Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum präsentiert fünf Neuzugänge der Barocksammlung – darunter zwei Ankäufe und eine schöne Depotleiche.
Wallraf-Richartz-MuseumDas Kölner Barock ist besser als das Gelsenkirchener
In der inoffiziellen Rangliste der großen Barockkünstler rangieren die Kölner Maler eher am unteren Ende – für Spötter in Sichtweite des Gelsenkirchener Barock. Selbst in seiner Heimatstadt galt ein fähiger Mann wie Johann Hulsman (1610-1646/52) lange als Lückenbüßer für all die großen Meister aus Italien, Spanien, Frankreich oder Flandern, die sich selten oder wie Rubens lediglich als Kind für längere Zeit nach Köln verirrten. So wundert man sich kaum, dass Hulsmans Gemälde der „Hl. Veronika mit dem Schweißtuch Christi“ (1641) im Kölner Wallraf-Richartz-Museum das letzte Mal 1888 zu sehen war.
Immerhin gibt die traditionsreiche Geringschätzung dem Wallraf jetzt die Gelegenheit, das ausgeschwitzte Antlitz als Neuzugang der Sammlung präsentieren zu können. Kein Geringerer als der Namenspatron Ferdinand Franz Wallraf hatte Hulsmans Gemälde, eine von sechs Tafeln aus einem Altar des Augustinerinnenkloster St. Cäcilien, aus den Wirren der Säkularisierung gerettet. Ansonsten hat sich vom Altar lediglich eine „Heilige Familie“ erhalten, die heute die Residenz der deutschen Botschaft im Vatikan schmückt.
Kein Geringerer als der Namenspatron Ferdinand Franz Wallraf hatte Hulsmans Gemälde gerettet
Allzu gut bekam dem Kölner Schweißtuch das lange Warten nicht; es bedurfte einer Spende aus dem Kreis der Museumsfreunde, um die Tafel restaurieren und neu rahmen zu können. Jetzt hängt es da in all seiner Kölner Pracht, mit tränenden Putten, dramatischem Wetterleuchten und einer Veronika, die entrückt zum Himmel schaut. Offensichtlich war Hulsman ein Könner des Effekts; und doch wirkt der aufs Tuch gezauberte Christus, als wäre er lieber einem Carracci oder Jacob Jordaens erschienen.
Die Heimatpflege des Wallraf ist selbstredend trotzdem sehr willkommen. Hulsmans Tafel bildet jetzt nämlich eine lehrreiche „Kölner Wand“ innerhalb der Barocksammlung, gemeinsam mit einem riesigen, in Köln beauftragten „Heiligen Franziskus“ von Peter Paul Rubens und einem ritterlichen Kampf gegen die Todsünden, den der Rubens-Lehrer Otto van Veen ebenfalls für einen Kölner Abnehmer schuf (wir berichteten). So zeigt sich in Ansätzen, welche Geschmäcker in Köln vorherrschten und welche Handelswege die Barockkunst nahm.
Insgesamt zeigt das Wallraf fünf Neuzugänge, darunter zwei Ankäufe der Museumsfreunde
Insgesamt zeigt das Wallraf fünf Neuzugänge, darunter zwei Ankäufe, die dank Zuwendungen der Museumsfreunde möglich waren. Eines dieser Auktions-„Schnäppchen“, so Anja Sevcik, Leiterin der Barocksammlung des Wallraf, zeigt einen Knaben im Kleid, der mit Holzschläger und Spielkugeln für die Galerie einer holländischen Familie posiert. Bei den Gegenständen handelt es sich um Attribute des Mailspiels, eine Mischung aus Hockey und Golf, dank einer Inschrift des Malers Jan van Ravesteyn wissen wir aber auch über den Abgebildeten ungewöhnlich viel. Es handelt sich um Daniel de Ruyter, dessen Vater, der Jurist David de Ruyter, gebürtiger Kölner war.
Eine besonders sinnfällige Ergänzung der Sammlung ist eine Ölskizze, die Jacob Jordaens für sein großformatiges Gemälde des „Gefesselten Prometheus“ anfertigte. Entwurf und Ausführung hängen nun nebeneinander im Wallraf, wobei gerade die ins Auge stechenden Unterschiede den kunsthistorischen Forscherdrang anregen. Im Großformat ist der Adler, der Prometheus die Leber aus dem Leib reißt, sehr viel prominenter inszeniert, und die grausame Szene wird von einem erstaunlich ungerührten Hermes beobachtet. Vermutlich gehen die Änderungen auf das Vorbild eines Rubens-Bildes zurück, wobei die Qualen des Titanen bereits Jordaens' Skizze prägen.
Der letzte Neuzugang, eine Leihgabe, ist ein Blumenstillleben des Jesuiten Daniel Seghers. Seine Gemälde dienten als diplomatische Geschenke, aber wie der Kunstmarkt so spielt, wurde Seghers' „Blumenstrauß in einer Glasvase“ 1727 für König August den Starken angekauft. Es feiert die Natur in hübsch drapierter Form, an der sich etliche Schmetterlinge und eine Wespe laben. Die Künstlichkeit seines Bildes betont (oder verrät) der Maler, indem er Blumen in eine Vase steckt, die in freier Wildbahn zu unterschiedlichen Zeiten blühen.