80 Jahre und kein Ende in Sicht: Wir ehren die Soul-Legende Diana Ross mit elf ihrer schönsten und besten Songs.
Von „Upside Down“ bis „Love Hangover“80. Geburtstag von Diana Ross – Diese 11 Lieder machen sie legendär
Die Soul-Legende Diana Ross hat einmal gesagt: „Du kannst nicht einfach dasitzen und darauf warten, dass andere dir den goldenen Traum schenken. Du musst rausgehen und ihn dir selbst erfüllen.“ Und genau das hat der in Detroit, Michigan, geborene Star getan. Seit nunmehr sechs Jahrzehnten gehört sie zu den größten Entertainern, die das amerikanische Showgeschäft je gesehen hat. Zunächst als Frontsängerin der legendären Girlgroup The Supremes („Where Did Our Love Go“, „Baby Love“), danach auch als Solistin soll sie rund 100 Millionen Platten verkauft haben.
Am 26. März 2024 feiert die Sängerin ihren 80. Geburtstag. Wir feiern sie mit 11 Liedern, die Sie unbedingt kennen sollten.
„Upside Down“ (1980, aus „Diana“)
Unser Songreigen beginnt mit einem Party-Klassiker, der ihr seinerzeit endlich den deutschen Markt öffnete, nachdem sie hier nur mit den Supremes Erfolge feiern konnte. Bemerkenswert ist „Upside Down“ aber auch deshalb, weil Diana Ross trotz der Anti-Disco-Stimmung, die damals in den USA bereits herrschte, einen weiteren Nummer-eins-Hit in diesem Stil landen konnte.
Dank der Produktionskünste von Nile Rodgers, der später auch mit Madonna oder David Bowie Erfolge feierte, gelang Ross mit dem dazugehörigen Album-Meisterwerk mit zehn Millionen verkauften Tonträgern der größte Triumph ihrer Karriere. Im Konzertvideo oben sieht man sie bei einem eleganten Hüftschwung neben „ihrem Baby“ Michael Jackson, den sie seit Beginn seiner Karriere als musikalische Patin begleitet hatte.
„And If You See Him“ (1971, aus „Surrender“)
Dieser kleine, fast vergessene Song aus ihrem dritten Soloalbum „Surrender“ steht stellvertretend für die vielen weniger bekannten Perlen von Ross, vor allem aus den Anfängen ihrer Solokarriere. Die Produktion von Ashford & Simpson sorgt für eine spannende Atmosphäre und Dramatik, vor allem im instrumentalen Übergang zur zweiten Hälfte.
Es lohnt sich wirklich, dieses Stück mit Kopfhörern zu hören. Dianas Stimme wurde geschickt verdoppelt, wobei eine Stimme in jedem Kopfhörer zu hören ist. Man kann die leichten Unterschiede zwischen den Stimmen hören. Bei „And I want to be by his side“ vereinen sich die beiden Stimmen und treffen sich in der Mitte des Klangspektrums. Berauschend!
„Love Hangover“ (1976, aus „Diana Ross“)
Mit diesem Song wurde Diana Ross zu einer der führenden Disco-Queens. Produzent Hal Davis soll Tontechniker Russ Terrana bei der Aufnahme angewiesen haben, Stroboskoplicht zu installieren, damit Ross in die richtige Disco-Stimmung kommt.
Die flüsterte und seufzte sich à la Donna Summer in ihrem nur wenig früher erschienenen Stöhn-Klassiker „Love to Love You Baby“ in den siebten Disco-Himmel und prompt wurde auf dem Studio-54-Dancefloor nicht nur das Tanzbein geschwungen. Hier ist die über siebenminütige Albumversion zu bevorzugen. Wer von Ross' Disco-Extravaganzen nicht genug bekommen kann, sollte sich auch das Album „The Boss“ von 1979 nicht entgehen lassen.
„I'm Coming out“ (1980, aus „Diana“)
„Upside Down“ war bei weitem nicht der einzige Disco-Hit aus dem Album „Diana“, der 1980 um die Welt ging. Auch dieser Song schoss damals in den Charts nach oben, und das, obwohl Ross wegen des Titels zunächst befürchtete, irrtümlicherweise als Lesbe abgestempelt zu werden.
2021 bestätigte Nile Rodgers in einem TikTok-Video, dass der Song ursprünglich für die LGBTQ+-Gemeinschaft gedacht war. Er sei dazu inspiriert worden, nachdem er in einem New Yorker Club Drag Queens gesehen habe, die als Diana Ross verkleidet waren. Damit war ihr Status als Schwulenikone endgültig gesichert. Das musikalische Coming-out ist bis heute auch das Eröffnungslied all ihrer Konzerte, so auch bei ihrem legendären Auftritt 1983 im Central Park mit rund 500.000 Besuchern.
„Touch Me in the Morning“ (1973, aus „Touch Me in the Morning“)
Der Erfolg von Diana Ross als Balladen-Königin ist untrennbar mit dem Komponisten Michael Masser verbunden, der später u. a. auch Welterfolge für Whitney Houston („Greatest Love of All“, „Didn't We Almost Have It All“) schrieb. In einer Doku beschrieb er Ross' Hang zum gesanglichen Perfektionismus als „zermürbende Erfahrung“, am Ende sollten sich die „emotionalen Beinahe-Zusammenbrüche“ aber auszahlen, denn Ross feierte damit ihren zweiten Nummer-eins-Hit in den USA.
Das Lied wurde in den frühen Morgenstunden aufgenommen, wie Ross es zu tun pflegte, als sie ihre Kinder großzog. Ihre Tochter Tracee Ellis erinnerte sich später gegenüber der US-Talkshow-Legende Barbara Walters daran, wie sie sie abends ins Bett brachte, danach zum Studio eilte, nur um sie am nächsten Morgen wieder zu wecken, damit sie pünktlich zur Schule gehen konnte.
„Good Morning Heartache“ (1972, aus „Lady Sings the Blues“)
Diese Aufnahme steht stellvertretend für die vielen wunderbaren Aufnahmen, die Diana Ross im Bereich des Jazz gemacht hat. 1972 übernahm sie in ihrer ersten Filmrolle die schwierige Aufgabe, die Jazzlegende Billie Holiday zu verkörpern. Die Kritiker waren begeistert von ihrer zerbrechlichen Darstellung, die die innere Zerrissenheit der vom Schicksal schwer gezeichneten Sängerin widerspiegelte. Sie wurde sogar als erste schwarze Schauspielerin für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert.
Ross versuchte gar nicht erst, das Vorbild stimmlich zu kopieren, sondern setzte gekonnt auf ihren eigenen Stil. Der dazugehörige Soundtrack war ihr einziges Nummer-eins-Album in den USA. Ein weiteres geplantes Jazz-Projekt, „Blue“, blieb wie so viele Motown-Alben zunächst jahrzehntelang im Archiv und wurde erst 2004 veröffentlicht. 1993 gab es darüber hinaus das Live-Album „Stolen Moments: The Lady Sings ... Jazz and Blues“, bei dem Jazz-Giganten wie Roy Hargrove oder Ron Carter spielten.
„Endless Love“ (mit Lionel Richie) (1981, aus dem Soundtrack „Endless Love“)
Wahrscheinlich erinnern sich nur noch eingefleischte Brooke-Shields-Fans an den Film, aber das Liebesthema daraus gehört zu den schönsten Schnulzen der 80er Jahre, die an Dramatik und Pathos kaum zu überbieten ist. Diana Ross kuschelte sich dafür um drei Uhr morgens im Studio an die Seite des damaligen Commodores-Sängers Lionel Richie, der damit endgültig seine Solokarriere einläutete. Eineinhalb Stunden soll der Studio-Quickie gedauert haben, danach hagelte es Rekorde.
Es war der letzte Nummer-eins-Hit ihrer Karriere, eine der erfolgreichsten Motown-Singles aller Zeiten und bis dahin das meistverkaufte Duett der Rock-Ära. Es ist auch ihr meistgestreamter Titel auf Spotify mit weit über 300 Millionen Streams. Zählt man alle ihre Nummer-eins-Hits mit den Supremes und solo zusammen, kommt man auf 18. Nur Mariah Carey (19) und die Beatles (20) hatten mehr.
„Theme From Mahogany (Do You Know Where You’re Going To)“ (1975, aus dem Soundtrack „Mahogany“)
In ihrer zweiten Filmrolle spielte Ross die Modedesignerin Tracy Chambers und entwarf erstaunlicherweise auch alle Kostüme für den Film. Woher sie die Zeit zwischen gefeierter Musik- und Filmkarriere und Kindererziehung nahm, bleibt ein Rätsel. Die Kritiker rümpften trotzdem die Nase, aber die Musik war wieder ein großer Erfolg. Der Titelsong, wieder eine zarte Ballade aus der Feder von Michael Masser, wurde zu einem weiteren Nummer-eins-Hit für Ross, die hier erneut als Seelentrösterin auftrumpfte.
Der Text erforscht die Suche nach Sinn und Bestimmung im Leben und stellt existenzielle Fragen nach der Zukunft und dem Ziel des eigenen Weges. Er reflektiert über Unsicherheit und Zweifel, die oft mit der Suche nach Erfüllung und Selbstfindung einhergehen. Das beeindruckte viele Sängerinnen, von Mariah Carey bis Jennifer Lopez, die ihrerseits den Song aufnahmen.
„You Are Everything“ (mit Marvin Gaye) (1973, aus „Diana & Marvin“)
Er kiffte, sie keifte. So jedenfalls die Legende. Obwohl sich Diana Ross und Marvin eigentlich heiß und innig (platonisch) liebten, waren die Aufnahmen zum Album „Diana & Marvin“ von vielen Problemen überschattet. Gaye litt immer noch unter dem frühen Tod seiner früheren Duettpartnerin Tammi Terrell, und Ross hatte ganz irdische Sorgen: Ihre erste Schwangerschaft machte ihr zu schaffen.
Außerdem hatte er sich mit seinem Album „What's Going on“ längst politischen und sozialen Themen zugewandt, da schienen ihm Liebesduette fehl am Platz. Davon ist in diesem zauberhaften Duett, einem Cover einer Ballade von den Stylistics, nichts zu hören. Leise schleichen sich die beiden stimmlich aneinander heran, bevor sich der Song gegen Ende in einem Feuerwerk entlädt. Ein Traumduett aus dem Hause Motown. Als Marvin Gaye 1984 von seinem Vater erschossen wurde, war Ross wie viele ihrer Weggefährten tief erschüttert. Sie widmete ihm die Ballade „Missing You“.
„Brown Baby/Save The Children“ (1973, aus „Touch Me in the Morning“)
Es lässt sich immer noch vortrefflich darüber streiten, wie weit sich Diana Ross im Laufe ihrer Karriere von ihren Soul-Wurzeln entfernt hat, schließlich sang sie später sogar an der Seite von Schnulzenkönig Julio Iglesias (das grandiose „All of You“) oder neben Placido Domingo und José Carreras bei „Christmas in Vienna“. Aber mit dieser überlangen Aufnahme, die zu ihren am meisten unterschätzten gehört, war sie Soul durch und durch.
Diana, vielleicht beeindruckt von den Aufnahmen mit Marvin Gaye, zeigt sich von ihrer politischsten Seite – und von ihrer fürsorglichsten, wenn sie einem kleinen Kind Liebe, Stolz und Erfolg wünscht. Erstaunlich ist ihre Stimme bei Tom Bairds „Brown Baby“, das ein wenig an Marvin Gayes „What's Going On“ erinnert. Wunderschönes und nachdenkliches Material aus dem Jahr 1973. Übrigens löste sie das Versprechen des Liedes als fünffache Mutter und mehrfache Großmutter mehr als ein.
„Ain't No Mountain High Enough“ (1970, aus „Diana Ross“)
Nach ihrem Ausstieg bei den Supremes hatte Diana Ross zunächst einen Achtungserfolg mit „Reach Out and Touch (Somebody's Hand)“, ihrer vom Gospel inspirierten Ode an die zwischenmenschliche Verbundenheit. Doch erst dieses Remake eines älteren Motown-Duetts wurde zum ersten Triumph ihrer Solokarriere.
War das Original von Marvin Gaye und Tammi Terrell noch eher brav, so wählten die Songwriter und Produzenten Ashford & Simpson für die sechsminütige Aufnahme ein geradezu monumentales Soundgewand mit gesprochenem Intro und einem Klimax, der seinesgleichen sucht. Michael Thomas vom „Rolling Stone“ bezeichnete die erste Solo-Nummer-eins ihrer Karriere sogar als eine der „zehn besten Singles, die je produziert wurden“. Dem ist nichts hinzuzufügen.