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Rechtsextreme als VorbilderWas der Terror-Schüler aus Essen in sein Tagebuch schrieb

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Einsatzfahrzeuge stehen vor dem Don-Bosco-Gymnasium in Essen.

Essen – Ihn trieb offenbar ein unbändiger Hass an. Mit selbstgebastelten Sprengkörpern und anderen Waffen wollte er laut Bundesanwaltschaft so viele Lehrer und Mitschüler seines Gymnasiums in Essen töten, wie möglich. In seiner Kladde hatte der 16-jährige Zehntklässler ein Hakenkreuz eingezeichnet, das die Zahl 1488 einrahmte. Die Ziffer steht für den rechtsextremen Code 14 aus den USA, in dem vom Schutz „unseres Volkes und der weißen Kinder“ die Rede ist. Die 88 gilt als Synonym für „Heil Hitler“.

Der Teenager hatte sich offenbar übers Internet zunehmend radikalisiert. Zu seinen Vorbildern gehörten laut aufgefundenen Schriftstücken und Dateien der norwegische Massenmörder Anders Breivik und der rechtsextreme Terrorist Brenton Tarrant, der in zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch ein Massaker mit 51 Toten verübte.

Nach der Festnahme am frühen Morgen des 13. Mai in seinem Kinderzimmer, kam der Gymnasiast in Untersuchungshaft. Dort wird er auch bis auf Weiteres bleiben. Vor einigen Tagen erneuerte ein Richter des Bundesgerichtshofes den Haftbefehl. Dies bestätigte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nach ihren Angaben „haben sich die Vorwürfe allerdings nicht geändert“. Es geht um den Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nebst Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz.

Ermittler fahnden nach Mitwissern

Nach wie vor untersuchen die Staatsschützer das Umfeld des Schülers, der es von der Realschule auf das katholische Don-Bosco-Gymnasium schaffte und hier gute Noten erzielte. Wie es in Ermittlerkreisen heißt, fahndet man immer noch nach etwaigen Mitwissern. Kurz nach dem vereitelten Anschlag fiel der Verdacht auf einen 18-jährigen Mitschüler. Mit ihm soll sich R. über Waffen ausgetauscht haben. Allerdings scheint der Anfangsverdacht einer Komplizenschaft ausgeräumt. Längst befindet sich der junge Mann wieder auf freiem Fuß.

Beratung und Seelsorge in schwierigen Situationen

Kontakte | Hier wird Ihnen geholfen

Wir gestalten unsere Berichterstattung über Suizide und entsprechende Absichten bewusst zurückhaltend und verzichten, wo es möglich ist, auf Details. Falls Sie sich dennoch betroffen fühlen, lesen Sie bitte weiter:

Ihre Gedanken hören nicht auf zu kreisen? Sie befinden sich in einer scheinbar ausweglosen Situation und spielen mit dem Gedanken, sich das Leben zu nehmen? Wenn Sie sich nicht im Familien- oder Freundeskreis Hilfe suchen können oder möchten – hier finden Sie anonyme Beratungs- und Seelsorgeangebote.

Telefonseelsorge

Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichen Sie rund um die Uhr Mitarbeiter, mit denen Sie Ihre Sorgen und Ängste teilen können. Auch ein Gespräch via Chat ist möglich. telefonseelsorge.de

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Das Angebot des Vereins "Nummer gegen Kummer" richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche, die in einer schwierigen Situation stecken. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter 11 6 111 oder 0800 – 111 0 333. Am Samstag nehmen die jungen Berater des Teams "Jugendliche beraten Jugendliche" die Gespräche an. nummergegenkummer.de.

Muslimisches Seelsorge-Telefon

Die Mitarbeiter von MuTeS sind 24 Stunden unter 030 – 44 35 09 821 zu erreichen. Ein Teil von ihnen spricht auch türkisch. mutes.de

Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention

Eine Übersicht aller telefonischer, regionaler, Online- und Mail-Beratungsangebote in Deutschland gibt es unter suizidprophylaxe.de

Beratung und Hilfe für Frauen

Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen" ist ein bundesweites Beratungsangebot für Frauen, die Gewalt erlebt haben oder noch erleben. Unter der Nummer 08000 116 016 und via Online-Beratung unterstützen werden Betroffene aller Nationalitäten rund um die Uhr anonym und kostenfrei unterstützt.

Psychische Gesundheit

Die Neurologen und Psychiater im Netz empfehlen ebenfalls, in akuten Situationen von Selbst- oder Fremdgefährdung sofort den Rettungsdienst unter 112 anzurufen. Darüber können sich von psychischen Krisen Betroffene unter der bundesweiten Nummer 116117 an den ärztlichen/psychiatrischen Bereitschaftsdienst wenden oder mit ihrem Hausarzt Kontakt aufnehmen. Außerdem gibt es in sehr vielen deutschen Kommunen psychologische Beratungsstellen.

Immer wieder beschäftigte sich der beschuldigte Jugendliche mit Amokläufen an Schulen in den USA. So hoffte er, die zwölf Opfer beim Todeslauf an der Columbine High School mit mehr „Kills“ zu übertreffen. Bei der Durchsuchung fand sich ferner eine Datei mit der Überschrift „Massaker DBSG“ (Don-Bosco-Gymnasium), in der R. seine Anschlags-Pläne schilderte. In einer Kladde hetzte der Rechtsextremist gegen Schwarze und Muslime, denen er die totale Vernichtung wünschte.

Geplanter Todestag als bester seines „Scheiß-Lebens“ bezeichnet

Andere Zeilen deuten auf eine labile Persönlichkeit hin. Der Tag seines Todes wäre der beste seines „Scheiß-Lebens“. Die Ermittler deuten dies als Hinweis auf einen erweiterten Suizid nach dem Anschlag. Offenbar litt der 16-Jährige unter erheblichen psychischen Problemen, die ihn auf den Gedanken brachten, einen Amoklauf an seiner Schule zu begehen. Über die Hintergründe könnte nach Informationen dieser Zeitung ein weiterer Fund Aufschluss geben: ein gut 150-seitiges Tagebuch, das sich inzwischen auf seinem PC fand. Die Word-Datei wird derzeit analysiert, um den Weg vom ehemaligen Musterschüler hin zum Neo-Nazi nachzuvollziehen.

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Demnächst soll der Beschuldigte durch einen forensischen Jugendpsychiater begutachtet werden. Sein Verteidiger Andreas Wieser hofft, dass sein Mandant bald „eine Perspektive erhält, um wieder in die Gesellschaft integriert werden zu können".