Berühmt wurde er als raubeiniger Polizist in „The French Connection“. Jetzt ist Gene Hackman im Alter von 95 Jahren gestorben.
Zum Tod von Gene HackmanDer richtige Mann für falsche Autoritäten
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Gene Hackman in einer Szene des Films „The French Connection“
Copyright: imago/Cinema Publishers Collection
Nicht viele Schauspieler können sich zugutehalten, es auf die geheime Feindesliste von US-Präsident Richard Nixon geschafft zu haben. Gene Hackman trug diese besondere Nominierung sein Leben lang wie eine Auszeichnung, auch wenn es nur die erweiterte Liste war. Mit Paul Newman, dem einzigen Hollywood-Star, den Nixon zu seinen persönlichen Erzfeinden erhob, konnte er ohnehin nicht konkurrieren – das wusste der eher raubeinige Hackman nur zu gut.
Anders als Newman wurde Hackman von seinem Schöpfer nicht mit schier überirdischer Schönheit bedacht. Er wirkte eher grobschlächtig, ein Mann mit Holzfällerkreuz und schütterem Haar, niemand für die Heldenrolle. In seinen Brotjobs als Kellner oder Türsteher schien er lange besser aufgehoben zu sein als auf der großen Leinwand. Während seiner Ausbildung an der Schauspielschule hatten ihm die Mitschüler die geringsten Erfolgsaussichten des gesamten Jahrgangs eingeräumt – immerhin knapp hinter Dustin Hoffman.
Gene Hackman musste sich alles hart erarbeiten – und er war der Typ dafür
Hackman musste sich alles hart erarbeiten – und er war der Typ dafür. Das nötige Glück hatte er trotzdem, als ihn Warren Beatty für die Rolle des Buck Barrow in „Bonnie und Clyde“ engagierte. Er spielte den Bruder des berüchtigten Titelhelden, das natürliche zweite Glied hinter Beattys strahlender Erscheinung. Der unerhörte Erfolg des Films trug Hackman 1968 seine erste Nominierung für einen Oscar ein. Zum Star machte ihn aber erst „French Connection“, William Friedkins Thriller über einen New Yorker Polizisten im einsamen Kampf gegen die Drogenmafia.
Dieser Jimmy Doyle trug seinen Spitznamen „Popeye“ nicht von ungefähr. Wie der urtümliche Comic-Seemann geht Doyle mit dem Sturkopf durch jede Wand, als autoritäre Naturgewalt hatte Hackman doch noch seine Heldenrolle gefunden. Berühmt wurde vor allem die minutenlange Verfolgungsjagd, bei der Hackman seinen Wagen ohne Rücksicht auf zivile Verluste durch den dichten Straßenverkehr lenkt. Ein Kritiker verglich seine Polizeiarbeit mit derjenigen der Keystone-Cops aus der Epoche des Slapstickfilms - finster davon überzeugt, dass jedes Problem mit einem Knüppelschlag zu lösen ist.
Die cartooneske Zuspitzung seines Charakters stand Hackman zu gut, um daran etwas zu ändern; sogar den Superschurken Lex Luther stattete er mit der Hemdsärmeligkeit seines Polizisten aus. Dabei hatte Hackman in der Fortsetzung der French-Connection gezeigt, dass er nach wie vor ein Charakterdarsteller war: Den kalten Entzug des drogenabhängigen Doyle spielte er ohne Furcht vor Schwäche oder Hässlichkeit. Diese empfindsame Seite seiner Persönlichkeit konnte er auch in Francis Ford Coppolas „Der Dialog“ erkunden, als in sich gekehrter Abhörspezialist, der zum Opfer seiner eigenen Methoden wird.
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Der Schauspieler Gene Hackman im März 1993 mit Oscar-Trophäe
Copyright: dpa
Seinen Aufstieg zum Ruhm hatte Hackman in seinen 40ern begonnen, mit Anfang 50 war er bereits zu alt für halsbrecherische Verfolgungsjagden. Er spielte zwar immer noch Polizisten, für die der Zweck die groben Mittel heiligt, etwa sehr erfolgreich in „Mississippi Burning“, aber zusehends lieh er Männern der Macht seine imposante Statur: dem US-Verteidigungsminister in „Kein Weg zurück“ mit Kevin Costner, dem Sheriff in Clint Eastwoods Spätwestern „Erbarmungslos“ oder, als späte Rache an Nixon, einem Präsidenten, der in „Absolute Power“ einen Totschlag begeht und mit allen Mitteln versucht, die Tat zu vertuschen.
Mit fortschreitendem Alter wurde Hackman zur Idealbesetzung zwielichtiger Autoritätsfiguren; wo die Macht war, war ihr Missbrauch mit ihm niemals weit. Das galt sogar in Familienkomödien wie Wes Andersons „Die Royal Tenenbaums“, in der Hackmann den untreuen Hausvorstand einer mit Genialität geschlagenen Familie spielt. Als dieser Tenenbaum hört, dass seine ehemalige Ehefrau erneut zu heiraten gedenkt, versucht er sich als angeblich Todkranker wieder Einlass in die Herzen seiner Kinder zu erschleichen.
Niemand hat leichten Umgang mit Gene Hackman. Vor ihm habe ich Angst.
Auch der Mensch hinter der Rolle war längst eine gebieterische Figur geworden: „Niemand hat leichten Umgang mit Gene Hackman“, berichtete Wes Anderson von den Tenenbaum-Dreharbeiten. „Vor ihm habe ich Angst. Doch ich wollte nicht hinterher im Schneideraum bereuen, etwas nicht gesagt zu haben, was gesagt werden musste. Mit Hackman ist es so, dass er es zwar überhaupt nicht mag, Regieanweisungen zu bekommen, doch andererseits ist er in der Lage alles umzusetzen, was man ihm vorschlägt.“
Angst musste man vor Hackman eigentlich nicht haben, zumal im Alter nicht, als er in verschiedenen Komödien mit seinem Image spielte. In „Heartbreakers“ war er als unausstehlicher Millionär zu sehen, an dem sich zwei Heiratsschwindlerinnen die Zähne ausbeißen, seinen Abschied von der Leinwand nahm er 2004 in „Willkommen in Mooseport“, erneut als US-Präsident. Sieben Jahre nach seinem Auftritt in „Absolute Power“ schied er nun als der beliebteste Präsident seit John F. Kennedy aus dem Amt. Darin lag eine garstige Pointe über Schein und Sein des politischen Geschäfts, die heute schon wieder rührend nostalgisch wirkt.
Nach diesem Film zog sich Gene Hackman aus der Traumfabrik zurück – mit zwei Oscar-Auszeichnungen für seine Rollen in „French Connection“ und „Erbarmungslos“ im Gepäck. Seinen Ruhestand verkürzte er sich mit Buchprojekten, überwiegend historische Thriller. Jetzt ist er im Alter von 95 Jahren gestorben. Sein Leichnam wurde mit dem seiner Ehefrau, der Pianistin Betsy Arakawa, im gemeinsamen Haus gefunden. Über die Todesumstände war bei Redaktionsschluss nichts bekannt.