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„Er wurde lange diffamiert“Palmer outet sich bei Lanz als Streeck-Fan

Lesezeit 4 Minuten
Streeck bei Lanz 250122

Hendrik Streeck bei Markus Lanz

Beim ZDF-Talk mit Markus Lanz ging es am Dienstagabend um die Themen AfD und Corona. In der Runde saß mit dem Bonner Virologen Hendrik Streeck ein Experte, der erklärtermaßen zu Lanz' Lieblingsgästen gehört – wenn man von der Häufigkeit seiner Auftritte darauf schließen kann. Außerdem war Boris Palmer, Tübingens Oberbürgermeister, anwesend. Auch der von seiner eigenen Partei ungeliebte Politiker bekam in der Vergangenheit immer wieder Raum bei Markus Lanz, seine streitbaren Thesen an die breitere Öffentlichkeit zu tragen.

Neben Streeck und Palmer waren Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Cerstin Gammelin von der „Süddeutschen Zeitung“ und die österreichische Journalistin Corinna Milborn zu Gast.

Als das Thema auf die Bundespräsidenten-Kandidatur des Kölner CDU-Mitglieds Max Otte für die AfD kommt, äußert Palmer eine These, die den Moderator mehrfach nachfragen lässt. Palmer unterstützt einen Parteiausschluss Ottes aus der Union, denn „für beide Mannschaften kann man nicht spielen“, so Palmer. Allerdings findet er, man solle die AfD ansonsten wie jede andere Partei behandeln. Man solle einfach sagen, wo die inhaltlichen Differenzen liegen, so Palmer, einen moralischen Zeigefinger brauche man nicht. Das „Dämonisieren“ der AfD stärke eher die Wagenburg-Mentalität ihrer Wähler. Dass er damit so gar nicht auf Linie seiner Partei liegt, ist ihm klar. Dies sei einer der Gründe, warum sein Ausschluss gefordert werde.

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Cerstin Gammelin widerspricht und redet von „Provokation“ der AfD. Zudem äußerten sich die AfD-Abgeordneten selbst im Bundestag immer wieder in demokratieverachtender Weise. Palmer sieht das anders und fährt Gammelin relativ unwirsch über den Mund.

Günther kritisiert Scholz beim Thema Impfpflicht

Beim Thema Corona kritisiert der Tübinger Oberbürgermeister die fehlenden Kapazitäten für PCR-Tests. Es könnten viel mehr Labore diese Tests durchführen, aber es herrsche quasi ein „Oligopol“, wenige Einrichtungen beherrschten wie „Zünfte“ das Geschäft. Hendrik Streeck gibt Palmer teilweise Recht, sagt aber auch, so einfach sei es aber nicht. Ein Facharzt gehöre zur Diagnostik zwingend dazu.

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Die Wiener Journalistin Corinna MIlborn schildert, wie es das Nachbarland schaffte, die Impfpflicht ab 1. Februar einzuführen. Eine Million Bürgerinnen und Bürger seien dann „einen Schritt in der Illegalität“. Lanz spricht vom „entscheidungsschwachen Deutschland“ bei der Pandemiebekämpfung. Man habe ja fast den Eindruck, die Politik wolle gar keine Impfpflicht. Auch Daniel Günther findet die Bundespolitik „hasenfüßig“, plädiert für eine schnelle Einführung der Impfpflicht und kritisiert die Zögerlichkeit von Kanzler Olaf Scholz.

Boris Palmer ist auch vorbehaltlos für die Impfpflicht und will damit endlich alle „Bürokratismen“ abschaffen. „Wir tauschen alle alten Corona-Regeln ein und ersetzen sie durch eine einzige, nämlich die Impfpflicht“, redet er sich die Welt einfach. Dann holt er zu einem langen medizinischen Monolog über Immunisierung aus.

Streeck ist gegen allgemeine Impfpflicht

Streeck widerspricht an dieser Stelle: „Wir können nicht die Pandemie wegimpfen“, meint der Virologe. Ein Schutz vor der Infektion sei mit der Impfung nicht gegeben, es drohten immer neue Varianten. Man solle einfach das Gesundheitssystem besser aufstellen, damit dort keine Überlastung auftrete. Er ärgert sich auch, dass der Genesenenstatus „über Nacht“ verkürzt wurde. Das sei auch aus immunologischer Sicht nicht erklärbar. Streeck spricht vom „Durchpeitschen“ der Impfpflicht, obwohl nicht sicher sei, ob dies helfe.

Palmer ist sichtbar enttäuscht von Streecks Äußerungen. „Ich war in zwei Jahren dieser Pandemie immer froh, Sie im Fernsehen zu sehen, damit das Panikorchester nicht ganz so laut spielt“, lobt er Streeck und spielt damit auf dessen unter Experten in der Vergangenheit oft umstrittenen Thesen an. „Er wurde lange diffamiert“, meint Palmer. „Da gab es 'Spiegel'-Storys die waren nur zur Vernichtung gedacht“, erhebt er Streeck geradezu in den Rang eines Märtyrers. Jetzt sei er zum Glück „rehabilitiert“ und Mitglied des Expertenrats. Streeck lächelt dazu.

Palmer sagt, nun sei man einfach einmal unterschiedlicher Meinung. Er brauche pragmatische Lösungen, und er sehe diese Lösung in der Impfpflicht.