Trump tanzt gern zu „Y.M.C.A.“. Jetzt sollen die Village People in Washington auftreten. Und behaupten, das Lied sei keine Schwulenhymne.
Trump-InaugurationWarum die Village People nicht mehr schwul sein wollen
Wenn Donald Trump am 20. Januar den Amtseid leistet, werden auch die Village People auf der Bühne stehen und ihre Discoknaller aus einer Zeit zum Besten geben, als der vormalige und zukünftige Präsident Stammgast im Studio 54 war. Ein Gernegroß aus Queens, der allen zeigen wollte, dass er in Manhattan angekommen war – „you can hang out with all the boys“, wie es in „Y.M.C.A.“ heißt.
Zu diesem ersten Hit der Village People tanzte Trump bevorzugt auf seinen Wahlkampfveranstaltungen, zumindest bewegte er irgendwie seine Fäuste hin und her. Victor Willis, Co-Autor, Sänger und einzig verbliebenes Originalmitglied der Band – im bunten Strauß schwuler Stereotype war er der Highway-Polizist – ließ es nicht nur geschehen, im Gegensatz zu vielen Musikerinnen und Musikern, die Trump Unterlassungserklärungen schickten, nachdem er ihre Songs verwendet hatte.
Willis bemühte sich zudem, jene Kommentatoren zum Schweigen zu bringen, die sich darüber amüsierten, dass der rechte Demagoge, trotz reichhaltiger Auswahl an heterosexistischen Aufputsch-Rocksongs, ausgerechnet dieses Stück als Erkennungsmelodie gewählt hat. Wahrscheinlich zuckten Trumps Fäustchen schon im Studio 54 zum Discobeat.
Wer behaupte, dass „Y.M.C.A.“ eine Schwulenhymne sei, so Willis, den werde seine Frau verklagen. Warum seine Frau? Vielleicht nur, damit noch dem Letzten klar wird, dass der Sänger heterosexuell ist, im Gegensatz zur Mehrzahl seiner ehemaligen Bandkollegen. Die sehen das ein bisschen anders. David Hodo etwa – der Bauarbeiter – nannte das Debüt der Village People „wahrscheinlich das schwulste Album aller Zeiten“. Selbstverständlich sei „Y.M.C.A.“ geschrieben worden, um schwule Männer zu feiern.
Nun kann der Sinn eines Kunstwerks, frei nach dem Literaturwissenschaftler Wolfgang Iser, nur im Vorstellungsbewusstsein des Empfängers vergegenwärtigt werden. Was heißt: „Y.M.C.A.“ ist 45 Jahre lang als Hymne einer queeren Minderheit rezipiert worden, da können sich Victor Willis, seine Frau und deren Anwälte querlegen. Das bedeutet aber leider auch, dass es ebenso gut möglich ist, dem Song einen neuen Sinn zu geben, so stumpf wie sein Four-to-the-Floor-Rhythmus, und ihn zum Kampflied des neuen rechten Mainstreams umzudeuten.
Wie schlimm das kommen kann, sieht und hört man an einer eingedeutschten Version des Village-People-Songs „In the Navy“: Das singt die Gruppe Sunday in wilhelminischen Kostümen hüpfend zur bekannten Melodie „Unser Kaiser/kehrt zurück auf seinem Thron“. Erzählen Sie das bloß nicht Donald Trump.