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Trumps Haustier-Lüge wird zum HitWer steckt eigentlich hinter dem Song „Eating the Cats“?

Lesezeit 6 Minuten
https://www.thekiffness.com/

Musiker und Internetstar David Scott alias The Kiffness

Der südafrikanische Musiker David Scott alias The Kiffness hat aus Donald Trumps Diffamierung haitianischer Einwanderinnen und Einwander als Haustierverspeiser einen satirischen Song gemacht.

„In Springfield essen sie die Hunde“, so beginnt der Song „Eating the Cats“. Der das mit ernstem Gesichtsausdruck sprechsingt, ist Donald Trump. „Sie essen die Katzen / sie essen die Haustiere von den Leuten, die dort leben“, so der amerikanische Ex‑Präsident weiter. Er hebt und senkt die Stimme dabei ein wenig, sodass die bereits legendären Sätze tatsächlich wie gesungen erscheinen, und mit der Melodie des Songs harmonieren.

Die bizarren Anschuldigungen des republikanischen Präsidentschaftskandidaten gegen haitianische Einwanderinnen und Einwanderer in Springfield, Ohio, sind unter den Händen des südafrikanischen Jazzmusikers und Parodiekünstlers David Scott alias The Kiffness zu einem Hit geworden. „Eating the Cats“ von The Kiffness featuring Donald Trump wird wohl in den kommenden Wochen in vielen Ländern in die Popcharts kommen. Im Münchner Kulturzentrum Backstage hatte The Kiffness das Stück am vergangenen Mittwoch live uraufgeführt, danach auch in Köln und Berlin. Großer Jubel im Publikum, begeisterte „Miau-Miau-Miau!“-Chöre. Paris, Warschau, Krakau, Prag und Wien werden folgen. Ende der Europatour ist am 4. Oktober in Barcelona, viele Kiffness-Konzerte sind ausverkauft.

Das Video ist auch zu ulkig. Trump ist zu sehen, der bei seinem Katzenesserquatsch aus dem Rededuell mit der demokratischen Konkurrentin Kamala Harris beim US‑Sender ABC mit keiner Wimper zuckt, daneben die ungläubig den Kopf schüttelnde, lachende Harris. In der Strophe kommt dann Scott selbst ins Bild, ein sanft erscheinender junger Mann mit hippiesk langem Haar, schwarzem Katzenshirt, und gespielt sorgenvollem Blick: „Leute aus Springfield: / Bitte esst meine Katzen nicht. / Warum solltet ihr das tun? / Esst was anderes. / Leute von Springfield: / Bitte esst meinen Hund nicht auf. / Hier habt ihr ein Verzeichnis mit anderen essbaren Sachen“, singt er und hält ein Bild mit Avocados und Auberginen in die Kamera. Hunde und Katzen unterstützen Scott mit moduliertem Gemaunze und Gejaule. Fressen, aber bitte nicht gegessen werden.

Sonnige Melodie, schluffiger Offbeat – ein verspäteter Sommerhit

Unterlegt hat der 36‑jährige Musiker das mit einer sonnigen Melodie und einem schluffigen Reggae-Offbeat. Musik wie geschaffen für ein paar tiefe Züge an einem Heiterkeit verstärkenden Joint (auch wenn das „kiff“ in The Kiffness aus dem südafrikanischen Surfervokabular stammt und ein Synonym für „cool“ ist) wird Donald Trump binnen knapp zwei Minuten ausgezählt. Wie schon Harris’ Teammate Tim Walz sagte: weird!

Fans hatten Scott den Harris-Trump-Clip vom 10. September geschickt. Der hatte, wie er jetzt in einem Interview mit „Newsweek“ verriet, das melodische Potenzial des Trump-Beitrags sofort erkannt und binnen Minuten eine musikalische Idee für eine musikalische Satire. Die dann am Akai-Computer entstand und die er dann drei Tage später fertig produziert auf seinen Youtube-Kanal hochlud. Allein dort hat das Stück (Stand 23. September) 11 Millionen Aufrufe und bereits mehr als 20.000 Dollar eingespielt. Auf X (vormals Twitter) findet sich fast nur Lob: „beautiful“, „brilliant“, „amazing“, „ich kann nicht aufhören, mir das anzuhören“. Alle Einnahmen sollen laut Scott dem Clark-County-Tierschutzverein zugutekommen. Sitz in Springfield, Ohio.

Die Band The Kiffness machte auf die Klagekultur der Weißen Südafrikas aufmerksam

Loops und digitale Stimmmodulationen sind die Markenzeichen des südafrikanischen Musikers David Scott. Der ist Mitglied der südafrikanischen Band The Kiffness, was seit fünf Jahren auch sein Bühnenname für Auftritte als Solokünstler ist. Der in Capetown geborene Scott war Mitglied im 1968 gegründeten KwaZulu-Natal Youth Choir und hatte zunächst ein Medizinstudium begonnen, bevor er zu den Fächern Musik und Philosophie wechselte. Er arbeitete als DJ, spielte in einer Jazzband, veröffentlichte 2015 das Album „Kiff“, das 2015 für die South African Music Awards nominiert wurde.

Die Band Kiffness wurde politisch und – zu Hause – ein Name. 2017 machten Kiffness mit dem Song „White Privilege“ satirisch auf eine Klagekultur der Weißen aufmerksam („Wir sind Opfer der Zeiten / weiß zu sein, ist ein Verbrechen des 21. Jahrhunderts“), die in Wahrheit auch im neuen Südafrika ein Leben mit allen Vorzügen führten („Wenn du einen Protest siehst / und dich zu beschweren gedenkst / während du twitterst und Champagner trinkst – Privileg, weißes Privileg“). 2019 untersagten sie der South African Broadcasting Corporation, ihre Songs zu spielen, nachdem herausgekommen war, dass die Rundfunkanstalt Musikerinnen, Musiker und Bands nicht bezahlt hatte.

Zwiegesänge mit Husky, Katzen und Nymphensittich

2019 begann Scott auch seine Kiffness-Solokarriere. Und in der Live-Ödnis der Pandemie versorgte er Südafrika mit im Lockdown am Akai-Computer gefertigten musikalischen „Hausarbeiten“ über den Zustand der Nation und – beispielsweise – über das Zigarettenverbot zu Covid-Zeiten. Zur Webberühmtheit über Südafrika hinaus brachte es Scott aber vor allem mit seinen Videos mit tierischen Duettpartnern – als er die „Ancient Husky Melody“ mit dem Husky Haiku online stellte, den Klagegesang der „Alugalug Cat“, die herzzerreißende „Lonely Cat“ oder vor einem Jahr „Kokee Kokee“, seinen Zwiegesang mit einem Nymphensittich – gemacht, „um alle Traurigkeit zu heilen“. Auch bei „Eating the Cats“ „singen“ Hund und Katz ihren Protest gegen drohende Verspeisung zum Afrobeat.

Politisch blieb Scott auch. Im Sommer 2022 berichtete der „South African“ über seinen Remix des ukrainischen Volksliedes „Auf der Wiese ein roter Viburnum“, gesungen von Andrij Chlywnjuk, dem Sänger der Band Boombox, der seine US‑Tour abgebrochen hatte, um seine Heimat gegen die russischen Angreifer zu verteidigen. Dasselbe Instagram-Video Chlywniuks fand übrigens bei Pink Floyds Solidaritätssong „Hey, Hey, Rise up!“ (2022) Verwendung. Mit seinem neuen Song nun hat The Kiffness die Internetblase verlassen und ist auf dem Weg zum internationalen Popstar.

Nicht der erste Trump-Spott: 2020 sang David Scott von „Donald, dem Elefanten“

Scott war übrigens nicht der Einzige, der Trumps Haitianer-Diffamierung in Musik fasste „Trump’s ‚They’re Eating the Dogs‘-Lüge klingt so viel besser zu Musik“, schrieb schon am 11. September die „Huffington Post“ und versammelte Videos mit Jazz- und Funkklängen, verwies auf Musik aus der Animationsserie „Die Simpsons“ (die auch in einem Städtchen namens Springfield wohnen) und fand sogar einen Trump-Clip mit der Titelmusik von „Peanuts“. Ein Tiktok-Trend folgte, bei dem User ihre Tiere auf die Trump-Bezichtigung reagieren ließen. Das Prachtstück zum Thema freilich ist „Eating the Cats“.

Was im Übrigen nicht der erste musikalische Trump-Spott von Scott ist. Direkt nach der verlorenen Wahl sang er im November 2020 dem auf seinen Sieg beharrenden Abgewählten eine Parodie des Toy-Dolls-Ohrwurms „Nellie the Elephant“ hinterher: „Donald, the elephant packed his bags / and said goodbye to the White House“ erzählte er in der Polka von einem orangefarbenen Rüsseltier, das mit einem Zirkus nach Washington, D. C., gekommen und dort hängen geblieben sei.

Scott sieht, wie er am Sonntag in einem Interview mit „France 24“ versicherte, sein Publikum als total divers an – auch politisch. Nicht nur Fans der Demokraten fänden den neuen Song gut. „Überparteilich“ sei er zudem als Südafrikaner sowieso, versicherte Scott der „Daily News“. Musik und Tiere vereinten Menschen – unabhängig von der politischen Zugehörigkeit. „Ich bete für die USA, dass die Wahlen frei und fair laufen“, schloss The Kiffness.