„Kardinalfehler“ heißt das neue Stück der Bildschirm-Bühnenprofis Dietmar Jacobs und Alistair Beaton im Theater am Dom.
Theater am DomDer Kardinal sammelt Badewannen
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Bill Mockridge, Armin Riahi, Hartmut Volle in 'Kardinalfehler' im Theater am Dom
Copyright: Dennis Haentzschel
Was treiben eigentlich seine gräuliche Eminenz Franz-Peter Tebartz van Elst, einst Bischof und Skandalon des Limburger Stuhls? Er steht als Bill Mockridge im Theater am Dom auf der Bühne und sammelt Badewannen und liturgische Gewänder vom Designer. Allein dieser Anfangs-Auftritt inmitten stilisierten gotischen Dekors genügt für böswillig-vergnügten Szenenapplaus.
Nachdem „Schmidts Tivoli“ aus Hamburg die alte Millowitsch-Volksbühne im Hillije Kölle ein Vierteljahr lang heimgesucht hat mit den schichtenspezifischen antiklerikalen Grobianismen der „Königs vom Kiez“, kreist der Staffelstab nun, wenn auch um einiges elaborierter, so doch nicht weniger treffsicher, durch den Keller der Passagen, die noch immer nach der Oper heißen.
„Wenn ich gewusst hätte, dass Sie eine Tochter haben, hätte ich meine Frau mitgebracht“, sagt der Papst zum Kardinal
„Kardinalfehler“ heißt das neue Stück der beiden Bildschirm-Bühnenprofis Dietmar Jacobs und Alistair Beaton. Und was sie bieten, ist intellektuell von ausgesprochen sicherem Niveau. Indem sie die hochkriminellen wie unappetitlichen Deliktressorts der mannigfachen Wirklichkeit nur antippen, schaffen sie Spielraum für päpstliche Sätze wie diesen, dem Kardinal gegenüber: „Wenn ich gewusst hätte, dass Sie eine Tochter haben, hätte ich meine Frau mitgebracht.“
Die Tochter (Rosana Cleve) raubt dem Bischof sein Pileolus, die kleine Kappe für den Kopf, als fernsehfilmbekanntes „Genmaterial“. Damit kommt der Stein ins Rollen, dieweil des Papstes „Pitbull“ (Armin Riahi) den anstehenden Papstbesuch aufs strengste vorbereitet. Die Regie von René Heinersdorff kostet dabei die Pointen stilsicher aus, die die Vorlage bietet. Und sie schafft Platz für den bewährten Hauptdarsteller-Mimen (als Generalvikar großartig: Harmut Volle) ebenso wie das bejubelte Talent aus dem Priesterseminar (Victor Maria Diderich als Matteo).
Und sie genießt das Bühnen-Miteinander des in Deutschland lebenden Schauspieler-Ehepaars Bill Mockridge (Kanada und Kardinal) und Margie Kinsky (Italien, Haushälterin Wiebke), die im wirklichen Leben Bertha von Suttners Urgroßnichte ist, sechs Kinder hat, die alle männlich sind und „Mockridge“ heißen. Sie ist der Star und die Bewegkraft dieses Abends.
Am Ende schafft es ihre Trappatoni-Rede („Ich habe fertig!“) beinahe ganz allein, für ein Happy End zu sorgen. Bis dahin aber hat es selbst die Sitzmöbel gewaltig durcheinandergeworfen. Und wenn deshalb der erste Schluss-Satz lautet: „Und bitte, stell den Stuhl wieder auf“, dann denkt wohl nicht nur Generalvikar Koch heimlich und hintergedanklich auch an den Stuhl des Bischofs. Wäre da nicht noch der talentierte Matteo, der gegen Druck und jegliche Verführung an der Rede festhält, die er halten soll.
Durchaus ein ernster Schluss für eine witzige Komödie. Begeisterung und Beifall tat dies keinen Abbruch.