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LeserbriefeKeine Mehrheit fürs Gendern

Lesezeit 7 Minuten
Ein gelbes Gefahrenschild hängt an einem Drahtzaun. Es ist mit einem Gendersternchen in schwarz umrandetem Dreieck beschriftet und der Aufschrift „Genderdebatte“ unterschrieben. Es handelt sich hierbei um eine Fotomontage.

Um Gendern wird in Schulen und Gesellschaft heftig gestritten.

Leser kritisieren die Sprachregelung als nicht-konsensfähigen, ideologisch motivierten Eingriff in die Sprache und als Bevormundung.

Ferda Ataman, Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, fordert mehr sprachliche Toleranz (5.1.)

Gendern: Keine Mehrheit für Sprachregelung

Wer in einer Demokratie lebt und diese respektiert, muss die Meinung und den Willen der Mehrheit akzeptieren. Mir ist keine Umfrage bekannt, wo mehrheitlich für das Gendern gestimmt wurde. Zudem ist das Votum des Rates für deutsche Rechtschreibung eindeutig. Das argumentative Ping-Pong-Spiel zwischen Politik, Kultusministerkonferenz und Rat der deutschen Rechtschreibung finde ich beschämend. Auch die Aussage der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes, es sei sinnvoll anzuerkennen, dass es eben „nicht nur Frauen und Männer gibt, sondern eine Vielfalt von Geschlechtern“, ist pädagogisch gefährlich. Die Frage, wie viele Geschlechter es gibt, kann nur die Wissenschaft beantworten und nicht die Politik.

Der Zwang zum Gendern in den Schulen muss unterbunden werden. Auch das freiwillige Gendern, das eine Minderheit der Mehrheit auf Schulebene oktroyieren möchte, ist entschieden abzulehnen. Die Einführung des Genderns in der deutschen Sprache wird diese im globalen Wettbewerb eindeutig marginalisieren und provinzialisieren. Man denke nur an Dolmetscher bei internationalen Konferenzen oder Ansprachen deutscher Politiker im Ausland. Keiner wird sie verstehen oder ihnen folgen können! Angesichts der schlechten Ergebnisse der Pisa-Studie sollte sich das Schiller-Gymnasium eher um die Zukunft seiner Absolventen kümmern als „grundsätzlich zu gendern“. Phedon Codjambopoulo Pulheim

Genderdebatte als Kulturkampf: Noch ist nichts entschieden

Es ist den Anhängern des Genderns gelungen, den Eindruck zu erzeugen, dass die „Kampflinie“ zwischen eher Konservativen und Rechtsextremen auf der einen und links-grünen Kreisen auf der anderen Seite verläuft. Im öffentlichen Diskurs ist das Gendern fortschrittlich und die Ablehnung altbacken konnotiert. Das ist bedauerlich, denn es wird der Sache nicht gerecht. Gegnerschaft zum Gendern darf nicht als Monopol Konservativer oder Rechtsextremer „verkauft“ werden. Es gibt nämlich viele Leute, die sich wie ich politisch eher dem grünen Spektrum zuordnen, aber das Gendern entschieden ablehnen.

Privat soll jeder nach Herzenslust gendern, es ist aber unfair, uns Gegner damit in öffentlich-rechtlichen Medien, Schulen und Universitäten zu belästigen. Den meisten Anhängern des Genderns kann man immerhin zugutehalten, dass sie glauben, unsere Gesellschaft gerechter zu machen. Das funktioniert so aber nicht. Damit wird nur die Sprache beschädigt. Die im Artikel vom Kölner Sprachforscher Michael Becker-Mrotzek genannten sich neu bildenden Trampelpfade bei der Sprachentwicklung gelten in der Linguistik allgemein als eine gute und richtige Metapher.

Den meisten Anhängern des Genderns kann man immerhin zugutehalten, dass sie glauben, unsere Gesellschaft gerechter zu machen
Gerwald Athenstädt

Nur: Beim Gendern entwickelt sich nichts von unten. Wer etwa in den Medien mit Genderphrasen bombardiert wird oder auch als Schüler solche Arbeitsblätter vorgesetzt bekommt, der sucht sich keinen eigenen Trampelpfad, sondern bekommt gezeigt: Hier ist der neue Weg, hier ist die neue Norm, hier ist Fortschritt. Ich schließe mich folgenden Gedanken des „Verein Deutsche Sprache“ an: Gendern beruht auf einem Generalirrtum, es führt zu lächerlichen Sprachgebilden, es lässt sich nicht durchhalten und es führt nicht zu mehr Gleichberechtigung.

Die ausführliche Begründung für diese vier Thesen würde hier den Rahmen sprengen, kann aber auf der Webseite des Vereins, dem ich nicht angehöre, nachgelesen werden. Ich habe noch Hoffnung! Solange es bei Medikamenten im Beipackzettel und in der Werbung nicht gesetzlich vorgeschrieben heißt: „Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin oder Ihren Apotheker oder Ihre Apothekerin“, ist im kleinen Kulturkampf nichts endgültig entschieden. Gerwald Athenstädt Leverkusen

Gendern: Ideologisch motivierte Sprachverfremdung

Gendern ist mit Sicherheit keine „leicht veränderte Rechtschreibung“, wie Christian Hümmeler es im Leitartikel „Mit Mut in die Zukunft“ vom 2. Januar formuliert, sondern ein massiver, unbegründeter Eingriff in die deutsche Sprache. Sprache verändert sich von selbst und das ist gut so, das braucht keine „Hilfe“ von Zeitgeist-Soziologen und deren willfährigen Helfern. Und: Das sehen nicht nur „manche Politiker“ so, sondern die Mehrheit der deutschen Bevölkerung, die diese ausschließlich ideologisch motivierte Verfremdung ablehnt. Michael Arntz Pulheim

Gendern versus Rechtschreibreform

Für meine Begriffe hat eine Schulkonferenz – wie am Kölner Schiller-Gymnasium geschehen – überhaupt kein Recht, eigene Regeln für den Schrift- und den mündlichen Sprachgebrauch aufzustellen. Das steht in Deutschland nur den Bundesländern zu, und diese wiederum halten sich an die bestehenden Beschlüsse und Regeln, die vom Rat für deutsche Rechtschreibung herausgegeben und im Duden veröffentlicht werden. Als pensionierter Lehrer habe ich eine Rechtschreibreform mitgemacht.

Das entsprechende Verfahren lief so ab: Angesichts damaliger gesellschaftlicher Diskussionen prüfte der Rat für deutsche Rechtschreibung etliche Änderungen, nahm viele davon auf, der Duden veröffentlichte sie, und Schulen und Universitäten handelten danach. Das nenne ich ein ordentliches Verfahren. Das, was die Genderbetreiber heute wollen und wie sie dabei vorgehen, ist chaotisch, egoistisch und unrechtmäßig. Es darf nicht sein, dass eine Minderheit Gendern eigenmächtig in Bezug auf das amtliche Regelwerk durchboxt und der Rat für deutsche Rechtschreibung dies nur noch mit einem Katzenbuckel widerwillig abnickt. Michael Bürger Ruppichteroth

Gender-Verbot überflüssig

Unabhängig von der überflüssigen politischen Instrumentalisierung des Themas „Gendern“ durch die Bayerische Staatsregierung, handelt es sich in der Sache als solcher doch um eine recht komplexe Frage mit vielfältigen, nicht problemfreien Aspekten. Gewiss, Sprache ist nicht statisch, sondern dynamisch, sie entwickelt, verändert und wandelt sich im Laufe der Zeiten. Allerdings wird unsere Muttersprache zurzeit durch das „Gendern“ mittels eines durchaus moralisierend-ideologischen Ansatzes vorwiegend akademischer Provenienz bewusst und gezielt gestaltet und verändert.

Nichtsdestoweniger: Es bedarf keiner ausdrücklichen „Gender“-Verbote. Vielmehr möge schlicht und einfach das allgemeine, selbstverständliche, unausgesprochene Gebot gelten, im öffentlichen Raum die gegenwärtig geltende deutsche Standardsprache zu verwenden. Solange, bis verbindliche, allgemein konsensfähige und akzeptierte Regeländerungen gelten. Privat kann derweil „jede*r“ so sprechen und schreiben, wie „er*sie“ will. Roland Schweizer Leverkusen

Gendern: Schritt auf dem Weg in eine nicht freiheitliche Gesellschaft

Jeder darf heute gendern, wie er will. Auch an den Schulen, wo Politikversagen seit Jahrzehnten traurige Tradition ist. Anstatt einer eindeutigen Anweisung nach dem Prinzip des „entweder oder“ lieber eine butterweiche des „sowohl als auch“. Statt einer ideologieverhafteten Minderheit grundsätzlich zu widersprechen, hilft sie damit, den Übergang von einer offenen, liberalen zu einer geschlossenen, nicht freiheitlichen Gesellschaft zu vollziehen.

Da maßen sich, von den Unis über bestimmte Medien bis hin zur kleinsten Dorfkommune, Sprachakrobaten an, die angebliche Ungerechtigkeit unserer Sprache mit den Mitteln eben dieser Sprache festzustellen, um andere, die das völlig anders sehen, als Erziehungsobjekte herabzuwürdigen. Nun, wo diese verqueren Ideologen meinen, die beiden bekannten biologischen Geschlechter durch immer neue, in einer nach oben offenen Geschlechterskala ergänzen und sie sprachgerecht darstellen zu müssen, ist der Schaden durch das angerichtete Sprachchaos von den heute so entscheidungsunwilligen Politikern bald nicht mehr abzuwenden.

Sprache im politischen Sinne umzubilden, war von jeher ein Zeichen von Bevormundung, Intoleranz und Willkür
Dietmar Kinder

Wer das für übertrieben hält, sollte sich vor Augen halten, was in so einem „Leitfaden für wertschätzende Kommunikation“ dieser neuen Volksumerzieher so alles angeprangert wird. Selbst die gewohnt höfliche Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ ist mittlerweile als abschätziger Sprachgebrauch verpönt, da er angeblich alle „anderen Geschlechter“ nicht einschließt und somit diskriminiert. Das derzeitige Oktroyieren der Gendertheorie durch eine Randgruppe weist eindeutig totalitäre Züge auf. Dass Sprache sich entwickelt, ist unbestritten. Aber Sprache im politischen Sinne umzubilden, war von jeher ein Zeichen von Bevormundung, Intoleranz und Willkür. Drittes Reich und DDR sind noch nicht so lange her, um das schon vergessen zu haben. Dietmar Kinder Elsdorf

Beim Gendern vergeht das Lachen

Langsam ist das Thema aber wirklich nicht mehr zum Lachen. Und keiner macht einen Lösungsvorschlag, ohne dass irgendjemand sein Gesicht verliert. Hier also der ultimative Lösungsvorschlag – ohne zu gendern: Auf Seite 1 jeder Zeitung, im Vorwort jedes Buches, am Eingang jeder Behörde und jeder Schule muss – in etwa – folgender Satz angebracht werden: Ist in unserer Zeitung/Schule/Behörde/in diesem Buch von Menschen, Bürgern, Lesern, Eltern, Lehrern oder Schülern die Rede, dann gilt unsere Ansprache immer ALLEN Menschen, Bürgern, Lesern, Eltern oder Schülern, egal welchen Geschlechts.

Wir verzichten daher auf umstrittene Bezeichnungen wie Menschen:innen, Bürger:innen, Eltern:innen oder Schüler:innen oder auch im Sport auf die Bezeichnung Mann:FrauSchaft. Mit dieser Maßnahme kann auf komplettes Gendern verzichtet werden, ohne irgendein Geschlecht herabzusetzen, zu vergessen oder zu diskreditieren. Es gibt eben immer eine Lösung und die Menschen können sich wieder mit wesentlicheren Dingen beschäftigen als diesem albernen * oder _ oder : oder / oder Innen. Ulrich Molitor Erftstadt