Schwere Baumängel und Planungsfehler – beim Bau eines Hotels, das beim Erdbeben vor elf Monaten einstürzte, wurde mutmaßlich gepfuscht.
Baumängel am HotelErster Großprozess nach Erdbeben in der Türkei beginnt
Elf Monate nach den schweren Erdbeben in der Türkei soll in einem ersten großen Prozess der Einsturz eines Hotels und der Tod von jungen Volleyballern aufgearbeitet werden. Am Mittwoch müssen sich dafür im südtürkischen Adiyaman ein Hotelbesitzer und zehn weitere Angeklagte vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, für den Tod von 72 Menschen verantwortlich zu sein. Gutachtern zufolge wies das Hotel massive Baumängel auf.
Erdbeben in der Türkei: Hotel hatte massive Baumängel laut Gutachten
Das Vier-Sterne-Hotel war am 6. Februar 2023 bei dem Beben am frühen Morgen eingestürzt und hatte unter anderem zwei Volleyball-Schulteams aus Nordzypern mit 26 Kindern unter sich begraben. Auch eine Gruppe Reiseführer, die auf Fortbildung waren, wurde verschüttet. Das jüngste Todesopfer war zehn Jahre alt. Zahlreiche Angehörige aus Nordzypern reisten zu Prozessbeginn an. Sie fordern Gerechtigkeit für ihre Kinder.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten bewusste fahrlässige Tötung und die Verletzung von mehr als einer Person vor. Den Beschuldigten drohen im äußersten Fall mehr als 22 Jahre Haft. Fünf von ihnen, darunter der als Bauherr agierende Hotelbesitzer und der Architekt, sitzen in Untersuchungshaft. Sie weisen die Vorwürfe von sich.
Die Angehörigen fordern angesichts von Baumängeln und Planungsfehlern eine Anklage wegen mutmaßlichen Vorsatzes. Das hätte härtere Strafen zur Folge. In einer separaten Ermittlung soll die Verantwortung der Behördenmitarbeiter geklärt werden, die Genehmigungen ausstellten.
Am 6. Februar hatte um 4.17 Uhr ein Beben der Stärke 7,7 den Südosten der Türkei und Nordsyrien erschüttert, ein weiteres Beben der Stärke 7,6 folgte am Nachmittag desselben Tages. Allein in der Türkei kamen nach Regierungsangaben rund 50.800 Menschen ums Leben. Mehr als 35.000 Gebäude stürzten einem offiziellen Bericht zufolge vollständig ein, Zehntausende weitere wurden beschädigt. (dpa)