Vor zehn Jahren verstarb Udo Jürgens. Hier finden Sie elf Lieder, die neben seinen großen Hits besonders herausragend waren.
ARD-Gala mit Promis11 besondere Lieder von Udo Jürgens zur Erinnerung
Udo Jürgens, eine Legende der deutschsprachigen Musik, wäre am 30. September 90 Jahre alt geworden. Drei Monate später, am 21. Dezember, jährt sich darüber hinaus sein Todestag zum zehnten Mal. Sein musikalisches Erbe lebt weiter, und zu diesem besonderen Anlass wurde ein bisher unveröffentlichtes Lied herausgebracht.
Das posthum veröffentlichte Lied „Als ich fortging“ hat bereits eine bemerkenswerte Resonanz erfahren (über 500.000 Aufrufe des Videos auf YouTube) und zeigt, dass das Werk von Udo Jürgens auch zehn Jahre nach seinem Tod noch eine tiefe Verbindung zu seinem Publikum herstellt. Wir haben uns das Lied angehört und für Sie zehn weitere Songs zum Wiederentdecken ausgewählt – angelehnt an seine Albumreihe „Lieder, die im Schatten stehen“.
„Als ich fortging“ aus „Udo 90“ (1985)
Unveröffentlichten Songs von verstorbenen Künstlern haftet oft das Stigma des Überbleibsels an. Songs, die man irgendwo noch hervorzaubert, weil man unbedingt etwas Neues bieten will. Nicht so die romantische Klavierballade „Als ich fortging“, die in den Archiven eines Plattenlabels entdeckt wurde. Das Kleinod, das im Rahmen des Albums „Treibjagd“ entstand, erzählt von einem wehmütigen Abschied und wirkt zugleich wie eine späte, vielleicht zu späte Bitte um Versöhnung. Der Text stammt von Michael Kunze (80), der auch für Jürgens' Hits wie „Griechischer Wein“ oder „Ich war noch niemals in New York“ verantwortlich zeichnete. Welch ein Fund!
„Du lebst in dieser Stadt“ aus „Udo“ (1968)
Es gibt einige Originalalben von Udo Jürgens, die erst in den vergangenen Monate das digitale Zeitalter erreicht haben, so auch das Frühwerk „Udo“ von 1968. Ein Highlight daraus ist diese flockig-melodische Perle, die in ihrer klanglich engagierten Begleittechnik an Bachs Weihnachtskantate „Gloria in excelsis Deo, BWV 191“ erinnert. Davon gibt es auch einen schönen Ausschnitt aus seiner ZDF-Sendung „Udo und seine Musik“ von 1969 auf YouTube.
„Der Schuft“ aus „Meine Lieder 2“ (1976)
Joachim Heider versorgte in den 1970er Jahren viele Schlagerstars mit Disco-Rhythmen, allen voran Marianne Rosenberg („Er gehört zu mir“, „Lieder der Nacht“) oder Su Kramer („You've Got the Power“), mit der er sogar in die amerikanischen Disco-Charts kam. Für Jürgens produzierte er diesen subtilen Disco-Schleicher, der im cleveren Text à la Jekyll & Hyde sowohl den charmanten Kavalier als auch den gerissenen Aufreißer mit Flüstereinlage gab. Wie Jürgens selbst gerne erzählte, schöpfte er aus einem reichen Fundus an Erfahrungen. Stark ist auch das Sax-Solo am Ende von Leo Wright.
„Weisst Du, wie krank Dich Liebe machen kann?“ aus „Meine Lieder '77“ (1977)
„Meine Lieder '77“ gehört zu seinen schönsten Alben der 70er Jahre. Es enthält einige seiner besten Balladen aus dieser Zeit. Sowohl Musik als auch Text dieser depressiven Komposition stammen aus dem Hause Jürgens, der hier ganz große Gefühlsgeschütze auffährt: „Weißt du, wie krank dich Liebe machen kann? Du scheinst im Glück, schon starrt die Einsamkeit dich an. So wie ein Sturm, den tobend niemand halten kann. Gefangen in der Not. So wie ein Sterben ohne Tod.“
„Was wichtig ist“ aus „Mit 66 Jahren (was wichtig ist...)“ (2000)
Udo Jürgens am Klavier war ein Garant für Gänsehaut, so auch bei dieser Ballade, die als Titelstück aus seinem Millennium-Album stammt. Die klassische Klaviermelodie erinnert an seine schönsten Lieder aus den 60er und 70er Jahren. Wieder einmal trifft er mit einer zeitlosen Aussage den Nagel auf den Kopf: „Was wichtig ist, das ist nicht, was du hast. Nicht ob dein Leben andern Leuten passt.“
„Auf der Straße der Vergessenheit“ aus „Zeig mir den Platz an der Sonne“ (1971)
Eine Perle der 70er Jahre über historische Ereignisse, Personen und kulturelle Ikonen, die im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten sind. Jürgens reflektiert darüber, dass alles, was heute Ruhm und Glanz besitzt, irgendwann unweigerlich verblasst und nur noch stummer Zeuge einer vergangenen Epoche ist.
Es ist eine melancholisch-philosophische Betrachtung über den unvermeidlichen Lauf der Zeit, die neben Napoleon und Casanova auch legendäre deutsche Künstlerinnen wie die Knef oder die Dietrich, das „Brot der Welt“, aber auch das letzte „Sieg heil“ des Reichsparteitages umfasst. Das war für Schlagerfans schwer zu schlucken, aber Jürgens war das egal, und seiner Karriere haben unbequeme Themen ja auch nicht geschadet, siehe „Ehrenwertes Haus“ oder „Gefeuert“.
„Verlangt ihr nicht zuviel?“ aus „Meine Lieder '77“ (1977)
Nachdenklich stellt Jürgens in dieser Ballade fest, dass nicht jedes Lied ein politisches Manifest, ein Kampfaufruf oder ein revolutionäres Statement sein muss. Er plädiert dafür, dass Musik auch einfach Freude bereiten, Liebe wecken und sanfte Kritik üben darf, ohne belehrend zu sein. Das Lied ist eine Hommage an die Vielseitigkeit der Musik, die auch ohne großen Anspruch tief berühren und unterhalten kann, im Spannungsfeld großer Unterhaltungskünstler wie Reinhard Mey, James Last, Udo Lindenberg oder Salvatore Adamo.
„Morgen weht ein anderer Wind“ aus „Meine Lieder“ (1974)
Das Lied „Morgen weht ein anderer Wind“ spiegelt noch einmal die Unbeständigkeit des Lebens wider. In der metaphorischen Erzählung stehen eine Rose und ein Apfel für die schönen, aber vergänglichen Dinge des Lebens, die plötzlich vom „Wind“ – symbolisch für Veränderungen oder Schicksalsschläge – weggeweht werden. Das Lied vermittelt die Botschaft, sich nicht zu sehr auf den Augenblick zu verlassen, denn schon morgen kann alles anders sein.
„Ich sah nur sie“ aus „Willkommen in meinem Leben“ (1981)
Nach so viel schwerer Kost erinnern wir an dieser Stelle auch an eine fast vergessene Single aus dem Jahr 1981, die nun durch „Udo 90“, eine neue 5 CDs starke Sammlung von 90 seiner Singles, wieder zum Leben erweckt wird. Hier zeigte sich der Meister noch einmal von seiner schlageresken Seite, allerdings mit ungewohnt hohen Tönen. Wie souverän er diese beherrschte, kann man im Clip bewundern, als man in Shows wie dem „Musikladen“ noch live singen musste.
„Die Leichtigkeit des Seins“ aus „Es lebe das Laster“ (2002)
Noch ein kleines Highlight aus seinem Spätwerk, das ein Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit vermittelt, wie an den seltenen klaren Tagen, an denen man mit der Welt im Einklang ist. Das Lied vermittelt eine träumerische, schwerelose Atmosphäre, in der die Sorgen des Alltags verschwinden und nur das Hier und Jetzt zählt. Es geht um Momente, in denen man alles hinter sich lassen kann, frei atmet und das Leben leicht und grenzenlos erscheint. Die „Leichtigkeit des Seins“ symbolisiert diese seltenen Momente innerer Freiheit und Harmonie.
„Nur einen Sommer lang“ aus „Meine Lieder '77“ (1977)
Bei so vielen Liedern – nach eigenen Angaben über 1.000 – hatte Jürgens für jede Stimmung und Jahreszeit den passenden Titel. Für unseren Abschluss haben wir deshalb ein Lied ausgewählt, das den scheidenden Sommer und den beginnenden Herbst perfekt einfängt. Ein wunderschönes Lied über die vergängliche Liebe und das Ende des Sommers als Metapher für eine Beziehung. Die lyrische Stimmung ist von einem Gefühl des Verlustes geprägt, während der Protagonist den Abschied des Sommers und die zerbrochenen Träume beklagt.
Zum 90. Geburtstag ist die fünf CDs umfassende Sammlung „Udo 90“ mit allen Singles und Hits erschienen. Die ARD plant eine große Musikshow und Dokumentation, die Ende Dezember zur Primetime ausgestrahlt werden soll. Die Show „Udo Jürgens Forever. Die Show zu seinem 90. Geburtstag“, moderiert von Michelle Hunziker und Sasha, ist eine Eurovisions-Sendung und eine Koproduktion von BR, SRF und ORF.