Adult only-Angebote nehmen deutlich zu. Unser Autor sieht darin Kinderfeindlichkeit.
„Adults only“-TrendOrte mit Kinderverbot – das ist Apartheid
Grenzen sogenannte „Adult only“-Angebote Familien mit Kindern aus? Kendra Stenzel meint, dass kinderfreie Zonen auch für Eltern etwas Gutes sind und die Diskussion die wahren Benachteiligungen in den Hintergrund drängt. Thorsten Breitkopf ist der Meinung, dass Kinder wie auch mögliche Konflikte zum gemeinschaftlichen Leben dazugehören und ein Ausschluss nur aufgrund des Alters nicht hinnehmbar ist:
Kinder können nerven, keine Frage, sie können sehr nerven, ich weiß das. Dennoch gibt es einen Trend, den ich nicht gutheißen kann. „Adult only“, heißt das Schlagwort. Lieber Hotel, Restaurant, Bar, Freizeitpark buchen - mit keinen Kindern. Mag man vertreten, freie Wahl, Nutzerbestimmung? Nein, so läuft das nicht. Jeder war mal Kind. Jeder hat sich mal daneben benommen, war zu laut, zu dreckig, zu nervig. Aber Kind eben!
Die Idee einer Gesellschaft muss es sein, das Zusammenleben zu erlernen. Das birgt Konflikte. Ist aber so. Unumgänglich. Senioren haben keine vollständigen Zähne, manche riechen komisch, Ausländer sprechen fremd, Menschen mit Behinderung irritieren Kinder, Erwachsene, Viele. Das muss man lernen. Anders ist Zusammenleben nicht möglich. So ist das auch mit Kindern, seien sie vier, acht oder kurz vor achtzehn.
Auf Baustellen gehören Kinder nicht, in Restaurants schon
Das Ziel einer demokratischen Gesellschaft muss es sein, das Zusammenleben zu erlernen. Und Toleranz. Klar kann man Kinder von bestimmten Orten und Organisationen ausschließen. Bundeswehr, Großbaustellen und Bordelle sind Kindern zurecht in Deutschland verwehrt. Aber darüber hinaus?
Hotels, Gaststätten, Spielplätze, Schulen, Straßen, Vereine ... wenn eine Gesellschaft sich dazu entscheidet, Menschen, den Zugang zu einem gemeinschaftlichen Raum zu verweigern, dann erfordert das triftigere Gründe als die Altersangabe. Sollten Rentner vom Straßenverkehr ferngehalten werden? Nein. Menschen aufgrund irgendeiner körperlichen Eigenschaft, Größe, Klasse, Alter, Haarfarbe, Zugänge zu verweigern, heißt nicht nur auf Niederländisch „Apartheid“. Das sollte Deutschland nicht adaptieren. Auf keinen Fall!
Kinder gehören zum Leben. Ja, sie sind es. Sie zahlen irgendwann unsere Renten. Führen unsere Errungenschaften hoffentlich fort. Leiden unter unserem Klimakonsum. Wir brauchen mehr Toleranz für Kinder, anders als erwachsene Revolutionäre jedweder Art. Kinder können ihre Rechte nicht selbst erkämpfen. Sie brauchen unsere Hilfe, unseren Schutz, unsere Liebe, unsere Fürsorge.
Kinder müssen im echten Leben Regeln erlernen
Und sie müssen in dem Rahmen aufwachsen, der unseren Normen entspricht. Auch lernen, in Hotels und Restaurant zu „funktionieren“, na klar, das gehört dazu, muss aber geübt werden. Viele Male. Wie Löffel-Benutzen, Segeln, Golfspielen, Suppe-Essen, Laufen, Dreiradfahren, Regieren. Kinder vom gemeinschaftlichen Leben auszuschließen ist – mit Verlaub – asozial. Kinder gehören an den Tisch, in die Pizzeria, ins Hotel.
Kindern, die zu laut sind, müssen Regeln auferlegt werden, keine Frage. Wenn sie schreien, schimpfen, schmatzen und „Scheiße“ rufen, sowieso. So wie Jet-Flugzeugen, Eisenbahnen und Schnellstraßen Lärmgrenzen gesetzt werden, muss es Grenzen für Kinder und deren Störfaktoren und Emissionen geben. Ein Ausschluss der künftigen Rentenzahler aber ist nicht vertretbar. Familien, denen bloß wegen der Angehörigkeit eines Kindes Sanktionen drohen, denen gegenüber wird ein Klima der Angst und Ausgrenzung erzeugt. Menschen, die Kinder in die Welt setzen, haben keine erhabenen Rechte, nein, Nachteile aber sollten sie deswegen nicht erleben.
Kinder sind eine sprachlose Minderheit
Viele sprechen über Minderheitenrechte. Kinder sind eine Minderheit. Obendrein eine sprachlose, je nach Alter lautstärkenabhängig. Die Ausgrenzung von Kindern im gemeinschaftlichen Raum ist ein Unding unserer Gesellschaft. Kinder aus Restaurants auszuschließen, ihnen Hotels zu verwehren, Urlaube im Handstreich, wie es durchaus geschieht, zu beenden, ist eine Form von menschlicher Ausgrenzung.
Mag sein, dass ein kinderfreier Raum betriebswirtschaftlich bei der Urlaubs- oder Restaurantbuchung attraktiv erscheint. Betriebswirtschaftlich oder egoistisch ist es vielleicht nachvollziehbar. Volkswirtschaftlich ist es aber ein Irrsinn, Teile der in Deutschland lebenden Bevölkerung vom Leben dieses Landes auszuschließen. Die wehrlosesten Teile, die Gäste der Zukunft, Kinder, mögen nervig sein – darüber hinaus aber mehr als nur wirtschaftlich, unsere Zukunft. Irgendwann sind diese die Entscheider, und Sie?