Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

„Ein Loch – so groß wie ein Scheunentor“Novum in deutschen Gewässern – Schiff kollidiert mit Windkraftanlage

Lesezeit 3 Minuten
Ein Schiff hat in der Nordsee offenbar eine Windkraftanlage gerammt (Symbolbild).

Ein Schiff hat in der Nordsee offenbar eine Windkraftanlage gerammt (Symbolbild).

Der Kapitän schweigt, die Indizien sprechen allerdings eine klare Sprache. Es bleibt die Frage, wie der Unfall passieren konnte.

Ein Frachter hat in der Nordsee weit vor der Insel Juist offenbar eine Windkraftanlage des Windparks Gode Wind gerammt. Darauf deuten Ermittlungen der Wasserschutzpolizei in Emden hin, wie ein Sprecher am Mittwoch sagte. Der Betreiber des Windparks, das dänische Unternehmen Ørsted, gab laut der Polizei an, bei einem Kontrollflug mit einem Hubschrauber eine Beschädigung an einer Windkraftanlage festgestellt zu haben. Das Ausmaß war zunächst unklar.

Das beschädigte Schiff mit einem metergroßen Loch in der Außenhaut am vorderen Rumpf hatte am Dienstag den Emder Hafen angesteuert. Im Vorschiff der „Petra L“ klaffe „ein Loch - so groß wie ein Scheunentor“, berichtet der Norddeutsche Rundfunk (NDR).

Frachter rammt Offshore-Anlage in der Nordsee – Kapitän schweigt

Der 59 Jahre alte Kapitän machte bei der Polizei bislang keine Angaben. Er lässt sich laut Polizeiangaben von einem Anwalt vertreten. Der Jurist habe für kommende Woche ein Statement in Aussicht gestellt, berichtet der NDR. Es stehe demnach unter anderem die Verletzung der Meldepflicht, die für Unfälle besteht, im Raum.

Das unter der Flagge von Antigua fahrende Schiff war nach Angaben der Wasserschutzpolizei mit 1500 Tonnen Getreide an Bord vom polnischen Stettin nach Antwerpen in Belgien unterwegs. Mit einem etwa fünf mal drei Meter großen Loch auf der rechten Seite des Vorschiffes lief das rund 70 Meter lange Schiff am Dienstag in die Schleuse in Emden ein. Emden sei nach dem Zusammenstoß der „offensichtlich nächstmögliche Hafen“ gewesen, teilten die Beamten mit.

Daten zeigen, dass das Schiff vom Kurs abkam und in Bereich des Windparks fuhr

Zu der Kollision soll es nach Polizei-Angaben am Windpark Gode Wind gekommen sein, darauf deuteten sogenannte AIS-Daten hin, sagte der Polizeisprecher. Das sind Daten, die den Fahrtverlauf von Schiffen aufzeichnen. Die Daten zeigten, so der Sprecher, dass das Schiff kilometerweit vom Kurs abgekommen sei. Warum ist bislang nicht klar. Das Schiff sei im „Automatikmodus“ gewesen.

Die Wasserschutzpolizei in Emden übernahm nach Abstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft in Hamburg die Ermittlungen zu dem Unfall. Laut der Behörde seien drei Offiziere und drei Arbeiter an Bord gewesen, es sei aber niemand bei dem Zwischenfall verletzt worden.

Aussagen des Kapitäns mit Spannung erwartet

Der Schaden soll nun aufgenommen werden. Zudem wird eine Einlassung des Kapitäns erwartet. Nach Kenntnissen der Wasserschutzpolizisten in Emden wäre es der erste Vorfall, bei dem ein größeres Frachtschiff vor der deutschen Nordseeküste mit einer Windkraftanlage auf See zusammenstößt.

Der Offshore-Windpark Gode Wind 1 ging 2017 in Betrieb und liegt in einem Bereich der südlichen Nordsee, die den Gesetzen der „Ausschließlichen Wirtschaftszone“ unterliegen. Auch für die Schifffahrt gelten dort eine Reihe von Sondervorschriften.

fDie Nachricht von der Kollision kommt nur wenige Tage, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz die Bedeutung der Nordsee für die Produktion klimafreundlicher Energie in Europa hervorgehoben hatte. „In ganz kurzer Zeit wird die Nordsee noch viel mehr als wir das heute schon wissen, der wichtige Ort der Energieproduktion sein“, sagte der SPD-Politiker zu Beginn der Woche beim Nordseegipfel im belgischen Ostende. (pst mit dpa)