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Umstrittener deutscher InternetunternehmerNeuseeland stimmt Kim Dotcoms Auslieferung an die USA zu

Lesezeit 4 Minuten
Kim Dotcom, deutscher Internetunternehmer, während einer Anhörung des Ausschusses für Geheimdienste im Parlament von Wellington.

Kim Dotcom, deutscher Internetunternehmer, während einer Anhörung des Ausschusses für Geheimdienste im Parlament von Wellington.

Die Ära Kim Dotcom neigt sich in Neuseeland wohl dem Ende entgegen: Neuseelands Justizminister hat einen Auslieferungsbeschluss für den deutschen Internetunternehmer an die USA unterzeichnet. Dotcom selbst will sich noch nicht geschlagen geben.

Fast wäre der Fall Kim Dotcom schon in Vergessenheit geraten, da kam am Donnerstag völlig überraschend die Nachricht, dass Neuseelands Justizminister Paul Goldsmith den Auslieferungsbeschluss für den Deutschen an die USA unterzeichnet hat. Die Amerikaner werfen Dotcom unter anderem Internetpiraterie vor und wollen ihn deswegen vor Gericht stellen.

Dotcom, der eigentlich Kim Schmitz heißt und in Kiel geboren wurde, lebt seit 2010 in Neuseeland und gilt als eine der schillerndsten Gestalten des Landes. Letzteres liegt nicht zuletzt an seiner extravaganten Persönlichkeit. Der voluminöse Zwei-Meter-Mann, der meist schwarz gekleidet ist, fiel selbst vor Gericht noch mit seinen Sperenzchen auf, wo er nebst seiner Entourage auch noch mit dem eigenen Stuhl anreiste. Wegen Rückenproblemen, wie es von offizieller Seite hieß. Selbst in der Politik des Inselstaates mischte der inzwischen 50-Jährige zwischenzeitlich mit.

Freiheitskämpfer oder Krimineller?

Gegen eine Auslieferung an die USA kämpft Dotcom seit 2012, als eine vom FBI angeordnete Razzia seine Villa in Neuseelands größter Stadt Auckland auf den Kopf stellte. Bei der Hollywood-reifen Aktion stürmte die neuseeländische Polizei mit Hubschraubern und mehr als 70 Beamten das Anwesen des Deutschen. Er selbst wurde damals kurzzeitig verhaftet, kam später jedoch wieder auf freien Fuß.

Dotcom war Geschäftsführer von Megaupload gewesen, eine Filesharing-Website, die häufig zum Teilen von Raubkopien von Filmen und Musik genutzt wurde. Die US-Behörden führen im Fall Dotcom deswegen gleich mehrere Anklagepunkte auf – neben Internetpiraterie werfen sie ihm Copyright-Verstöße und Geldwäsche vor. Während sich Kim Dotcom selbst eher als Freiheitskämpfer für das Internet sieht, vermuten die US-Behörden kriminelle Machenschaften. 90 Prozent des Materials auf Megaupload seien mit Copyright versehen gewesen, dessen Besitzern seien rund eine halbe Milliarde US-Dollar durch die Lappen gegangen. Im Falle einer Verurteilung könnte dies Dotcom 20 Jahre hinter Gitter bringen. Bisher saß der Internetunternehmer jedoch in sicherer Entfernung in Neuseeland.

Neuseeland: „Gehorsame US-Kolonie im Südpazifik“?

Dies soll sich nun aber ändern: Nachdem das Oberste Gericht in Neuseeland die Auslieferung Dotcoms an die USA bereits 2017 für rechtens erklärt hatte, hat nun auch der neuseeländische Justizminister die Papiere für die Auslieferung unterzeichnet. „Ich habe alle Informationen sorgfältig geprüft und bin zu dem Schluss gekommen, dass Herr Dotcom an die USA ausgeliefert werden sollte, um dort vor Gericht gestellt zu werden“, zitierte die lokale Tageszeitung „NZ Herald“ Goldsmith. Wie es üblich sei, habe er Dotcom kurze Zeit gegeben, um die Entscheidung zu überdenken und sich beraten zu lassen. Deswegen werde er zunächst nicht weiter kommentieren.

Dotcom hatte seine eigene Auslieferung bereits auf sozialen Medien angekündigt. In einem verworrenen Beitrag auf der Plattform X, in dem er über den Dritten Weltkrieg schwadronierte und den Westen für bankrott erklärte, schrieb er in Anspielung auf seine neue Heimat, „die gehorsame US-Kolonie im Südpazifik“ habe gerade beschlossen, ihn auszuliefern. Für etwas, was die Benutzer von Megaupload hochgeladen hätten und worüber er keine Kontrolle gehabt habe. Nachdem die Nachricht am Donnerstag dann offiziell bekannt gegeben wurde, schrieb er: „Oops. Macht euch keine Sorgen. Ich habe einen Plan“, und fügte ein zwinkerndes Emoji hinzu. In einem weiteren Post folgten die Worte: „Ich gehe nicht weg. Ich liebe Neuseeland.“

Ein langwieriger Prozess

Mit Letzterem könnte der Deutsche recht behalten. Denn obwohl der Schritt des neuseeländischen Ministers bedeutsam sei, sei die Unterzeichnung des Auslieferungsbeschlusses nur ein weiterer Schritt in einem Prozess, der wahrscheinlich noch Jahre länger dauern wird, hieß es im „NZ Herald“. Dotcom habe stets signalisiert, dass er eine gerichtliche Überprüfung des Bescheids anstreben und gegen jedes negative Urteil Berufung einlegen werde.

In der Tat ist Dotcom erprobt in der Rebellion gegen das Establishment. Trotz Verhaftung, dem Einfrieren seines Megaupload-Vermögens und privater Höhen und Tiefen – er trennte sich von seiner Frau Mona, mit der er fünf Kinder hat, um später erneut zu heiraten – kämpft er im Internet weiter gegen all das, was er als Machtmissbrauch offizieller Stellen empfindet.

Kim Dotcoms Partei schaffte Fünf-Prozent-Hürde nicht

Auch beruflich ließ er sich nicht ausbremsen: Bereits ein Jahr nach der Razzia startete er einen Cloud-Speicherdienst namens Mega. Wieder ein Jahr später brachte er sein eigenes Musikalbum heraus und gründete seine eigene politische Partei in Neuseeland, die sogenannte Internet-Partei. Kurz vor den Wahlen im September 2014 beschuldigte Dotcom die neuseeländische Regierung, ihr eigenes Volk weitläufig ausspioniert zu haben. Dazu schaltete er während einer Großveranstaltung in Auckland Whistleblower Edward Snowden und Wikileaks-Gründer Julian Assange per Videokonferenz aus Moskau beziehungsweise London ein. Obwohl Dotcom diesen „Moment der Wahrheit“, wie er die Veranstaltung betitelte, kurz vor den neuseeländischen Wahlen abhielt, bestätigten die Neuseeländer den konservativen Regierungschef John Key zum dritten Mal in seinem Amt. Kim Dotcoms Partei schaffte die Fünf-Prozent-Hürde dagegen nicht und verschwand wieder von der Bildfläche.

Die Konservativen konnten sich immerhin drei Jahre an der Regierung halten, bevor sie für die folgenden zwei Amtsperioden von den Sozialdemokraten unter Jacinda Ardern abgelöst wurden. Im vergangenen Jahr gelang den Konservativen dann jedoch das politische Comeback und damit scheint auch die alte Fehde mit Dotcom wieder aufzuleben.