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Kommentar

Wombat-Drama in Australien
So macht man sich einen Kontinent zum Feind

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Lesezeit 2 Minuten
Der kleine Wombat Apari schaut aus dem Beutel seiner Mutter Tinsel.

Momentan versteckt sich der Wombat Apari noch gerne bei seiner Mutter.

Ein kleiner Duisburger Wombat schaut aus dem Beutel seiner Mutter. 

Die australische Regierung fällt über eine US-Touristin her, die ein süßes Wombat-Baby aus der Obhut ihrer Mutter riss. Alles nur Heuchelei?

Einen knuddeligen Plumpbeutler wie das Wombat muss man einfach gernhaben, vor allem in der felligen Variante. In seiner australischen Heimat wurde der höhlengrabende Pflanzenfresser sogar zum heimlichen Helden einer Fernseh-Seifenoper: Unter dem Kosenamen „Fatso“ trat er in der Krankenhausserie „A Country Practice“ auf und wurde 2000 zum inoffiziellen Maskottchen der olympischen Spiele in Sydney ernannt. Da staunten selbst Koala und Känguru.

Über das Wombat staunen selbst Känguru und Koalabär

Man muss das innige Verhältnis der Australier zu ihrem Krafttier kennen, um die Aufregung um eine junge US-Touristin zu verstehen. Sie hatte am Straßenrand ein Wombat-Baby entdeckt, es der Obhut seiner Mutter entrissen und strahlend in die Kamera gehalten. Die Resonanz auf das kurze Video ging weit über die 90.000 Follower der Influencerin hinaus. So riet der australische Premierminister der armen Frau, das Gleiche mit einem Krokodil-Baby zu versuchen, und als diese das Land fluchtartig verlassen hatte, schickte der Innenminister hinterher: „Es gab noch nie einen besseren Tag für Wombat-Babys in Australien.“

So rasch hat niemand einen ganzen Kontinent gegen sich aufgebracht, seitdem Bart Simpson vor 30 Jahren den australischen Stolz auf tiefste kränkte. Damals führte eine schuldig gebliebene Telefonrechnung über 900 „Dollareydoos“ zu diplomatischen Verwicklungen, die schließlich die Gören- und Jungganoven-Abteilung des US-Außenministeriums auf den Plan riefen. Nach einigen Witzen auf Kosten der Einheimischen mündete der TV-Streich in einer überstürzten, an das Ende des Vietnamkriegs erinnernden Flucht im Helikopter.

Ganz so schmählich dürfte die Abreise der Influencerin nicht ausgefallen sein. Und manche Australier zeihen ihre Regierung sogar der Heuchelei – schließlich dürfen Wombats in einigen Landesteilen als Schädlinge geschossen werden. Trotzdem bleibt für Australien, dem Land der süßen Tiere, ein gehöriger Werbeeffekt. Man darf sich als Touristin beim Knuddeln nur nicht filmen und erwischen lassen.