Die größte Musikshow der Welt läuft nicht rund. In der Halle gibt es Buhrufe. Thorsten Schorn aber gelingt die Nachfolge von Peter Urban.
Greta Thunberg von Polizei abgeführtEklats, Rauswurf, Festnahmen beim ESC –Thorsten Schorn gelingt Premiere
Schon die Kommentare von Thorsten Schorn in den Halbfinals des Eurovision Song Contest (ESC) waren erfrischend, im Finale setzte er noch einen drauf. Österreich? „Ein Song, den wir wohl noch oft hören werden. Beim Autoscooter Fahren.“ Portugal? „Das ist Spitze. Also das, was die Tänzer da überm Kopf haben.“
Mit seinen Pointen und seinem Kommentarstil trat Schorn erfolgreich in die Fußstapfen von Peter Urban, der die jedes Jahr von einem Millionenpublikum in Deutschland geschauten ESC-Übertragungen der vergangenen 25 Jahre wesentlich geprägt hatte.
ESC 2024: Kölner Thorsten Schorn mit treffsicheren Sprüchen
Auch für den auf einem sehr guten zwölften Platz gelandeten deutschen Starter Isaak, der seinen Auftritt mit einer Feuershow untermalte, hatte Schorn einen treffsicheren Spruch: „Nach dieser Bühnenshow ist die deutsche CO2-Bilanz nur so schlecht, dass wir morgen einen autofreien Sonntag machen müssen.“
Schorn war selbstbewusst an die Urban-Nachfolge herangegangen und hatte augenzwinkernd im Vorfeld gesagt, mit seinen großen Füßen passe er eh in Urbans Fußstapfen. Schorn setzte dabei auf Kontinuität zu Urbans mit Witz garniertem Kommentarstil.
Im großen Unterschied zu seinem Vorgänger, der im ESC-Finale seine Sprüche von den Halbfinals zu den einzelnen Künstlern im Finale wiederholte, veränderte Schorn seine Kommentare fürs Finale und peppte sie auf. Nebenbei verriet er dem Fernsehpublikum auch noch den Aufstieg von Holstein Kiel in die Fußball-Bundesliga.
ESC 2024: Thorsten Schorn als Nachfolger von Peter Urban stand erst wenige Wochen fest
Schorn stand erst seit wenigen Wochen als Urbans Nachfolger fest. Erst am 2. April, seinem 48. Geburtstag, bekam der 1976 geborene Kölner den Job. Urban wurde neben pointierten Sprüchen vor allem mit seiner markant-männlichen Stimme zum ESC-Markenzeichen. Auch Schorns Stimme ist unverwechselbar, bei ihm gibt es als Besonderheit einen weichen, geschmeidigen Klang.
Schon früh galt sein Moderationsstil als unverwechselbar, mit einem Mix aus Seriosität und spontanen, humorvollen Sprüchen. 2015 bekam Schorn den Deutschen Radiopreis in der Kategorie des besten Moderators. 2017 wechselte er von 1Live zu WDR2, wo er bis heute zum Moderatorenteam zählt. Parallel arbeitete er schon immer auch im Fernsehen.
ESC 2024: Wird Thorsten Schorn bleiben?
So versprach er den Zuschauern nach dem Auftritt des deutschen Starters Isaak auch nicht den wohl unrealistischen Sieg mit dessen Lied „Always on the Run“ - aber Schorn verfiel auch nicht in einen zynischen Klageton, weil Deutschland zuletzt zweimal Letzter geworden war.
Isaak hat nur die eine Chance beim ESC.´Die Schweiz hat den Eurovision Song Contest 2024 mit 591 Punkten gewonnen. Ob Schorn nochmals wiederkommen darf, ist noch offen. Sein Vertrag galt zunächst nur für den diesjährigen Wettbewerb. Die souveräne Premiere könnte ihm aber die Tür für weitere Auftritte als ESC-Kommentator weit geöffnet haben.
ESC 2024: Proteste und Demonstrationen in Malmö
Überschattet wurde das Finale des Eurovision Song Contest in Malmö derweil von Protesten gegen das Teilnehmerland Israel und von der Disqualifikation der Niederlande. Polizisten führten Klimaaktivistin Greta Thunberg mit anderen Demonstrierenden vom Platz vor der Arena ab. Die Beamten errichteten Absperrungen.
Bei ersten Demonstrationen am Abend hatte die Polizei die Stimmung unter den 6000 bis 8000 Teilnehmern noch als „friedlich“ beschrieben – bei der deutlich kleineren Versammlung vor der Halle mussten die Einsatzkräfte dann jedoch stärker durchgreifen. Mehrere Menschen wurden draußen wegen Störungen festgenommen. Auch aus dem Publikum in der Halle gab es Protestrufe gegen Israels Act.
Israels Außenminister Israel Katz stärkte kurz vor Beginn der Finalshow der israelischen Teilnehmerin Eden Golan den Rücken. „Eden stellt sich stolz enormem Hass und Antisemitismus entgegen“, schrieb Katz auf der Plattform X. „Heute zeigen wir allen Hatern, wer vorangeht.“
Die Teilnahme und der Beitrag Israels hatten im Vorfeld enormen Gegenwind bekommen. Wegen des Krieges in Gaza wurden Forderungen nach einem Ausschluss Israels aus dem Wettbewerb laut. Der Veranstalter des ESC, die Europäische Rundfunkunion (EBU), ließ Israel mit der Begründung teilnehmen, dass es eine unpolitische Veranstaltung sei.
ESC 2024: Isreal muss Songtitel ändern – Pfiffe beim Einlauf
Israel musste aber auf Druck der EBU Text und Songtitel einer ersten Fassung ändern - sie erschien den Veranstaltern mit dem Titel „October Rain“ zuerst zu politisch wegen möglicher Hinweise auf die von palästinensischen Terroristen am 7. Oktober in Israel verübten Massaker. Der überarbeitete Song heißt nun „Hurricane“. Eden Golan war einer von 25 Acts im Finale. Bei den Wettquoten stand sie kurz vor Beginn der Show auf Platz zwei hinter Kroatien.
Beim Einlauf der Nationen um kurz nach 21 Uhr waren Pfiffe in der Halle bei Israel zu hören. Auch beim Vortragen ihres Liedes „Hurricane“ musste Eden Golan (20) zahlreiche Pfiffe und laute Buhrufe über sich ergehen lassen. Unruhe erfasste kurz den Saal. Die Sängerin hatte bereits zum Halbfinale solche Protestreaktionen von Zuschauerinnen und Zuschauern erlebt.
ESC 2024: Nemo aus der Schweiz mit non-binärer Flagge
Bei der Flaggenparade präsentierte der Schweizer Act Nemo auf dem Rücken die Flagge des Landes – präsent vor der Brust jedoch die non-binäre Flagge. Nemo selbst identifiziert sich als nicht-binär, also weder als Mann noch als Frau.
Am Tag des Finales war bekannt geworden, dass der niederländische Kandidat Joost Klein vom Wettbewerb ausgeschlossen worden ist. Hintergrund war nach Angaben des niederländischen Fernsehsenders Avrotros eine aggressive Geste Kleins gegenüber einer Kamerafrau, die ihn nach seinem Auftritt beim Halbfinale am Donnerstagabend gefilmt hatte.
Er habe die Frau den Angaben zufolge aber nicht berührt. Was genau passiert ist, blieb unklar. Die Polizei nahm aber Ermittlungen auf, weshalb ein Auftritt Kleins unangemessen sei, hieß es von den Veranstaltern. Der Startplatz der Niederlande, die Nummer 5, blieb beim Finale leer.
Schwedens Kronprinzessin Victoria wünschte zu Beginn allen viel Glück. Als heißer Favorit für den Sieg wurde Kroatien mit dem Musiker Baby Lasagna (28) und seinem Lied „Rim Tim Tagi Dim“ gehandelt.
Für Deutschland rockte der Sänger Isaak aus Ostwestfalen mit seinem Lied „Always on the Run“ die ESC-Bühne. Ohne Patzer schmetterte er die Powerballade an Startposition 3. Am Anfang wärmte er sich an einer brennenden Tonne. Auch sonst gab es viel Feuer-Effekte, Choreografie fehlte ansonsten.
Dem ESC-Sieg der schwedischen Band Abba vor 50 Jahren im südenglischen Brighton wurde die Ehre erwiesen, indem Conchita Wurst (Siegerin vor 10 Jahren für Österreich) und die schwedischen ESC-Siegerinnen Charlotte Perrelli (1999) und Carola (1992) gemeinsam „Waterloo“ sangen. Auch die schwedische Disco-Band Alcazar trat nach den 25 Beiträgen nach Jahren wieder auf und sang ihren Klassiker „Crying at the Discoteque“. (afp, dpa)