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Kommentar

„Adults only“
Restaurants, Hotels – Kinder können ruhig mal draußen bleiben

Ein Kommentar von
Lesezeit 4 Minuten
Ein Schild das zeigt: Hier haben Kinder keinen Zutritt.

Es gibt Hotels und andere Einrichtungen, in denen Kinder keinen Zutritt haben.

Kinderfreie Restaurants und Erwachsenenhotels sind nicht nur gute Angebote für Menschen ohne Kinder, meint unsere Autorin.

Grenzen sogenannte „Adult only“-Angebote Familien mit Kindern aus? Thorsten Breitkopf ist der Meinung, dass Kinder wie auch mögliche Konflikte zum gemeinschaftlichen Leben dazugehören und ein Ausschluss nur aufgrund des Alters nicht hinnehmbar ist. Kendra Stenzel meint, dass kinderfreie Zonen auch für Eltern etwas Gutes sind und die Diskussion die wahren Benachteiligungen in den Hintergrund drängt:

Ich habe gerade Urlaub gebucht. Ein Kurztrip mit Freundinnen nach Paris für einen runden Geburtstag. Der Plan: ausschlafen, rumsträunern, abends gutes Essen und ein paar Drinks. Entspannung pur. Eingebucht haben wir uns in ein „Erwachsenenhotel“, also eine kinderfreie Unterkunft. Warum? Naja, warum nicht?

Ich habe überhaupt kein Problem mit Kindern. Ich liebe den Nachwuchs im Freundes- und Familienkreis, verbringe gerne Zeit mit ihm und den Eltern. Ich beschwere mich auch nicht über die Nachbarskinder, die das gesamte Haus jeden Morgen um 6 Uhr wecken. Und trotzdem oder gerade deswegen genieße ich auch die Zeit, in der ich nicht von Kindern aus dem Bett geschmissen werde. Denn sind wir mal ehrlich: Kinder können echt nerven. Das kann man mit aller Liebe dieser Welt ruhig so sagen.

Kinderfreie Zonen: Auch Eltern brauchen mal eine Pause

Also ja, ich freue mich darauf, im Urlaub nach einem langen Abend morgens im Frühstücksraum meinen Kaffee zu trinken, ohne dass hinter mir ein Fünfjähriger schreiend das Buffett abräumt (so geschehen im letzten Hotel-Urlaub). Das ist längst keine Einstellung, die nur kinderlose Menschen kennen. Gerade wer sich 24/7 um den eigenen Nachwuchs kümmert, sehnt sich manchmal nach einer Pause – und zwar nicht nur von den eigenen, sondern von Kindern grundsätzlich.

Kendra Stenzel

Kendra Stenzel

Leitende Redakteurin und Mitglied der Chefredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Zuvor redaktionelle Leitung ksta.de/Newsteam. Studierte zunächst Psychologie und Rechtswissenschaften in Gießen, dann A...

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„Egoismus“ ist ein Wort, das Menschen angesichts dieser Meinung schnell von der Zunge rollt. Aber die Welt ist nicht schwarz/weiß und Toleranz ist kein Absolut, sondern existiert auf einem Spektrum. Argumentieren diese Menschen mit der gleichen Überzeugung gegen Single- oder Paar-Hotels? Stehen sie als heterosexuelle Menschen schimpfend in der Spezialbuchhandlung für lesbische Frauen, weil sie sich diskriminiert fühlen? Was ist mit Allergikern, die ein Katzen-Café nicht betreten können? Und wie hoch ist die Quote der Männer, die gegen kinderfreie Zonen wettern, aber ihrem Kind zu Hause sagen, dass es nicht ins Arbeitszimmer darf?

Kinderfreie Cafés nehmen niemandem etwas weg

Natürlich sind Kinder vollwertige und besonders schützenswerte Menschen, sind fester Teil unserer Gesellschaft und haben ein Recht auf gesellschaftliche Teilhabe, genau wie ihre Eltern. Und das umfasst alle Kinder, auch die „Kotzkröten“, wie meine Mutter bis heute liebevoll Kinder nennt, die sich extrem danebenbenehmen (da hab ich natürlich auch zu gezählt). Deshalb rolle ich auch nicht mit den Augen, wenn im Restaurant am Nebentisch ein Baby schreit oder sich im Buchladen eine Vierjährige schreiend vor die Rolltreppe wirft. Wir leben schließlich alle gemeinsam in dieser Welt.

Aber wir genießen den Luxus, in einem Zeitalter zu leben, das Raum für individuelle Lebensentwürfe bietet. Unterschiedliche Angebote für eben jene Lebensentwürfe halte ich für etwas Positives. Zusätzliche kinderfreie Räume nehmen Eltern und Kindern keine Möglichkeiten, sondern schaffen neue sowohl für kinderlose Menschen als auch für Eltern, die mal ohne Kinder unterwegs sind. Wenn von 200 Cafés in einer Stadt zwei ihre Türen nur für Erwachsene öffnen, ist das durchaus zumutbar – solang es eben auch explizit Angebote für Familien und vor allem vorrangig gemeinsame Räume gibt. In Köln ist das zum Glück der Fall. Mehr Erwachsenenhotels heißt nicht gleichzeitig weniger Familienhotels. Von denen gibt es nun wahrlich auch genug. Und nur der Vollständigkeit halber: In Paris findet man mehr als 1300 Hotels, in denen Kinder jederzeit willkommen sind.

„Adults only“-Orte durch bessere Betreuung

Es ist unbestritten, dass Familien es an vielen Stellen schwer haben. „In Deutschland gibt es handfeste Benachteiligungen für Familien und Kinder – etwa beim Arbeitsrecht, Steuerrecht oder auch Mietrecht“, sagt zum Beispiel Nathalie Klüver, Autorin des Buchs „Deutschland, ein kinderfeindliches Land?“. Wer sich angesichts solcher Probleme an vereinzelten Erwachsenenhotels oder kinderfreien Restaurants aufhängt, lenkt seine Energie meiner Meinung nach in die falsche Richtung.

Was tatsächlich sowohl Eltern als auch kinderfreien Menschen noch mehr helfen würde: bessere und preiswertere Betreuungsangebote, mehr Unterstützung und mehr Investition in Kinder- und Jugendangebote. Je mehr designierte Entfaltungsräume es für Kinder und Jugendliche gibt, je mehr Eltern bei der Betreuung unter die Arme gegriffen wird, desto öfter sitzen wir vermutlich ganz zufällig in einem ungewollt kinderfreien Restaurant. Und ich könnte wetten, dass die Hälfte der Anwesenden Eltern wären.