Der Biodeutsche ist leider weit entfernt vom Müsli-Charme, den die Vorsilbe eigentlich hat: Er will bewusst ausgrenzen.
Unwort des Jahres ist „biodeutsch“Alle sind deutsch, aber manche sind deutscher
Irgendwie natürlich, ursprünglich, unverfälscht - positiv auf jeden Fall. Das bedeutet uns Deutschen die Vorsilbe Bio. Für Bio-Lebensmittel geben wir gerne mehr Geld aus. Und das Klischeebild des Bio-Bauern trägt einen selbstgestrickten Pulli und ein glückliches Huhn auf dem Arm.
Der Bio-Deutsche ist leider nicht so ein harmloser Zeitgenosse mit Müsli-Charme. Sondern einer, dem es auf den Unterschied ankommt. Zwischen den echten Deutschen, die das Deutschsein mit der Muttermilch aufgesogen haben, mit deutschem Stammbaum bis in die Kaiserzeit. Und den anderen, den „Menschen mit Migrationshintergrund“ oder auch den „Passdeutschen“. Alle sind deutsch, aber manche sind deutscher, könnte man frei nach George Orwell sagen.
Man muss also nicht lange überlegen, warum das Wort „biodeutsch“ zum Unwort des Jahres gekürt wurde. Es wird zwar schon länger benutzt und steht seit 2017 im Duden. Aber es hat eine merkwürdige Karriere hinter sich. Denn ursprünglich wurde es eher ironisch-augenzwinkernd benutzt. Um den ideologischen Irrsinn zu spiegeln, den eigentlich schon das Wort-Ungetüm „Menschen mit Migrationshintergrund“ in sich trägt. Aber Spaß verstehen die Rechten überhaupt keinen, wenn es ums Deutschsein geht. Weshalb sie das Wort langsam aber sicher vereinnahmten. Und bitteren Ernst daraus machten.
Es war wohl einfach zu verführerisch. Denn auf genau dem Unterschied, den dieses Wort behauptet, basieren ja rechte Ideologien. „Biodeutsch“ schafft eine Gruppenzugehörigkeit, in dem es andere ausgrenzt. Das Unwort des Jahres 2023 war übrigens Remigration. Jetzt muss man nur noch beide Wörter zusammendenken. Und sich dann davor fürchten, was in Deutschland gerade sprachlich salonfähig wird.
Damals gab es ein kollektives Erschrecken, als Pläne bekannt wurden, Menschen mit Migrationshintergrund systematisch aus Deutschland auszuweisen. Heute, nur ein gutes Jahr später, ruft AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel selbstbewusst in die Menge: „Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration!“ Und wenn es dann biodeutsch heißen soll, dann heißt es eben biodeutsch. Es gibt gute Gründe, jetzt schon Angst zu haben vor dem Unwort des Jahres 2025.