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Jury entscheidet„Eine Form von Alltagsrassismus“ – Unwort des Jahres ist „biodeutsch“

Lesezeit 2 Minuten
Eine Person schreibt mit einem Stift das Wort „biodeutsch“ auf ein Tablet.

„Biodeutsch“ ist das „Unwort des Jahres 2024.“

Diskriminierend und „eine Form von Alltagsrassismus“ – so stuft eine Jury den Begriff „biodeutsch“ ein, wenn er wörtlich verwendet wird.

Der Begriff „biodeutsch“ wurde von einer Jury als „Unwort des Jahres“ 2024 ausgewählt. Die Jury der sprachkritischen „Unwort“-Aktion in Marburg erklärte, dass der Begriff im vergangenen Jahr vermehrt genutzt wurde, um Menschen anhand vermeintlich biologischer Abstammungskriterien zu kategorisieren, zu bewerten und zu diskriminieren. Die Verwendung von „biodeutsch“ führe zu einer Unterteilung in angeblich „echte“ Deutsche und in Deutsche zweiter Klasse, was von der Jury als eine Form von Alltagsrassismus eingestuft wird.

Unwort des Jahres 2024: „Heizungsverbot“ auf dem zweiten Platz

Auf dem zweiten Platz landete der Begriff „Heizungsverbot“, der im Zusammenhang mit dem Gebäudeenergiegesetz verwendet wurde, um klimaschutzbezogene Maßnahmen zu diskreditieren.

Die Jury, bestehend aus Sprachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern sowie einer Journalistin, wurde dieses Mal von der Publizistin und Politologin Saba-Nur Cheema sowie dem Publizisten, Historiker und Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, unterstützt.

Die beiden wählten den Begriff „importierter Antisemitismus“ zu ihrem persönlichen Unwort, da er in rechten Kreisen verwendet werde, um Musliminnen und Muslime sowie Menschen mit Migrationshintergrund auszugrenzen und vom eigenen Antisemitismus abzulenken.

Titel wie „Unwort des Jahres“ könnten gegenteiligen Effekt haben

Schon im Jahr davor stand das Unwort im Zusammenhang mit Rassismus: „Remigration“ wird inzwischen von der AfD und rechten Gruppen als Wahlslogan genutzt.

Sprachwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen warnen mitunter davor, dass Begriffe durch Titeln wie „Unwort“ oder übermäßige Tabuisierung nur noch mehr an Verbreitung gewinnen können. Besonders bei eher unbekannten Begriffen sei es nicht zielführend, diese ins Rampenlicht zu rücken, nur um sie zu kritisieren.

Im Fall des Wortes „Remigration“ erklärte der Linguist Anatol Stefanowitsch im Gespräch mit dieser Zeitung aber, dass der Begriff ohnehin schon verbreitet gewesen war – nur eben in rechten und menschenfeindlichen Kreisen. Die Jury des Unworts habe dem Wort mit ihrer Wahl einen Platz in der „Chronik sprachlicher Verrohung gegeben“. (dpa, pic)