwa bei den Streitgesprächen zwischen Berlinger und der Staatsanwältin Jasmin Winterscheid (Abak Safaei-Rad), so ist der Mainzer Fall doch ein emotionales und gelungenes Finale dieser „Tatort“-Saison.