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Theater am DomWovon Frauen träumen: ein KI-verstärkter Mann als Spielgefährte

Lesezeit 2 Minuten
Nicola Tiggeler (links) und Marc Schöttner in „Je besser ich dich kenne“ im Kölner Theater am Dom

Nicola Tiggeler (links) und Marc Schöttner in „Je besser ich dich kenne“ im Kölner Theater am Dom

Das Kölner Theater am Dom zeigt in „Je besser ich dich kenne“ ein Stück rund um den Zwiespalt zwischen digitalen und analogen Träumen.

Mit dem zweiten fährt man besser: Vom Ehegatten Peter wie auch ihrem Lover und Ersatzmann frisch getrennt, hat Jessy einen neuen abgeschleppt, Nick, nach hiesigem Begriff „ne staatse Kääl“ und maskulines, muskuläres Gegenstück von Siri und Alexa. Der trifft die damenhaften Wünsche dermaßen auf den Punkt, dass Jessys beste Freundin Sandra vor Neid und Vorfreude ganz hibbelig wird – was selbst fernab der Bühne, im Auditorium, sofern es weiblich ist, für spitze und spontane Schreie sorgt. Zumal man hört, dass Nick noch einen Zwillingsbruder hat.

Simone Pfennig gelingt es, aus diesem Stroh Gold zu spinnen

Nach langer wie privatester Verbundenheit mit dem Theater am Dom hat sich Simone Pfennig, seit ihrer Rolle als Neil Simons „Libby“ Stammkraft des Hauses, dazu Gattin seines Direktors Oliver Durek, den alten Wunsch erfüllt, einmal ein Stück zu seinem besten auf die Bühne zu bringen. Getreu dem Motto: Sind erst die Kinder aus dem Haus, bringt man die Gäste aus dem Häuschen. Gewählt hat sie für ihre allererste Inszenierung „Je besser ich dich kenne“ von Krystian Martinek in einer Hi-Tec-Bude von Tom Grashof. Sie setzt zu diesem Zweck auf die besten Kräfte ihres Metiers, Nicola Tiggeler als Jessy, Timothy Peach, ihrem wahrhaftigen Partner im Leben, und die wunderbare Madeleine Niesche als eifersüchtige Freundin Sandra, die auch einen KI-verstärkten Mann als Spielgefährten möchte. Das populäre Kürzel, ein Schuft, wer Schlechtes dabei denkt, scheint hier „kann immer“ zu bedeuten.

Klingt das noch ein wenig nach Märchen und Stroh, so hat Simone Pfennig doch den Dreh gefunden, daraus Gold zu spinnen. Sie setzt vor allem vor der Pause ganz auf die Belegschaft, zumal auf Präsenz und Performance des jungen Marc Schöttner, einer beneidenswert gemeißelten Erscheinung im Verein mit der trockensten Selbstironie seiner französelnden Sprache.

Es dauert dann doch bis zum Wiederanpfiff, dass Jessy merkt: „Mir geht es nicht gut“, und sie dahinterkommt, warum. Der lückenlose Überfluss des Digitalen gibt ihr zu spüren, dass das Analoge fehlt, das Zwischenmenschliche, Nicht-Programmierte. Und dass KI auch „Kein Interesse“ heißen kann. Standing Ovations.


„Je besser ich dich kenne“, Theater am Dom, Köln, bis 15. Juni 2025