Seit Wochen wird im Kontrollzentrum der Esa an der ungewöhnlichen Rückkehr eines Satelliten gearbeitet.
Ungewöhnliches ManöverEsa will Satelliten kontrolliert abstürzen lassen
Es ist ein Manöver, das die Satellitenspezialisten der Europäischen Raumfahrtagentur (Esa) im Kontrollzentrum in Darmstadt so noch nie geflogen sind. Erstmals soll ein nicht hierfür konzipierter Satellit der Esa kontrolliert in die Erdatmosphäre gelenkt werden.
Der Hintergrund: Das Risiko, dass Trümmerteile auf Landflächen herabstürzen, soll minimiert werden. Zudem soll die Gefahr einer Kollision mit anderen Objekten in der Erdumlaufbahn und damit das Risiko von noch mehr Weltraumschrott verkleinert werden.
Esa-Satellit: Absturz auf einem Meeresstreifen
Voraussichtlich an diesem Freitag soll nach Angaben des Esa-Team-Leiters, Jens Lerch, tagsüber das letzte Manöver für den kontrollierten Absturz des Satelliten „Aeolus“ geflogen werden. „Dann könnte er binnen fünf Stunden herunterkommen.“
Wenn man keine Manöver fliege, könne der Satellit überall in die Erdatmosphäre eintreten. Teile könnten dann auch auf Landflächen der Erde stürzen. Nun zielt das Flugkontrollteam in Darmstadt auf einen Meeresstreifen, der so weit wie möglich vom Land entfernt ist.
Kontrollierter Absturz: Manöver könnten Vorbild für andere Raumfahrt-Agenturen sein
„Das war für „Aeolus“ so nicht vorgesehen“, sagte der Leiter der Abteilung Raumfahrtrückstände, Tim Flohrer. Später konzipierte Satelliten seien für ein solches Manöver ausgestattet oder aus Materialien gebaut, die komplett in der Atmosphäre verglühen. „Das ist bei heutigen Missionen Standard.“
Bei „Aeolus“ sei vor zwei Monaten der wissenschaftliche Betrieb eingestellt worden. Mit dem restlichen Treibstoff an Bord werden jetzt die Manöver für die Rückkehr geflogen. „Man kann davon ausgehen, dass dies Vorbild für andere Raumfahrt-Agenturen ist.“
Satellit „Aeolus“ war für präzisere Wettervorhersagen zuständig
Den Experten zufolge geht ein solches Manöver aber nur bei Satelliten mit einem erdnahen Orbit von einigen hundert Kilometern und wenn genügend Treibstoff an Bord ist. „Aeolus“ hatte eine Einsatzhöhe von 320 Kilometern und wird bereits durch die Schwerkraft in Richtung Erde gezogen. Die Sonde konnte Windprofile erstellen und damit Wettervorhersagen verbessern.
Die Mission war nach den Worten von Thorsten Fehr vom „Aeolus“-Team so erfolgreich, dass man mit der Europäischen Agentur für meteorologische Satelliten Eumetsat in Darmstadt bereits beschlossen hat, die Messungen fortzusetzen. „Die präzisen Daten werden vorerst fehlen.“
Die Mission war 16 Jahre lang vorbereitet worden und 2018 gestartet. Nun wird der Satellit von der Erdanziehung heruntergezogen und ab einer Höhe von 80 Kilometern der Esa zufolge beginnen zu verglühen. (dpa)