Donald Trump der 47. Präsident der USA. Was bedeutet das für Deutschland? Dazu blicken Louis Klamroth und seine Gäste bei „Hart aber fair“ in die Glaskugel.
Trump-Talk in der ARDApplaus im Studio, als Moderator Klamroth Kritik von Gästin erntet
Lange, nämlich ganze 24 Minuten und 43 Sekunden, hatte Schriftstellerin Juli Zeh der Diskussion zugehört. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), dem verteidigungspolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion Rüdiger Lucassen, Creative Director und Deutsch-Amerikaner Thomas Hayo und „Der Spiegel'-Autor Markus Feldenkirchen debattierten über die Angelobung von Donald Trump sowie die Folgen für Deutschland zu debattieren.
Dann jedoch platzte der Schriftstellerin, die zu den Stammgästen bei „Hart aber Fair“ gezählt werden kann, der Kragen: „Wir reden über einen chauvinistischen Präsidenten, der einen chauvinistischen Wahlkampf geführt hat - und Sie reden eine Viertelstunde nur mit den Herren!“, beschwerte sie sich bei Moderator Louis Klamroth.
„Anders als die anderen schaffen Sie es, in aller Kürze ...“, versuchte sich der, mit Schmeicheleien aus der sichtlich peinlichen Situation herauszuwinden. Mehr hatte es nicht gebraucht: „Ach, jetzt soll ich auch noch kürzer sein als alle anderen“, empörte sich Zeh und erntete für ihre Schlagfertigkeit Applaus aus dem Publikum. Und selbst die männlichen Gäste in der Runde mussten schmunzeln.
Warum Rechtspopulisten in den USA und weltweit auf dem Vormarsch wären, wollte Klamroth von Zeh wissen. „Das ist mal eine gute Frage“, lobte die Verfassungsrichterin des Landes Brandenburg, „über die könnte ich die letzten 40 Minuten reden.“
Tat sie dann aber nicht, sondern brachte – Klamroth hatte nicht zu viel von ihr erhofft – ihre Analyse kurz und knapp auf den Punkt: Es läge offenbar nicht an der Ampelkoalition oder den „demokratieunfähigen Ostdeutschen“, sondern wäre eine Gegenbewegung von zehn bis 15 Jahren Globalisierung, in denen das Gefühl der Ungerechtigkeit entstanden wäre. Auch wenn die einfachen Antworten der Rechten den Benachteiligten nicht helfen würden, deren Ego und Stolz würden sie ihnen sehr wohl zurückgeben.
Markus Feldenkirch: „Was bei Trump funktioniert, ist, wenn man ihn lobt“
Vom Ego und Stolz war dann auch in Bezug auf Donald Trump die Rede. Der bezeichnete sich am Montag als von Gott gesandter Erlöser, der das Land aus dem Verderben herausführen werde. Trump Amtseinführung sei eine „würdige Veranstaltung gewesen, die die Amerikaner mit Stolz erfüllen kann“, wünschte sich Rüdiger Lucassen von der AfD für Deutschland (“nicht für Scholz, aber es gibt andere Möglichkeiten, die dem Land gut täten“) eine ähnlich würdige Feier. Generell wäre die Wahl Trumps „gut für die Amerikaner und für Europa“, schwärmte er, „er setzt Zeichen, an denen wir uns orientieren können.“
Dass der AfD-Parteivorsitzendr Tino Chrupalla genauso zur Inauguration nach Washington geladen war wie etwa die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, kam für Markus Feldenkirch nicht überraschend: „Donald Trump emanzipiert sich und sucht sich seine politischen Freunde aus“, erkannte er eine „Bro-Kultur“.
„Was bei Trump - so primitiv und einfach es ist - funktioniert, ist, wenn man ihn lobt. Wenn man sagt, 'Ihre Haare sind richtig schön', merkt er sich das“, sah der Journalist darin ein Versäumnis des Bundeskanzlers Olaf Scholz. „Eine nette Äußerung über sein Äußeres hätte der deutschen Bundesregierung mehr gebracht als jede Analyse. Das klingt nach Infantilisierung, aber ich fürchte, komplexer wird es nicht mehr.“
Noch-Bundesgesundheitsminister Lauterbach sah dies anders: „Dazu kommt es nicht, dass ich mich zum Affen mache und seine psychische Gesundheit lobe oder sage, wie schlank und sportlich sind Sie“, wies Lauterbach solche Methoden weit von sich. „Es ist schlimm genug, dass in den USA die Bevölkerung jeden Tag belogen wird. Wir wollen damit nicht auch noch anfangen“, erntete er Applaus aus dem Publikum. Es sei der Vorzug „unseres Systems, dass politischer Einfluss und Medienmacht nicht käuflich und noch immer das Ergebnis einer guten Debatte“ seien, lehnte er es zudem „extrem altmodisch“ ab, dass Tech-Milliardär Elon Musk Donald Trump finanziell unterstützt hatte.
Ist Wahl Trumps ein „Weckruf, dass wir radikale Reformen brauchen“?
Der Aufschrei darüber, dass Elon Musk Wahlwerbung für die AfD und deren Spitzenkandidatin Alice Weidel betrieben hätte, sei „ein wunderbares Beispiel, wie sich die Berliner Bubble empört“, gefiel Sarna Röser (Unternehmerin, Zementrohr- und Betonwerke Karl Röser & Sohn GmbH) diese Doppelmoral gar nicht.
Schließlich hätten auch Deutsche Medien und Politiker die demokratische Kandidatin Kamala Harris unterstützt. Jetzt müsste man die Entscheidung des US-amerikanischen Volkes akzeptieren und respektieren. „Es besorgt mich am meisten, dass wir (...) in dieser Sendung sitzen und uns lustig machen“, sagte sie. „Kein Wunder, wenn wir nicht zur Party geladen sind, wenn man sich über den Menschen lächerlich macht.“
Wichtiger sei es, sich mit der Gegebenheiten zurecht und pragmatische Antworten zu finden. Röser mahnte: Das, was in den USA passiere, sollte man als Weckruf erkennen, „dass wir radikale Reformen brauchen“. Das gelte sowohl für die Standortpolitik in Deutschland und Europa als auch für die eigene Verteidigung.
Juli Zeh: „Bashing und Degradieren holt Leute nicht ins Boot“
Wie Röser plädierte auch Juli Zeh für das Unterlassen von „Bashing und Degradieren“: „Das holt Leute nicht ins Boot, das führt zum Gegenteil“, warnte sie erneut vor einem Erstarken rechter Parteien. Dann traue man Menschen wie Trump oder Musk, „die autokratisch auftreten, mehr als dem demokratischen Prozess“. Dazu dürfte es nicht kommen, es bräuchte eine Gegenerzählung: „Wer hat Ideen, wo ist das Gegengift?“, warf sie in die Runde.
Ein solches hatte Thomas Hayo zwar nicht parat, er beendete die düstere Debatte aber mit einem Funken Hoffnung. „Was wünschen Sie sich für Ihre Wahlheimat Amerika?“, stellte ihm Louis Klamroth „eine große Frage“. „Dass ich mit meinen Befürchtungen falsch liege“, seufzte dieser, „dass wir uns nicht in weitere Isolation treiben lassen, sondern ein Miteinander für eine bessere Zukunft möglich ist.“ (tsch)