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„Laylas“ ErfolgsgeheimnisWie es anderen deutschen Songs erging, die verboten wurden

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Falco provozierte mit „Jeanny“ einen der größten Skandale der deutschen Musikgeschichte 

Köln – In Bayern fuhr man in den 1980er Jahren mit der siebten Klasse für eine Woche ins alpine Skilager und das Lied, das wir Schüler in den Bettenlagern bis zur Heiserkeit der verordneten Nachtruhe entgegen brüllten, war natürlich „Skandal im Sperrbezirk“ von der Spider Murphy Gang, einer grundsympathischen Münchener Retro-Rock’n’Roll-Band, die versehentlich ins Fahrwasser der Neuen Deutschen Welle geraten war.

„Layla“, der Debil-Schlager von DJ Robin und Schürze, über den sich derzeit die Gemüter erhitzen, ist also nicht die erste Puff-Hymne, die Verbotsforderungen auf den Plan ruft. Die Mär von der Prostituierten Rosi, bei der die ganze Nacht Konjunktur herrscht, war prompt auf den Index des Bayerischen Rundfunks gelandet und auch Dieter Thomas Heck wollte „Skandal“ nicht in seiner „ZDF-Hitparade“ spielen. Beides hat zum durchschlagenden Erfolg der Nummer geführt, insofern wiederholt sich also die Geschichte.

Ansonsten aber hinkt der Vergleich: „Skandal im Sperrbezirk“ griff grob satirisch die rigide Sperrbezirksverordnung der Stadt München auf, in der damals die CSU die Mehrheit im Rat innehatte. Man mag darüber streiten, ob die Zeile „Und draußen vor der großen Stadt/ Stehen die Nutten sich die Füße platt“ – steter Höhepunkt des Skilager-Gegröhles – angemessen die unwürdigen und gefährlichen Arbeitsbedingungen erfasst, zu denen die Lokalpolitik damals bayerische Prostituierte verurteilte. Aber das ist der Kern des Liedes.

Was ist eigentlich der inhaltliche Kern von „Layla“?

Einen solchen sucht man bei „Layla“ vergebens, was freilich kein Versagen der Produzenten darstellt, sondern bloße Absicht. Weshalb auch die Debatte für und wider eines Verbots selbst ein wenig wie die Ballermannisierung der Cancel-Culture-Debatte daherkommt.

Würde man jedes sexistische Lied (und darüber, dass „Layla“ sexistisch ist, besteht nun auch kein Zweifel) von den Playlisten bierseliger Zusammenkünfte traditionell geprägter Jungmänner streichen, herrschte auf der Kirmes künftig Silent Disco.

Andererseits mokieren sich momentan genau jene über die angebliche Verbotskultur der politisch Korrekten, die sich vor zweieinhalb Jahren nicht laut genug über die satirische Umdichtung von „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“ – derzufolge die spritverschwendende Oma „’ne Umweltsau“ ist – in einer WDR-Sendung erregen konnten.

Der Glanz des Verruchten

Und dann hat ja streng genommen bislang noch niemand „Layla“ wirklich verboten, auch wenn sich seine Macher nun im Glanz des Verruchten sonnen, als wäre ihr dumpfer Schlager eine Hymne der Meinungsfreiheit. Im Gegensatz etwa zum bis heute von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indizierten Ärzte-Song „Geschwisterliebe“, von dem es in der Begründung heißt, er sei geeignet „Jugendliche sexualethisch zu desorientieren“, was noch einmal sehr viel lustiger ist, als das spätpubertäre Frühwerk der Berliner Spaßpunks. Man stelle sich nur einmal vor, wie die Zahlen realer Inzestfälle in Deutschland hochgeschossen wären, hätte die Bundesprüfstelle dem nicht rechtzeitig einen Riegel vorgeschoben.

An Falcos sehr viel problematischerem Song „Jeanny“ hatten die Prüfer dagegen nichts auszusetzen. Gleichwohl bleibt die suggestive Schilderung einer Mädchenentführung aus Tätersicht als einer der größten Skandaltitel der deutschsprachigen Popgeschichte in Erinnerung.

Mit „Jeanny“ in den Abgrund geblickt

Einige Rundfunksender weigerten sich, „Jeanny“ zu spielen und der damalige Washington-Korrespondent des ZDF, Dieter Kronzucker, erregte sich im Fernsehen über das Lied. Verständlicherweise, wenige Jahre zuvor waren seine beiden Töchter mehr als zwei Monate lang von Entführern verschleppt worden.

Verboten wurde „Jeanny“ trotzdem nicht und man kommt nicht umhin festzustellen, dass „Jeanny“ ein großer Popsong ist, voller Dramatik, ein Drei-Minuten-Thriller, der tief in den Abgrund blickt. Ethische Fragwürdigkeit schließt künstlerisches Gelingen nicht aus.

Viel peinlicher war die Reaktion einiger Radiosender, die sich vor drei Jahren weigerten, Sarah Connors Song „Vincent“ zu spielen, in dem die Delmenhorster Sängerin sehr einfühlsam vom Coming-out eines schwulen Mannes singt.

Einfühlsam, aber unerschrocken: Das Lied beginnt mit der Zeile „Vincent kriegt kein' hoch, wenn er an Mädchen denkt/ Er hat es oft versucht und sich echt angestrengt“ – und genau die war dann der Grund für manche Sender, den Song gar nicht, oder nur ohne seine erste Zeile zu spielen.

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Oft sind es veränderte Moralvorstellungen, die einstige Zensurversuche im Nachhinein etwas lächerlich erscheinen lassen. Umso peinlicher, wenn dann einige Programmverantwortliche in ihren Reaktionen den Stand der gesellschaftlichen Diskussion um Jahrzehnte verfehlen.

Geschadet hat die Verbotsdiskussion jedenfalls noch keinem dieser Lieder, das haben die erwähnten Künstler auch mit den etlichen, tatsächlich indizierten Mixtapes deutschen Gangsta-Raps gemein. „Layla“, Jeanny“ und „Skandal im Sperrbezirk“ erreichten alle den Spitzenplatz der deutschen Singlecharts. Man könnte auch sagen: Moralische Entrüstung und Cancel-Gerüchte – nichts ist geiler für das Geschäft.