Zwischen Felsen in UtahWas macht ein Monolith mitten in der Wüste?
Köln – „Woah, woah, woah, dreh um, dreh um!“, ruft einer der Biologen. Was denn los sei, fragt Bret Hutchings, der Pilot. Die Antwort fällt vage aus: „Da war dieses Ding dahinten, das müssen wir uns angucken!“ Das gehört nicht zur Mission. Die Männer überfliegen die Felswüste im abgelegenen Süden des Bundesstaates Utah um Dickhornschafe zu zählen, die sich in dieser unwirtlichen Gegend angesiedelt haben.
Doch jetzt beschreibt der Hubschrauber der Abteilung für öffentliche Sicherheit des Staates einen Bogen. Und tatsächlich: Dort unten, in einer von roten Sandsteinfelsen umgebenen Bucht, reflektiert ein Objekt gleißend die Sonne.
Ding aus einer anderen Welt?
Hutchings landet den Helikopter, die Wildschützer steigen aus, gehen einen Felsabhang herunter und trauen ihren Augen nicht: Vor ihnen ragt ein rund drei Meter fünfzig hoher, silbern glänzender Monolith aus dem Sandboden. Er könnte aus poliertem, rostfreien Stahl sein (aber dann wäre es streng genommen kein Monolith), oder aus einer anderen Welt.
„Wenn einer von uns plötzlich verschwindet, rennen die anderen schnell weg“, scherzt einer der Männer, während sie sich vorsichtig dem Monolithen nähern. Dann legt der erste seine Hand auf die glatte Oberfläche, die anderen folgen, schließlich steigt sogar ein Mann auf die Schultern des anderen, um auch die Oberseite der Stele betrachten zu können.
Es ist einer dieser von Oscar Wilde so geschätzten Momente, in denen das Leben die Kunst imitiert. Selten war die Wirklichkeit Kubrick-förmiger als am vergangenen Mittwoch, irgendwo im Südwesten der USA. Die drei Männer sehen in ihren grünen Overalls ja sogar schon aus wie ein militärisches Erkundungsteam auf der Suche nach extraterrestrischem Leben.
Hätte einer von ihnen zufällig einen Knochen auf dem Boden neben dem geheimnisvollen Objekt gefunden, er hätte ihn ganz bestimmt triumphal hoch in den blauen Himmel geworfen, worauf ein harter Schnitt auf ein Raumschiff gefolgt wäre, das Millionen Jahre später durch die Nachtschwärze des Alls im Erdorbit taumelt.
Kunst von einem Fan?
Oder so ähnlich. Jedenfalls brachten die Schafszähler nicht nur ihre unglaubliche Geschichte, sondern auch Fotos und Filme vom Monolithen zurück nach Salt Lake City, der örtliche Fernsehsender KSL-TV berichtete – und von dort aus verbreitete sich die Geschichte dieses staunenswerten Reenactments von Stanley Kubricks Science-Fiction-Meisterwerk „2001 – Odyssee im Weltraum“ in den Medien, sozial wie klassisch.
Bret Hutchings, kein Kunstexperte, schätzt im Interview mit KSL-TV, dass ein „new wave artist“ die Skulptur in der menschenleeren Wüste aufgestellt habe. Oder jemand sei einfach ein Riesenfan von „2001“.
Spekulationen im Internet
Auch im Netz schießen derzeit die waghalsigsten Spekulationen ins Kraut, angetrieben von der leisen Hoffnung, es könnte sich ja doch um ein von Außerirdischen platziertes Objekt handeln, dass die Menschheit auf ihre nächste Entwicklungsstufe heben wird. Es wäre willkommen, weiß Gott.
Sehr viel wahrscheinlicher erscheint dagegen der Hinweis auf den 2011 gestorbenen Bildhauer John McCracken, der zu den Minimalisten der Westküste gerechnet wird, und mit Skulpturen aus einfachen geometrische Formen und Farben bekannt wurde, derart blank poliert, dass sie nahezu durchsichtig erscheinen.
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Im kalifornischen Napa Valley steht eine silbern schimmernde Stahlstele von McCracken aus dem Jahr 2008, die zumindest auf der Fotografie, die man im Internet findet, glatt als Zwilling des Monolithen aus Utah durchgeht. Der Name des Kunstwerks: „Magic“. Ein Nachruf auf den 1934 geborenen Künstler aus der „New York Times“ erwähnt sein Interesse an Ufos, Außerirdischen und Zeitreisen. Er habe seine Skulpturen selbst als etwas beschrieben, dass ein Besucher von einem anderen Planeten auf der Erde zurückgelassen habe. „Es verwundert nicht“, schreibt die „New York Times“ weiter, „dass manche Menschen glaubten, McCracken hätte den Monolithen aus Stanley Kubricks 1968er Film '2001 – Odyssee im Weltraum' entworfen.“ Das hat er nicht. Aber er habe öfters gesagt, so die „New York Times“, dass sein Werk vielleicht den Designer des Monolithen beeinflusst habe.
Bislang ist es nur eine Spekulation aus der Ferne. Aber es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass John McCracken, der unter anderem in Santa Fe, New Mexico ein Atelier besaß, in der Wildnis des südlichen Utah ein quasi-außerirdisches Objekt hinterlassen hat.