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Superstar in KölnDiese 11 unterschätzten Lieder von Madonna sollten Sie kennen

Lesezeit 6 Minuten
Madonna posiert für Fotografen im Oktober 2015.

Madonna im Oktober 2015. (Archivbild)

Madonna gibt zwei Konzerte in Köln. Wir feiern die Pop-Ikone mit 11 ihrer verkannten Songs, die es wert sind, wiederentdeckt zu werden.

Wenn eine Pop-Legende wie Madonna am 16. August stolze 65 Jahre alt wird, kann man schon mal 40 Jahre Musikgeschichte Revue passieren lassen und ein paar Highlights herauspicken.

Am 15. und 16. November 2023 wird sie außerdem zwei Konzerte in der Kölner Lanxess-Arena geben. Die folgenden 11 Songs sind entweder in Vergessenheit geraten, haben nicht den Status erreicht, den sie verdient hätten, oder wurden von der Ikone selbst viel zu wenig beachtet.


Angel (1984, aus „Like a Virgin“)

Ist der hinreißende Ohrwurm „Angel“ die am meisten unterschätzte Single von Madonna? Sehr wahrscheinlich. Obwohl sie damit 1986 einen Top-5-Hit landete, wurde zu „Angel“ nie ein Video gedreht, der Song tauchte nur bis 1985 in ihren Live-Shows auf und ist selbst bei den treuesten Fans überwiegend in Vergessenheit geraten. Was für eine Schande!

Der Text von „Angel“ zeigt eine sanftere Seite von Madonna und beschreibt die überwältigende Hingabe an einen Geliebten. Die seltene, fast siebenminütige Maxi-Version beginnt übrigens mit einer kreischenden Menge unter Leitung von Albumproduzent Nile Rodgers (Chic), die „Madonna! Madonna!“ brüllt.


Skin (1997, aus „Ray of Light“)

Mit diesem pulsierenden und hypnotischen Techno-Pop-Epos aus ihrem Meisterwerk „Ray of Light“ dreht Madonna eine sinnliche Runde auf der Tanzfläche. Während sie zu den pulsierenden Beats und wirbelnden Synthies von William Orbit dem Objekt ihrer Begierde ein Ständchen bringt, wechselt sie zwischen lustvoll („Kiss me, I'm dying / Put your hand on my skin“) und dezent selbstbewusst („Why do all the things I say sound like the stupid things I've said before?“). Tröstlich, dass auch die Queen of Pop mit ihren Anmachsprüchen so ihre Probleme hat.


Bad Girl (1992, aus „Erotica“)

Als „Bad Girl“ als dritte Single aus „Erotica“ veröffentlicht wurde, war Madonna bereits voll im Rebellenmodus. Ihr Gesang auf „Bad Girl“ hat eine dunkle, rauchige Note, die perfekt zum Text passt. Madonna singt darüber, wie sie sich nach einer Trennung verhält, indem sie trinkt, raucht und sich mit Fremden einlässt. Was im grandiosen Videoclip an der Seite ihres „Schutzengels“ Christopher Walken in einer Tragödie endet.

Obwohl der Song für die damalige Zeit einen progressiven Blick auf das Verhalten von Frauen wirft, zeigt er auch die Gefahren eines rücksichtslosen Lebensstils auf. Etwas zu anspruchsvoll für das damalige Teenagerpublikum: Der Song erreichte Anfang 1993 nur Platz 36 in den USA und Platz 47 in Deutschland.


Future Lovers (2005, aus „Confessions on a Dancefloor“)

Das Album „Confessions on a Dancefloor“ ist als musikalische Einheit zweifellos ein Triumph. Ein Album aus einem Guss, bei dem es schwerfällt, ein Highlight herauszupicken. Warum allerdings das futuristische „Future Lovers“ nicht als Single ausgekoppelt wurde, bleibt ein Rätsel.

Immerhin hat Madonna dem Lied bei ihrer „Confessions“-Tour ein kongeniales Medley mit Donna Summers „I Feel Love“ gewidmet. Hier schlüpft die Pop-Ikone als zügelschwingende Reiterdomina auf dem S/M-gefärbten Höhepunkt aus einer Disco-Kugel, um die tanzenden Hengste an die Kandare zu nehmen.


Spanish Eyes (1989, aus „Like a Prayer“)

Madonna hatte bereits 1987 mit „La isla bonita“ einen Welthit im Latin-Pop-Stil. „Spanish Eyes“ (manchmal auch „Pray for Spanish Eyes“ genannt) war so etwas wie der melancholische Nachfolger. Die Interpretation des Textes ist umstritten. Versteckt am Ende der zweiten Seite des großartigen „Like a Prayer“-Albums, gehen viele Fans davon aus, dass Madonna in dieser Ballade um einen Freund trauert, der an Aids gestorben ist.

Passend dazu enthielten die ersten Exemplare des Albums Pamphlete zum damals tabuisierten „Safer Sex“-Thema. Diese Beilagen dufteten nach Patschuli, um an den Weihrauch in der Kirche zu erinnern. Andere Fans glauben, dass Madonna über Bandenkriege und Gewalt singt, die in der Latino-Gemeinschaft ihren Tribut fordern.


Gang Bang (2012, aus „MDNA“)

Ein Song, wie ein Schlag in die Magengrube. Die Mischung aus Dance, Elektropop und Techno erzählt die Geschichte einer verschmähten Frau, die sich an ihrem Liebhaber rächen will. Polizeisirenen, geflüsterter bis aggressiver Gesang, pulsierende Beats und ein Dubstep-Breakdown verleihen dem Song eine spannungsgeladene Atmosphäre. Der Song wurde von Kritikern als Highlight und mutigster Track des ansonsten ambivalenten Albums „MDNA“ gefeiert.

Vielleicht der düsterste und brutalste Song in Madonnas langer Karriere. Die Sängerin nannte den Regisseur Quentin Tarantino als Inspirationsquelle für den Song. Sie wollte ihn auch für ein geplantes Video gewinnen. Dazu kam es nie. Dennoch übernahm sie seine Ästhetik für die schrille, nicht minder düstere Inszenierung während der MDNA-Tour.


Impressive Instant (2000, aus „Music“)

Es tut immer noch weh, dass dieser Song des Albums „Music“ nie eine offizielle Single war. Es ist ein pulsierendes, schweißtreibendes, unerbittliches Dance-Couplet, in dem Madonna sich mit einem Vogel vergleicht: „I like to singy singy singy / Like a bird on a wingy wingy wingy“.

Der französische House-Produzent Mirwais Ahmadzaï sorgte für trippige Soundeffekte und fängt auch den schwindelerregenden Nervenkitzel ein, wenn man in einem Club betrunken ist und den nächsten One-Night-Stand im Visier hat. „Du bist derjenige, auf den ich gewartet habe“, singt Madonna am Ende. „Ich kenne nicht einmal deinen Namen.“


Sanctuary (1994, aus „Bedtime Story“)

Mit dem hypnotischen Techno-Sog von „Sanctuary“ aus einem ihrer unterschätztesten und intimsten Alben, „Bedtime Story“, schien sich Madonna ausnahmsweise mehr für Literatur und menschliche Psychologie als für Sexualbiologie zu interessieren. Immerhin zitierte sie den Dichter Walt Whitman und sein Werk „Vocalism“ und brachte Liebe und Tod thematisch in Einklang. Das Stück enthält auch ein Sample von Herbie Hancocks hörenswertem „Watermelon Man“, das er 1973 auf seinem Fusion-Klassiker „Head Hunters“ veröffentlichte.


You Must Love Me (1996, aus „Evita“)

Für keines ihrer Projekte hat sich Madonna stimmlich so ins Zeug gelegt wie für den Soundtrack zu ihrem vielleicht besten Film „Evita“, der Musicalverfilmung über das Leben der Präsidentengattin Eva Perón. Madonna erhielt dafür zu Recht den Golden Globe als beste Hauptdarstellerin. Tim Rice und Andrew Lloyd Webber revanchierten sich mit der traurigen Ballade „You Must Love Me“, die im Originalmusical von 1978 nicht zu hören war.

Als Single war das Lied nur ein kleiner Erfolg, und selbst heute hat das dazugehörige Video nur anderthalb Millionen Aufrufe auf YouTube. Selten klang Madonna so zerbrechlich, verletzlich und doch stimmlich so sicher wie in dieser Ballade. Ein zu Unrecht vergessener Höhepunkt ihrer langen Karriere.


Hollywood (2003, aus „American Life“)

Die zweite Single aus dem nicht gerade berauschenden Album „American Life“ fristet seit ihrer Veröffentlichung zu Unrecht ein Schattendasein. Madonna hat den Song nie auf einer ihrer Tourneen präsentiert. Die letzten Auftritte mit ihm datieren aus Fernsehshows oder Preisverleihungen aus dem Jahr 2003.

Die unerwartete Mischung aus Elektropop und Psycho-Folk wurde mit einem brillanten Video veredelt, für das Madonna vom Sohn des Modefotografen Guy Bourdin erfolgreich verklagt wurde. Sie hatte sich etwas zu sehr an dessen Arbeiten orientiert.

Auch die im Video zu sehenden Botox-Injektionen scheinen ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Textlich erwies sich Madonna als Prophetin: „Musiksender spielen immer den gleichen Song, ich bin gelangweilt von dem Konzept von richtig und falsch“, heißt es in der Bridge. Sie wusste, was ihr bevorstehen würde.


God Control (2019, aus „Madame X“)

Mit wirbelnden, stakkatoartigen Streichern und einem Spoken-Word-Teil, der wie ein Kinderreim klingt, nimmt Madonna in „God Control“ die Waffenbesessenheit Amerikas in Form eines gewagten Gospel-Disco-Mashups aufs Korn. Ein ausuferndes Experiment und zweifellos der Gänsehautmoment auf Madonnas bislang letztem Studioalbum, voller Ehrgeiz und Wut.

Das schockierende Video erinnert an die Schießerei in einem Nachtclub in Orlando 2016 und wurde von den Medien und den Überlebenden des Massakers kritisiert. Einige Befürworter von Waffenkontrollen lobten es jedoch. Für Madonna war es neben dem Schockmoment eine Gelegenheit zu zeigen, dass Unterhaltung auch eine zweite Seite hat: Haltung!