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Kritik an Olympia-VorbereitungFrechener Athletin Miriam Butkereit rettet Medaillen-Ausbeute des Judo-Teams

Lesezeit 3 Minuten
Mit dem Eiffelturm im Hintergrund hält Miriam Butkereit ihre Silbermedaille in die Höhe.

Die Kölnerin Miriam Butkereit gewann die einzige Judo-Medaille bei den Olympischen Spielen in Paris.

Von den Olympischen Spielen verabschiedete sich Goldhoffnung Wagner mit Platz fünf. Ins Spotlight rückte dafür eine andere Kölner Judoka.

Weltmeisterin, Fahnenträgerin, Olympiasiegerin – mit dieser Bilanz hätte die Kölner Judoka Anna-Maria Wagner das Sportjahr 2024 eigentlich abschließen wollen. Geworden ist daraus nichts, obwohl in Paris erst einmal alles nach Plan lief. Mit zwei Siegen kämpfte sie sich souverän von Runde zu Runde, obwohl sie sich in ihrer zweiten Begegnung eine schwere Knieverletzung zuzog, wie sich später herausstellte. Wagner kämpfte trotzdem weiter. Doch im Halbfinale machte ihr die Israelin Inbar Lanir einen Strich durch die Rechnung.

Anna-Maria Wagner liegt nach dem verlorenen Kampf enttäuscht auf der Judomatte.

Aus der Traum von der Medaille: Die Kölner Fahnenträgerin Anna-Maria Wagner verlor bei den Olympischen Spielen den Kampf um Judo-Bronze

Mit einer Kontertechnik warf sie die Deutsche im hohen Bogen zu Boden: Ippon, das vorzeitige Ende des Kampfes, aus der Traum von Gold. Doch zumindest die Chance auf eine Bronzemedaille blieb. Eigentlich hatte die Sportsoldatin alles in der Hand, dominierte den Kampf gegen die chinesische Gegnerin. Doch eine kurze, unachtsame Sekunde wurde ihr zum Verhängnis. Zhenzhao Ma überrannte die Judoka mit einer Außensichel. Was blieb, war der fünfte Platz. Und „Leere“, wie sie später im ARD-Interview unter Tränen sagte.

Während der Deutsche Judobund (DJB) auf die fest einkalkulierte Medaille seines Aushängeschilds verzichten musste, rettete dafür eine andere Kölnerin die Ausbeute des Judoteams. Miriam Butkereit kämpfte sich am Tag zuvor auf den Silberrang im 70-Kilo-Limit vor und tauchte fast unverhofft neben Fahnenträgerin Anna-Maria Wagner im Judo-Spotlight auf.

Miriam Butkereit: Von Einzel-Silber zur „Team-Mama“

Wegen eines Innenbandrisses im Knie lief sie vor den Spielen noch unter Radar. Die Weltmeisterschaften, bei denen sich Anna-Maria Wagner als Weltmeisterin und Topfavoritin für Paris kürte, ließ die in Frechen lebende Bundespolizistin aus, konzentrierte sich auf die Reha. „Das war alles sehr knapp, eigentlich habe ich zu früh wieder angefangen, da haben wir uns schon an der Grenze bewegt“, sagt Butkereit.

Zwei Wochen vor ihrer Olympia-Premiere zog sie sich dann noch eine Gehirnerschütterung zu, wieder musste sie aussetzen. „Diese Spiele standen unter einem schlechten Stern, umso schöner ist die Medaille“, sagt sie mit ein paar Tagen Abstand. Am Wettkampftag selbst zeigte sie sich noch schwer enttäuscht, nachdem sie der Kroatin Barbara Matic im Finale durch einen Haltegriff unterlag. „Ich war todtraurig“, sagt sie.

Miriam Butkereit feuert ihr Team am Mattenrand an.

Nach Silber im Einzelwettkampf übernahm Miriam Butkereit (Mitte) die Führungsrolle in den Mannschaftswettkämpfen.

Inzwischen kann sie die Aufmerksamkeit doch genießen. Dass der Fokus vor den Olympischen Spielen eher auf Wagner, ihrer Trainingskollegin vom Kölner Bundesstützpunkt lag, sei vielleicht sogar gut gewesen. Sie mache sich selbst schon genug Druck. „Ich bin stolz, das alles so gehändelt zu haben.“ Und das, obwohl ihr die besondere Olympia-Atmosphäre in der ausverkauften Champs-de-Mars-Arena durchaus zu schaffen machte: „Das hemmt einen schon.“

Frei aufkämpfen konnte die 30-Jährige erst während der Mannschaftskämpfe, erzählt sie. „Ich hatte so viel Energie.“ Das war zu sehen. Beim dramatischen fünften Platz übernahm sie die Rolle der „Team-Mama“, heizte die Mannschaft ein und lieferte wichtige Punkte. Nach der verpassten Mannschaftsmedaille wisse sie ihren Triumph nun noch mehr zu schätzen.

Gleichzeitig nimmt sie ihre Kolleginnen und Kollegen, die ansonsten im Einzel leer ausgingen, in Schutz. „Allein hier zu stehen hat alle Blut, Schweiß und Tränen gekostet. Das wird vergessen.“ Die Qualifikation habe zu viel Energie gekostet, es sei zu spät nominiert worden, sagt Butkereit. Vielleicht sei es ihr Glück gewesen, die WM im Mai verletzungsbedingt verpasst zu haben. Sie sei hungrig auf den Höhepunkt in Paris gewesen, habe ihre Körner im Vergleich zu anderen noch nicht verschossen. „Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen daran ein Beispiel nehmen.“