Metzelder-ProzessSpektakuläres Verfahren endet unspektakulär
Düsseldorf – Am Ende des Geständnisses wird seine Stimme brüchig. Der ehemalige Fußballnationalspieler Christoph Metzelder – so der Eindruck auf den Prozessbeobachter – weiß, dass er nie wieder ein normales Leben führen kann. Die Kinderpornoaffäre wird ihm sein Leben lang nachhängen. Ganz gleich, welches Urteil die Düsseldorfer Amtsrichterin Astrid Stammerjohann auch an diesem Donnerstag fällen wird. „Es bleibt meine persönliche Verantwortung“, räumt der 40 Jahre alte Ex-Profi ein. „Ich habe aus freizugänglichen Seiten von inkriminierten Bildern Screenshots gemacht und diese verschickt.“
Der Angeklagte spricht darüber, wie in den Chats Extremfantasien ausgetauscht wurden, „dabei ging es auch um das Unaussprechliche“. Nie habe er Übergriffe auf Kinder geplant, betont Metzelder. Das Ganze habe in einer digitalen Parallelwelt stattgefunden. „Ich räume die Vorwürfe ein, es geht hier auch um meine moralische Schuld. Ich habe diese Taten begangen, obwohl ich weiß, welch unsägliches Leid dies für Kinder bedeutet.“
Christoph Metzelder gibt Teilgeständnis ab
Metzelder gibt zu: „Ich weiß, dass ich eine Wunde hinterlasse, die nicht heilen wird.“ Mit tränenerstickter Stimme bekennt er: „Ich akzeptiere die Strafe und bitte die Opfer sexueller Gewalt um Vergebung. Ich werde den Rest meines Lebens mit dieser Schuld als Teil der Gesellschaft leben müssen“.
Am Nachmittag verurteilt Richterin Stammerjohann den einstigen Vizeweltmeister zu zehn Monate auf Bewährung. Metzelder ist schuldig, via WhatsApp-Chat im Sommer bis September 2019 an drei Frauen 26 Missbrauchsbilder und Videos versandt zu haben. Zudem sicherten die Ermittler nach der Razzia im Herbst 2019 fast 300 kinder- und jugendpornografische Dateien auf seinem beschlagnahmten Handy. Auch wenn der Angeklagte den Besitz nicht einräumte, bestand für die Richterin kein Zweifel an dem Tatbestand.
Richterin hält Reue für aufrichtig
Strafmildernd wurde der Umstand gewertet, dass der Angeklagte zuvor nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist. Stammerjohann hielt die Einlassung Metzelders für „aufrichtige und ehrliche Reue“. In der Urteilsbegründung sagte sie, Metzelder dürfte für absehbare Zeit weder seiner beruflichen Tätigkeit nachgehen können, noch am öffentlichen Leben teilnehmen.
Metzelders Verteidiger Ulrich Sommer spricht im Anschluss von einer ganz besonderen Last für seinen Mandanten. Zugleich lässt er offen, ob man Rechtsmittel gegen den Schuldspruch einlegen will.
Damit geht eines der spektakulärsten Strafverfahren nach anderthalb Jahren unspektakulär zu Ende. Der erwartete Schlagabtausch zwischen Verteidigern und Anklägern bleibt aus. Bereits am ersten der angesetzten drei Sitzungstage endet der Prozess, der im Vorfeld mit so viel Spannung erwartet wurde. Es ist offenkundig, dass der Angeklagte, der sich bisher nie öffentlich zu den Vorwürfen geäußert hatte, einen weiteren Spalierlauf durch das Blitzlichtgewitter der Kameras vermeiden will.
Metzelders Anwälte geben sich denn auch während der Hauptverhandlung äußerst handzahm. Der Kölner Strafrechtsprofessor Sommer, bekannt für seine konfliktreiche Prozesstaktik, bittet um ein faires Strafverfahren. Nur in wenigen Sätzen lässt er anklingen, dass die Ermittlungen bei vergleichbaren Mengen sichergestellter Missbrauchsdateien in anderen Fällen anders abgehandelt worden wären. „Es geht hier nicht um Anstößigkeit oder moralische Überheblichkeit, sondern um die Strafbarkeit, es gibt über 1800 andere Fälle von Kinderpornografie, da gibt es einen Strafbefehl und keine öffentliche Verhandlung wie hier.“
Der Prozesstag beginnt mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen. In den sozialen Netzwerken kursieren Hetztiraden. Begleitet durch die Co-Verteidigerin schreitet der Angeklagte durch den Haupteingang in das Düsseldorfer Justizgebäude. Drei Justizwachtmeister schirmen ihn ab. Draußen patrouilliert ein Polizeitrupp. Metzelder trägt ein graues Sakko, einen cremefarbenen Pulli und eine schwarze Maske. Die Hände gefaltet, steht er abwartend im Sitzungssaal.
Zehn Missbrauchsbilder in drei Tagen
Richterin Stammerjohann eröffnet die Verhandlung, fragt die Personalien ab, bevor sie Staatsanwältin Katrin Radtke die Anklage verlesen lässt. Die Vorwürfe wiegen schwer: Im August 2019 tauschte der Ex-Profi mit einer Bekannten aus Hamburg via WhatsApp-Chat seine intimsten Wünsche aus. Metzelder verschickte binnen drei Tagen zehn Missbrauchsbilder von Mädchen unter 14 Jahren. In einem Fall sendete er seiner einstigen Freundin die Datei eines zehnjährigen Mädchens zu, das Oralverkehr ausübte. Ferner soll der Angeklagte ein weiteres Foto von einem Kind gepostet haben, das von einem unbekannten Mann vergewaltigt wurde.
Zur sexuellen Erregung, so die Anklägerin, soll Metzelder an eine weitere Frau aus der Region Münster Bilder mit Kinderpornomaterial und zwei Videodateien weitergeleitet haben. Dabei zeigte ein Clip auch den analen Missbrauch eines Mädchens. Am 11. August 2019 sandte Metzelder einer dritten Frau eine weitere strafwürdige Datei. Nach der Razzia am 3. September in der Sportschule in Hennef fanden die Ermittler auf seinem Handy 234 Kinderpornodateien.
Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens will Metzelder seine verliehenen Auszeichnungen zurückgeben, darunter auch das Bundesverdienstkreuz. Die Razzia an jenem Septembertag 2019 sei eine Zäsur in seinem Leben gewesen. Seither lebe er völlig zurückgezogen.
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Die Richterin unterbricht die Verhandlung für ein Rechtsgespräch mit den Prozessbeteiligten. Zwei Stunden später referiert sie das Ergebnis: Im Falle eines Geständnisses will sie eine Bewährungsstrafe ohne weitere Auflagen verhängen. Metzelder ergreift die Chance, um zumindest strafrechtlich einen Schlussstrich ziehen zu können.