Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat verdeckt zu sexueller Gewalt gegen Kinder im Internet ermittelt – ein Blick in eine dunkle Welt.
93 Verfahren eingeleitetLKA-Ermittler in NRW geben sich als Kinder aus und enttarnen Cybergroomer
Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat verdeckt zu sexueller Gewalt gegen Kinder im Internet ermittelt, nun sind 93 Verfahren eingeleitet worden. „Die Zahlen zeigen deutlich, wie groß und dreckig der Sumpf ist, in dem meine Ermittlerinnen und Ermittler hier fischen“, sagte der Chef des Landeskriminalamts (LKA), Ingo Wünsch.
Mitarbeiter der Behörde hatten sich über zwei Wochen im Internet als Kinder ausgegeben und mit Menschen kommuniziert, die sie teilweise sexuell belästigten oder zu sexuellen Handlungen nötigen wollten.
Cybergrooming: LKA-Mitarbeiter nehmen soziale Netzwerke ins Visier
Die LKA-Mitarbeiter hatten sich bei der aktuellen Aktion vor allem auf das soziale Netzwerk Instagram fokussiert. Wie ein dpa-Reporter bei dem Einsatz beobachtete, betrieben die Spezialisten mehrere Konten gleichzeitig - über die sie als „Scheinkinder“ vor allem mit fremden Männern schrieben.
Früher hat die Polizei sich vor allem in Chatforen bewegt, wo die Täter schon nach Sekunden zur Sache kommen. „Willst du mich nackt sehen?“, fragte im Schutz der Anonymität ein User im zweiten Satz. Für die Aktionswochen haben sich die Ermittler bewusst auch Profile auf Instagram angelegt. Bei dem Netzwerk hat man noch wenig Erfahrung. Schnell wird klar: Hier lassen sich die Täter zwar mehr Zeit als im Chat - aber die Strategien sind genauso.
Aktion gegen Cybergrooming in NRW: „Teilweise geben die sich selber auch als Kinder aus“
„Teilweise geben die sich selber auch als Kinder aus“, so eine Online-Ermittlerin: „Also wenn wir die dann fragen, wie alt bist du denn? Und wir sagen zum Beispiel 11 oder 13, dann schreiben die oft, ja ich auch - oder: Ja, ich bin 15, ist das schlimm? Also es gibt auch welche, die ganz offen schreiben: Ich bin aber schon 48, schlimm?“ Wenn ein Täter tatsächlich ein Nacktfoto schickt oder das „Scheinkind“ zu sexuellen Handlungen auffordert, wird alles gesichert. Dann muss der Verdächtige aus der Anonymität geholt werden.
Ein beteiligte Polizistin betonte: „Das ist nur die Spitze des Eisbergs.“ Und: „Da könnte man Hunderte, wenn nicht Tausende von Menschen mit beschäftigen.“ LKA-Chef Wünsch sagte: „Kein Täter soll sich im Netz je sicher fühlen dürfen.“
Als Cybergrooming wird das gezielte Ansprechen von Kindern im Netz zum Anbahnen sexueller Kontakte bezeichnet. Oftmals findet eine gezielte Manipulation von Kindern und Jugendlichen statt, so geben sich Täter etwa zunächst als freundliche, interessierte Personen aus, um Vertrauen zu gewinnen. Oft können sich diese Kontakte auch über Monate und Jahre anbahnen bis es tatsächlich zur Tat kommt. Ein häufiges Druckmittel gegen Kinder und Jugendliche ist etwa Erpressung mit Hilfe sexualisierter Aufnahmen. Gelegentlich wird Cybergrooming auch als Begriff für sexuelle Belästigung im Internet verwendet. (mab/dpa)