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„Viktorianische Freakshow“Prinz Harry gibt Trauma-Experten Interview – und erntet Spott

Lesezeit 4 Minuten
Prinz Harry schaut ernst.

Der britische Prinz Harry lebt mit seiner Familie in Kalifornien - nicht zuletzt seiner Kinder wegen.

Prinz Harry meldet sich erneut zu Wort. Im Gespräch mit einem Trauma-Experten ging es um das Zerwürfnis mit seiner Familie.

Kaum hat sich die Aufregung um seine Memoiren gelegt, meldet sich Prinz Harry erneut zu Wort – diesmal mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für mehr Offenheit. In einem Online-Interview mit dem kanadischen Trauma-Experten und Autor Gabor Maté betonte der Royal am Wochenende, dass es für Männer immer wichtiger werde, über ihre Gefühle zu sprechen. „In der heutigen Zeit ist es dringender denn je, dass Männer über ihre Gefühle sprechen“, sagte Prinz Harry.

Gesagt, getan. In gemütlicher Atmosphäre im Kaminzimmer gestand Harry: „Ich fühle mich besser als je zuvor“. Er erklärte, dass er diesen Zustand erreicht habe, indem er versucht habe, seine Stärke zu zeigen und gleichzeitig seine Verletzlichkeit zu akzeptieren.

Prinz Harry: Viel verloren, viel gewonnen

„Ich habe viel verloren“, sagte der 38-Jährige über den Abschied aus dem britischen Königshaus. „Aber gleichzeitig habe ich auch viel gewonnen. Meine Kinder so aufwachsen zu sehen, wie sie es jetzt tun, wäre in dem Umfeld dort nicht möglich gewesen“, sagte Harry mit Blick auf seine alte Heimat.

Harry und seine Frau Meghan (41) hatten sich 2020 von den offiziellen Pflichten des Königshauses zurückgezogen und sich in Kalifornien ein neues Leben aufgebaut. Inzwischen hat das Paar zwei Kinder, Archie (3) und Lilibet (1). Mehrere Interviews und Harrys Memoiren, in denen er schwere Vorwürfe gegen das Königshaus erhebt, haben das Verhältnis schwer belastet.

Prinz Harry: Therapie ist wie eine neue Sprache zu lernen

Die Spannungen in seiner Familie kamen im Gespräch mit Maté zur Sprache: Harry erklärte, dass die Aufarbeitung seiner eigenen Lebensgeschichte in Therapiesitzungen für ihn wie das Erlernen einer neuen Sprache gewesen sei. Er merkte aber auch, dass er sich dadurch immer mehr von seiner Familie entfremdete, die diese Sprache nicht beherrschte. Nach der Veröffentlichung seines Buches habe er jedoch ein Gefühl von „unglaublicher Freiheit“ empfunden.

Für Aufmerksamkeit im Palast, der Tausende von Kilometern entfernt liegt, dürfte gesorgt haben, als der Royal während des Gesprächs seine frühere Heimat als „zerrüttetes Zuhause“ bezeichnete. Diese Aussage ließe ihn perfekt als Kandidaten für die Armee erscheinen. Harrys Gesprächspartner Maté analysierte anhand der Erzählungen in seinen Memoiren, dass er in seiner frühen Kindheit emotional vernachlässigt worden sei.

In dem Gespräch, das von seinem Verlag Penguin Random House organisiert wurde, ging Harry auch auf seine Erfahrungen mit Drogen ein, insbesondere auf Experimente mit psychoaktiven Substanzen. Obwohl er diese für sich selbst als hilfreich beschrieb und „enorme Vorteile“ darin sah, warnte Harry auch davor, ohne professionelle Begleitung Ähnliches auszuprobieren. „Man weiß nie, was passiert“, sagte er mit Blick auf die Emotionen und Traumata, die ausgelöst werden könnten.

Eine „Times“-Kommentatorin verspottete das öffentliche Therapiegespräch prompt als „viktorianische Freakshow“, bei der man einen traumatisierten Royal in einer Stunde von einem Rockstar-Therapeuten geheilt sehen konnte.

Darin ließ Harry offen, ob er eine Versöhnung mit seiner Familie derzeit für möglich hält - und ob er die Einladung zur Krönung seines Vaters Charles annehmen will. Eine Sprecherin des Paares sagte der „Times“, es habe einen E-Mail-Kontakt aus dem Palast bezüglich der Krönung gegeben. Eine Entscheidung über die Teilnahme werde aber vorerst nicht bekannt gegeben.

Harry und Meghan: Wird es einen Ölzweig geben?

Erst diese Woche sorgte der Umstand für Aufsehen, dass Harry und Meghan vom Palast aufgefordert wurden, ihren letzten Wohnsitz in Großbritannien – das im Vergleich zu anderen königlichen Anwesen eher bescheidene Frogmore Cottage – zu räumen.

Stattdessen soll dort Berichten zufolge Prinz Andrew einziehen. Der 63-Jährige, der wegen seiner Verstrickung in einen Missbrauchsskandal weitgehend aus der Öffentlichkeit verschwunden ist, muss aus Kostengründen seine wesentlich größere Residenz Royal Lodge verlassen, die sich ebenfalls auf dem Gelände von Schloss Windsor befindet.

Unklar, was Harry und Meghan von Rauswurf halten

Widersprüchliche Berichte gibt es darüber, wie Harry und Meghan auf die Abschiebung reagieren. Während es zunächst hieß, das Paar sei „fassungslos“, berichtete die „Times“ am Wochenende, die beiden könnten mit der Entscheidung leben, da sie ohnehin ihr Zuhause in Kalifornien hätten.

Besuche in der alten Heimat dürfte die Entwicklung verkomplizieren: Harry hatte - bislang vergeblich - mit rechtlichen Schritten dafür gekämpft, bei solchen Anlässen weiterhin Anspruch auf Polizeischutz für sich und seine Familie zu haben. Ob es einen Ölzweig geben wird, ist offen: Die „Mail on Sunday“ will erfahren haben, dass dem Paar Andrews alte Bleibe innerhalb des Buckingham-Palastes für Besuche angeboten werden könnte. (jag mit dpa)