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ZDF-Talk bei „Markus Lanz“Chrupalla prognostiziert bundesweit hohe AfD-Ergebnisse

Lesezeit 4 Minuten
Kann die AfD in Thüringen regieren? Co-Chef Tino Chrupalla sah bei „Markus Lanz“ einen klaren Regierungsauftrag für seine Partei. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Kann die AfD in Thüringen regieren? Co-Chef Tino Chrupalla sah bei „Markus Lanz“ einen klaren Regierungsauftrag für seine Partei. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen lösten bei vielen Menschen Entsetzen aus. Obwohl die AfD stärkste Kraft in Thüringen ist, will niemand mit ihr koalieren. AfD-Co-Chef Chrupalla sieht seine Partei dennoch auf dem Vormarsch und glaubt an ähnliche Wahlergebnisse im Westen.

Es ist die politische Frage, die derzeit alle Parteien außer der AfD umtreibt: Wie erklärt es sich, dass bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen über 30 Prozent der Wähler die AfD gewählt haben? Die in Dresden geborene Schriftstellerin Ines Geipel sagte bei „Markus Lanz“, dass die AfD gezielt mit den Ängsten der Wähler gespielt und „immer schön auf den Frust-Poker“ gesetzt habe, um „hohe Zahlen“ zu erreichen. Geipel warnte weiter, dass die AfD bewusst die Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland vorangetrieben habe, denn: „Das ist ja die Geschäftsidee der AfD im Grunde.“

Mit BSW-Politiker Fabio De Masi stritt Markus Lanz über die Energiepolitik der Bundesregierung. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Mit BSW-Politiker Fabio De Masi stritt Markus Lanz über die Energiepolitik der Bundesregierung. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Journalist Martin Machowecz sah dies skeptisch, denn er merkte an: „Die, die AfD wählen, sind die Jüngeren - sind die, die im Zweifel gar keine DDR-Erfahrung mehr haben.“ Der „ZEIT“-Vize fügte hinzu, dass er deshalb eine „deutlich vielschichtigere“ Motivlage in Bezug auf die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen sehe. Laut Machowecz sei es nicht nur „ein ostdeutsches Problem“, sondern „wir haben gerade ein Ergebnis, das sich halt auch aus handfesten politischen Problemen speist.“

Auch der AfD-Co-Vorsitzende, Tino Chrupalla, äußerte sich am Mittwoch zum Wahlerfolg seiner Partei und prognostizierte ähnliche Ergebnisse in weiteren Bundesländern: „Der Osten ist im Prinzip das Thermometer der Bundesrepublik Deutschland.“ Als Grund für den Erfolg seiner Partei nannte Chrupalla die Existenzängste vieler Bürger, die aufgrund der „aktuellen Politik der Bundesregierung“ um ihr Hab und Gut bangen müssten. BSW-Politiker Fabio De Masi konterte darauf, dass die AfD diesen Menschen mit ihrem Programm nicht wirklich helfen könne und den Wählern stattdessen etwas vormache. „Sie würden denen ganz schnell die Hosen runterziehen“, so De Masi.

Lieferten sich bei „Markus Lanz“ Wortgefechte: AfD-Co-Chef Tino Chrupalla und BSW-Politiker Fabio De Masi. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Lieferten sich bei „Markus Lanz“ Wortgefechte: AfD-Co-Chef Tino Chrupalla und BSW-Politiker Fabio De Masi. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

BSW-Politiker Fabio De Masi bei „Markus Lanz“: „Ich finde es grundfalsch, wenn man alle AfD-Wähler in einen Topf steckt“

Tino Chrupalla schüttelte entschieden mit dem Kopf und stellte klar, dass der Wille der Wähler in Thüringen und Sachsen nicht ignoriert, sondern vielmehr in der Regierung „abgebildet sein sollte und muss“. Markus Lanz nahm dies zum Anlass, über mögliche Koalitionen zu sprechen und fragte Fabio De Masi, ob er sich eine Zusammenarbeit mit der AfD vorstellen könne. Der BSW-Politiker wiegelte ab und sagte, dass er „nicht mit einer Partei regieren“ werde, die „in Teilen völkisches, auch rassistisches Gedankengut“ vertrete. Dennoch machte er im Gespräch mit Lanz deutlich, „dass die Auseinandersetzung mit der AfD inhaltlich erfolgen“ müsse. De Masi ergänzte: „Ich finde es grundfalsch, wenn man alle AfD-Wähler in einen Topf steckt und sagt, das sind alles Rechtsextremisten. Das habe ich immer falsch gefunden.“ Ähnlich falsch sei es laut De Masi auch, sich permanent an der AfD abzuarbeiten, da man der Partei damit einen Gefallen tue.

Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz (links) mit AfD-Co-Chef Tino Chrupalla (zweiter von links), BSW-Politiker Fabio De Masi (Mitte), Schriftstellerin Ines Geipel und Journalist Martin Machowecz. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Am Mittwochabend diskutierte Markus Lanz (links) mit AfD-Co-Chef Tino Chrupalla (zweiter von links), BSW-Politiker Fabio De Masi (Mitte), Schriftstellerin Ines Geipel und Journalist Martin Machowecz. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Dennoch ließ es sich Markus Lanz nicht nehmen, näher auf AfD-Politiker Björn Höcke einzugehen, der in der Vergangenheit immer wieder mit skandalösen Äußerungen von sich reden machte. „Wie stehen Sie zu ihm?“, wollte Lanz von Chrupalla wissen. Der Co-Vorsitzende der Partei nannte Höcke daraufhin nüchtern einen Parteikollegen, „mit dem ich ein gutes Verhältnis habe“. Statt Höcke zu kritisieren, lobte Tino Chrupalla mehrmals den erfolgreichen Wahlkampf seines Kollegen und versicherte im Gespräch mit Markus Lanz: „Natürlich werden wir allen Parteien, die es gut mit Thüringen und Sachsen meinen, Gesprächsangebote machen.“ Der ZDF-Moderator hakte daher interessiert nach, ob eine Koalition mit der CDU vorstellbar wäre. Tino Chrupalla reagierte schwammig und sagte, dass es Gespräche geben müsse, um zu sehen, wo Schnittmengen lägen. Aber „sicherlich gibt es einige“, so der AfD-Politiker.

Martin Machowecz bei „Markus Lanz“: „Die CDU wäre völlig wahnsinnig, wenn sie eine Koalition mit der AfD in Erwägung ziehen würde“

Journalist Martin Machowecz hielt entschieden dagegen und konterte: „Die CDU wäre völlig wahnsinnig, wenn sie jetzt eine Koalition mit der AfD in Erwägung ziehen würde.“ Laut des Journalisten gebe es für die AfD auch mit über 30 Prozent der Stimmen „kein Recht auf Regieren.“ Tino Chrupalla ließ sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen und behauptete, CDU-Mann Michael Kretschmer habe bereits in Sachsen „einen Wahlkampf gemacht mit AfD-Themen“, indem er sich kritisch zum Ukrainekrieg und der Stationierung von Langstreckenraketen geäußert hatte.

Lanz reagierte überrascht: „Haben Sie Copyright auf bestimmte Themen?“ Chrupalla wiegelte zwar ab, stellte aber gleichzeitig klar: „Er hat eine komplett andere Linie gefahren (...) als Herr Merz oder Herr Kiesewetter.“ Ein Argument, das Lanz nicht überzeugen konnte: „Das darf er ja! Merz hat ihn offensichtlich ähnlich wenig im Griff wie Sie den Höcke.“ Chrupalla reagierte schmunzelnd: „Wir sind erwachsene Menschen. Es braucht doch niemand den anderen im Griff haben.“ (tsch)