AboAbonnieren

„Oktoberregen“ zu politisch?Israels Eurovision-Lied droht die Disqualifizierung

Lesezeit 3 Minuten
Eden Golan steht auf der Bühne, mit Sternenhimmel im Hintergrund.

Eden Golan will für Israel beim Eurovision Song Contest 2024 singen. (Archivbild von 2018)

Der ESC findet zwar erst in zwei Monaten statt, doch schon jetzt sorgt der Song, mit dem Israel an den Start geht, für Aufregung.

Das Lied, mit dem die israelische Teilnehmerin Eden Golan (20) im Mai beim Eurovision Song Contest (ESC) antreten will, soll bereits für Diskussionen gesorgt haben. Die israelische Nachrichtenseite „ynet“ berichtete am Mittwoch, die Organisatoren hätten den Beitrag mit dem Titel „Oktoberregen“ als politisch eingestuft und erwägen deshalb seine Disqualifizierung.

ESC 2024: Ist Israels Beitrag „Oktoberregen“ zu politisch?

Das Lied bezieht sich Medienberichten zufolge auf das Massaker der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober, bei dem mehr als 1.200 Menschen getötet wurden. Das Lied wurde jedoch noch nicht offiziell vorgestellt.

Der öffentlich-rechtliche israelische Sender Kan besteht dem Bericht zufolge jedoch darauf, dass der Text des Liedes nicht geändert wird, selbst wenn dies Israel die Teilnahme kosten sollte. Der Veranstalter des Wettbewerbs, die EBU in Genf, teilte auf Anfrage mit, man prüfe derzeit den Text. Dieser Vorgang sei vertraulich.

Alle Länder hätten bis zum 11. März Zeit, ihre Lieder einzureichen. „Sollte ein Lied aus irgendeinem Grund als inakzeptabel eingestuft werden, haben die Sender die Möglichkeit, ein neues Lied oder einen neuen Text gemäß den Wettbewerbsregeln einzureichen“, teilte die Pressestelle mit.

EBU überprüfte politische Statements in ESC-Beiträgen

Die EBU hat sich in der Vergangenheit mehrfach mit umstrittenen Liedtexten befasst und zum Teil sehr uneinheitlich entschieden. So wurde 2009 der Beitrag Georgiens „I Don't Want to Put In“ wegen politischer Inhalte nicht zum Wettbewerb zugelassen. 2021 wurde ein belarussischer Beitrag wegen ähnlicher Gründe nicht zugelassen.

Im Jahr 2015 thematisierte der Song „Face the Shadow“ der armenischen Band Genealogy den Völkermord an den Armeniern. Mit der Textzeile wie „Leugnen Sie nicht“ bezog das Lied Stellung zur Leugnung des Völkermords, insbesondere durch die Türkei.

Die EBU ließ das Lied ebenso zu wie ein Jahr später „1944“ von Jamala, der späteren Siegerin des ESC. Der Liedtext handelt von Jamalas Urgroßeltern, die als Krimtataren vom stalinistischen Regime von der Schwarzmeerhalbinsel deportiert wurden. Dass die Sängerin das Lied in den Jahren nach der russischen Invasion auf der Krim sang, gab dem Lied laut der ESC-Website wiwibloggs.com eine „eindeutig politische Note“, vorwiegend durch den Textanfang „Wenn Fremde kommen, kommen sie in dein Haus, töten euch alle und sagen: ‚Wir sind unschuldig‘“.

EBU: Eurovision Song Contest soll unpolitisch bleiben

Die ESC-Organisatoren hatten sich zuvor gegen einen Ausschluss Israels ausgesprochen, den etwa schwedische Künstler wegen des Gaza-Krieges gefordert hatten. Die Veranstaltung solle unpolitisch bleiben.

Das Finale des ESC findet am 11. Mai in Malmö statt. Für Deutschland geht der Sänger Isaak mit „Always On The Run“ an den Start. Der 68. Eurovision Song Contest findet in diesem Jahr in Schweden statt, nachdem die Sängerin Loreen im vergangenen Jahr mit dem Lied „Tattoo“ den Wettbewerb in Liverpool für das skandinavische Land gewonnen hatte. Die EBU hatte Anfang Dezember eine Liste mit diesmal 37 teilnehmenden Rundfunkanstalten veröffentlicht – darunter auch Kan aus Israel.

Israels Beitrag zum ESC 2024: Wer ist Eden Golan?

Die auch in Israel bislang kaum bekannte Eden Golan wurde 2003 in Kfar Saba bei Tel Aviv geboren und stammt aus einer Familie mit lettischen und ukrainischen Wurzeln. Nach 13 Jahren in Russland, wo sie aufgrund des Berufs ihres Vaters lebte, verließ sie das Land wegen der Mentalitätsunterschiede und der Anfeindungen aufgrund ihres israelischen Namens.

Trotzdem startete sie dort ihre Gesangskarriere und wurde durch Auftritte bei Shows wie „The Voice Kids“ 2018 und dem „Junior ESC“ 2015 bekannt. Seit 2022 veröffentlicht sie eigene Singles. Zusammen mit dem litauischen Musikproduzenten Lucky Luke hatte sie mit „Ghost Town“ einen ersten Achtungserfolg. (mit dpa)