„United by Music“ hieß das ESC-Motto 2024 - statt zu vereinen ist in Malmö tatsächlich viel kaputt gegangen.
ESC 2024Böhmermann kommentiert Zwischenfall mit „Fickt euch!“ – Siegtrophäe zerbricht
Als wären die Proteste wegen Israel nicht genug gewesen, als hätte der Ausschluss von „Europapa“ Joost Klein nicht für genug Ärger gesorgt, sorgt ausgerechnet Nemo für die Spitze des Chaos beim Eurovision Song Contest (ESC) 2024. Kaum trägt Nemo das gläserne Mikrophon des ESC-Gewinners in der Hand, fällt die Trophäe zu Boden und zerbricht.
Bis zur Pressekonferenz des Siegers hatten die Verantwortlichen der europäischen Rundfunkunion EBU für Nemo schon wieder eine neue Trophäe besorgt, irgendwie scheinen sie das Karma des Wettbewerbs in diesem Jahr vorausgeahnt zu haben.
ESC 2024: Braucht der ESC eine Reperatur?
„Die Trophäe kann repariert werden“, sagte Nemo zu seinem Missgeschick - aber vielleicht brauche ja auch der ESC insgesamt eine Reparatur?
ESC 2024: Einschaltquoten auf Vorjahresniveau
Das Finale in Malmö am Samstagabend ist in Deutschland von fast acht Millionen Menschen im Fernsehen verfolgt worden. Die Übertragung in der ARD sahen knapp 7,4 Millionen Menschen, dazu kamen 600.000 Zuschauer beim Spartensender One. Wie der Medienbranchendienst dwdl.de berichtete, lagen die Zuschauerzahlen damit auf dem Niveau des Vorjahres. Insgesamt war der ESC die meistgesehene Sendung des Samstags.
Die Rundfunkunion EBU wirkte in Malmö, wie es der auf einem sehr guten zwölften Platz gelandete deutsche Starter Isaak in seinem Lied sang - „Always on the run“, immer auf der Flucht. Auf Biegen und Brechen sollten die lauten Proteste tausender Demonstranten gegen Teilnehmerland Israel wegen des Vorgehens der Regierung im Gazastreifen aus dem Wettbewerb ferngehalten werden.
ESC 2024: Buhrufe und Pfiffe gegen Israels Starterin Eden Golan
Doch nachdem bei der Fernsehübertragung im Halbfinale die Buhrufe und Pfiffe gegen Israels Starterin Eden Golan rausgefiltert wirkten, pfiff und buhte das Publikum im Finale noch lauter und unüberhörbar gegen Israel. Und je eindringlicher die EBU die Künstler aufforderte, sich nicht politisch zu äußern, desto unverblümter wurde die politische Kritik.
Jan Böhmermann und Olli Schulz, die für FM4 den ESC im ORF moderierten, kommentierten die Buhrufe mit „Es wird gebuht, weil Israel kommt, Fickt euch ganz ehrlich!“
Irlands Bambie Thug schimpfte via Instagram gegen die israelische Delegation, in Norwegen sprang kurz vor dem Finale aus Protest gegen Israel die Präsentatorin der norwegischen Punkte ab.
ESC 2024: Niederlande disqualifiziert
Schon nach dem zweiten ESC-Halbfinale hatten die griechische Starterin und der Niederländer Joost Klein sich abfällig gegenüber der in Malmö von einem großen Polizeiaufgebot geschützte Eden Golan verhalten. Die junge Frau bekam damit die volle Wucht der Israel-Kritik ab. Das europäische Fernsehpublikum unterstützte Golan hingegen und gab ihr die zweitmeisten Stimmen - dass es für die Fünftplatzierte nicht für mehr reichte, lag daran, dass sie bei der Jury nur Zwölfte wurde.
Joost Klein wurde Stunden vor dem ESC-Finale ausgeschlossen. Zunächst gab es Spekulationen, es könne mit seinem Verhalten gegenüber Israels Starterin zusammenhängen. Tatsächlich soll der Niederländer aber eine Drohgeste gegen eine Kamerafrau gemacht haben, die trotz seiner Aufforderung nicht aufgehört habe, ihn backstage zu filmen. So jedenfalls schildert das niederländische Fernsehen den von der EBU nicht näher benannten Vorfall - und legte offiziell Protest ein.
Sollte sich die niederländische Darstellung des Vorfalls als Petitesse bewahrheiten, handelte die EBU auch hier „Always on the run“ - die Verantwortlichen hätten dann eher panisch einem möglichen Gewinner die Siegchance genommen.
ESC 2024: Womöglich wäre der ESC ohne die Disqualifikation ganz anders ausgegangen
Die ESC-Fans in der Halle solidarisierten sich mit Klein und pfiffen die EBU lautstark aus. Womöglich wäre der ESC ohne die Disqualifikation ganz anders ausgegangen. Am Sonntag wurden nämlich die Abstimmungsergebnisse des zweiten Halbfinals veröffentlicht. Da lag der Niederländer knapp hinter der Israelin auf dem zweiten Platz und deutlich vor dem nur auf Platz vier gelandeten Schweizer Nemo. Joost Klein hätte Nemo also womöglich Punkte abnehmen können. Und womöglich hätte dann doch der in den Wettbüros favorisierte Kroate Baby Lasagna profitiert - er wurde Zweiter.
ESC 2024: Nemo erwies sich als sympathische erstplatzierte Person
Nemo allerdings zeigte sich jenseits solcher Spekulationen als würdiger Gewinner. Nicht nur, dass sein Lied „The Code“ ein „voll krasser Song“ ist, wie es der Deutsche Isaak nach dem ESC-Finale sagte. Der in Berlin lebende Nemo, der erste nichtbinäre Gewinner in der 68. Augsgabe des ESC, erwies sich auch als überaus sympathischer, freundlicher Sieger eines Wettbewerbs mit vielen starken Teilnehmern.
„Ich hoffe, der Contest hält, was er verspricht, und setzt sich für Frieden ein“, sagte Nemo direkt nach dem ESC-Gewinn. Und Nemo hatte auch einen recht schlichten, womöglich aber zielführenden Tipp: „Wir müssen einfach miteinander sprechen.“ In Malmö war in das an vielen Stellen nicht möglich. (afp, mit imk)