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Kirchen-Kritikerin und PazifistinUta Ranke-Heinemann ist gestorben

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Uta Ranke-Heinemann, deutsche Theologin und Autorin, aufgenommen in ihrem Haus. Sie ist am Donnerstag gestorben.

Köln – Es ist nicht oft vorgekommen, dass sie nach Worten suchen musste, die redegewandte, selten um ein originelles Zitat verlegene und – vor allem wenn es um ihre Kirche ging – gern zugespitzt formulierende katholische Theologin Uta Ranke-Heinemann.

Einen dieser seltenen Augenblicke konnte man am 9. Juni 1987 in ihrem Haus in Essen erleben. Sie war richtiggehend perplex, weil die katholische Welt, die sie als engstirnig, unbarmherzig und überholten Traditionen hinterherlaufend empfand, plötzlich zusammengebrochen schien. Aus ihrer Sicht im positiven Sinne.

Regelrecht euphorisch berichtete sie von einem „klärenden Gespräch“, zu dem sie ins Essener Generalvikariat zitiert worden war. Fest hatte sie damit gerechnet, dass man ihr die kirchliche Lehrerlaubnis entziehen würde, weil sie die „biologische Jungfräulichkeit“ der Gottesmutter Maria angezweifelt hatte – mithin ein Dogma öffentlich in Frage gestellt hatte.

Uta Ranke-Heinemann: Eine streitbare Theologin

Und nun das – die Zusage, dass sie an der Essener Uni weiterhin ihren von der offiziellen Lehrmeinung abweichenden Standpunkt zur Jungfrauengeburt vertreten dürfe – nachdem sie sich vom Vertreter des Bischofs die Zusage hatte abtrotzen lassen, dass sie ihre Auffassung in dieser für die Kirche fundamentalen Frage weder als unrevidierbar betrachte noch als Gegenstand ihrer Lehrtätigkeit.

Schon an jenem Tag waren Kirchenbeobachter, die die streitbare Theologin schon länger kannten, sich sicher, dass sie sich durch diese Ermahnung nicht den Mund verbieten lassen würde. Und sie machte in Interviews auch keinen Hehl, dass sie auch weiterhin bei der Ausbildung von Religionslehrerinnen und Religionslehrern ihrer Überzeugung treu bleiben werde: Josef, der Verlobte Maria, sei der leibliche Vater Jesu. „Wer denn sonst?“

Dann ging plötzlich alles ganz schnell: Nach ihren neuerlichen Bekundungen sah das Bistum keine Basis mehr für Ranke-Heinemanns Verkündigungsauftrag und maßregelte sie mit dem Entzug der Lehrerlaubnis. Sie sei „keineswegs in ihr Unheil gerannt“, sagte sie damals dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Ich wusste, was ich sage, und das war ein Punkt, der mal ausgesprochen werden musste.“

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Uta Ranke-Heinemann mit ihrem Vater, dem damaligen Bundesjustizminister, Gustav Heinemann

Gewohnt kämpferisch hatte sie hinzugefügt, zu einem Widerruf könne sie höchstens „ein Scheiterhaufen auf dem Essener Burgplatz veranlassen“. So arg kam es freilich nicht; die freiheitshungrige Rebellin übernahm schon im selben Jahr 1987 eine kirchenunabhängige Professur für Religionsgeschichte in Essen. Lange vor ihrem Rauswurf aus der theologischen Fakultät war Ranke-Heinemann, die 1970 als erste Frau der Welt einen katholischen Lehrstuhl übertragen bekommen hatte, im Visier nicht nur von Ruhr-Bischof Franz Hengsbach, einem glühenden Marienverehrer, sondern auch mehrerer Amtsbrüder – und eines großen Teils der konservativen Publizistik.

Schon in ihrem Buch „Widerworte“ hatte sie auf biblische „Ungereimtheiten“ hingewiesen: Die „Geschwister Jesu“, von denen in frühen Schrifttexten die Rede gewesen sei, habe man später, um die Lehre von Marias Unberührtheit aufrechtzuerhalten, „kurzerhand umfunktioniert: erst zu Stiefbrüdern und -schwestern, später zu Vettern und Cousinen.“

Abrechnung mit der kirchlichen Sexualmoral

Bei den „Sachen, wegen denen sie mich auf dem Kicker hatten“, ging es weniger um tagespolitisch zugespitzte Äußerungen in der schnörkellosen Sprache des Ruhrpotts, sondern um ihre Abrechnung mit der kirchlichen Sexualmoral und der damit verbundenen Lustfeindlichkeit.

Ihre Angriffe trieb sie in ihrem 1988 erschienenen Bestseller „Eunuchen für das Himmelreich“ mit Kapiteln wie „Rezepte für sündenfreien Eheverkehr“ auf die Spitze.

Obwohl die 1953 zum Katholizismus gewechselte Tochter von Bundespräsident Gustav Heinemann und seiner Frau Hilda nie der Bannstrahl der Exkommunikation getroffen hat, betonte sie oft, sie fühle sich de facto aus der Kirche ausgeschlossen.

Einen Hang zur Publicity muss man Ranke-Heinemann bis ins relativ hohe Alter bescheinigen. In der Friedensbewegung hatte sie sich schon engagiert, als die noch gar nicht formal existierte. Sie demonstrierte im damaligen kommunistischen Nord-Vietnam gegen Napalm-Einsatz durch die Amerikaner.

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Hierzulande machte sie in den 80er Jahren als Unterstützerin des „Krefelder Appells“ gegen Raketenstationierung von sich reden. Aus Protest gegen die Beteiligung Deutschlands am Kosovokrieg gegen Jugoslawien trat sie 1999 für die PDS als parteilose Pazifistin für das Amt der Bundespräsidentin an.

Manche ihrer Aktionen stießen auch bei Teilen ihrer Anhänger auf Unverständnis, und Kritikern galt die von rastlosem Eifer getriebene Frau wegen ihres burschikos-schnoddrigen Auftretens zuweilen als Ulknudel. Das diskreditierte gelegentlich ihr ernsthaftes Engagement für Frieden und Gerechtigkeit.

Am Donnerstag (25.3.) ist Uta Ranke-Heinemann im Alter von 93 Jahren in ihrer Heimatstadt Essen gestorben.