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Riesige Dunkelziffer?Forscher rätseln über den „Omikron-Eisberg“

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Omikron Eisberg DPA 270122

Die Omikron-Welle belastet auch in Deutschland die Krankenhäuser.

Sie ist zur politischen Floskel der vergangenen Wochen geworden: die „Omikron-Wand“. Beschrieben wird damit ein enorm steiler Anstieg der Corona-Zahlen, der vor allem seit Anfang Januar in ganz Deutschland zu beobachten ist. Weltweit schießen die Zahlen aufgrund der neuen Virusvariante nach oben, zuletzt warnten Forscher vor einem Subtyp namens BA.2, der derzeit in Dänemark immer dominanter wird.

Aber genau dort war Anfang des Jahres ein Phänomen zu beobachten, das Forscher und Virologen „Omikron-Eisberg“ nennen. Denn nach einem steilen Anstieg der Zahlen knicken diese in ähnlicher Stärke wieder ein, ein ähnliches Phänomen ist derzeit in den USA und Großbritannien zu beobachten. In Dänemark dagegen steigen die Fallzahlen seit einigen Tagen wieder, die landesweite Inzidenz liegt bei mehr als 5000.

„Omikron-Eisberg“: Virologen uneins über Corona-Fallzahlen

Über die Ursache der abknickenden Infektionskurve sind sich Forscher weltweit uneins. Denn normalerweise wäre bei einer Durchseuchung oder eintretenden Herdenimmunität der Abfall deutlich geringer.

„Wir haben uns vor allem die Zahlen in Großbritannien angeschaut. Dabei hat sich gezeigt, dass die Zahl der Infektionen mit Omikron nicht ausreicht, um eine breite Immunität dagegen zu erzeugen“, erklärt etwa der Modellierer Thorsten Lehr von der Universität des Saarlandes dem „Spiegel.“

Bei einer Durchseuchung müsse es eine „irre hohe Dunkelziffer“ geben, damit von einer Immunisierung gegen Omikron auszugehen sei, so Lehr. Dies sei enorm unwahrscheinlich. Der Abfall in den USA erfolgt in ähnlicher Weise, allerdings sind immer wieder kurze Spitzen festzustellen. Die Infektionszahlen steigen dann kurz, bevor sie abfallen.

US-Virologen sagen „Omikron-Eisberg“ ziemlich präzise voraus

In Großbritannien ist etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung geboostert, in den USA sind es nur etwas mehr als 25 Prozent (Stand Donnerstag). Auf den britischen Inseln ist seit dem 6. Januar ein Abfall zu sehen, die Inzidenz hat sich von 1877 (6. Januar) auf 945 (26. Januar) nahezu halbiert. In den USA ist es ähnlich: Nach einem Wert von 1686,6 am 16. Januar lag er am Donnerstag nur noch bei 1269,3.

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Eine Studie der University of Washington in Seattle sagte den Abfall der Zahlen in den USA nahezu exakt voraus, der federführende Professor Ali Mokdad spricht in der Studie von „einem rapiden Anstieg, gefolgt von einem rapiden Abfall ab dem 19. Januar.“ Grund sei die hohe Infektiosität der Omikron-Variante. „Sie ist sehr ansteckend, irgendwann wird es aber kaum noch Menschen geben, die noch angesteckt werden können“, heißt es weiter.

Mokdad widerspricht damit dem deutschen Virologen Lehr, allerdings bezieht sich die US-Studie auch ausschließlich auf die USA, Lehr dagegen untersuchte Daten aus Großbritannien.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach erwartet Höhepunkt der Omikron-Welle im Februar

Grund für die sinkenden Fallzahlen könnte allerdings auch die Quarantäne sein, in der sich derzeit viele Personen befinden. So werden Kontakte zwangsläufig eingeschränkt. Modellierer Lehr vermutet außerdem im „Spiegel“, dass Omikron sich stärker in Clustern verbreiten würde als vorherige Varianten, so dass stärkere An- und Abstiege grundsätzlich zum Infektionsgeschehen dazugehören.

In Deutschland ist dieser Trend noch nicht zu beobachten, aufgrund von Corona-Beschränkungen traf die Omikron-Welle erst verspätet ein. Daher bildet sich derzeit die sogenannte „Omikron-Wand“ mit immer neuen Rekordwerten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte unlängst, dass er den Höhepunkte Mitte Februar mit „Hunderttausenden Fällen pro Tag“ erwarte. (shh)