Eine japanische Behörde veröffentlicht neue Informationen zu den letzten Sekunden vor der Kollision am Flughafen Tokio-Haneda. Der Tower gerät unter Druck.
Airbus A350 ausgebranntSchwere Vorwürfe gegen Fluglotsen nach Katastrophe von Tokio – Piloten äußern sich
Nach der verheerenden Flugzeugkatastrophe am Flughafen Tokio-Haneda hat das japanische Verkehrsministerium neue Details zur möglichen Ursache veröffentlicht. Audioaufnahmen der letzten Kommunikation zwischen dem Flughafentower, dem Airbus A350 und einem Flugzeug der japanischen Küstenwache setzen vor allem die Fluglotsen unter Druck.
Erste Auswertungen der Audioaufnahmen und Transkripte belegen, dass es offenbar ein Missverständnis zwischen dem Tower und der Bombardier DHC-8 der japanischen Küstenwache gab, die vom Airbus A350 von Japan Airlines getroffen wurde. Zudem war offenbar eine wichtige Ampel unmittelbar neben der Unfallstelle nicht eingeschaltet.
Flugzeugkatastrophe von Tokio: Schwere Vorwürfe gegen Fluglotsen nach Kollision von Airbus A350
Der Airbus A350 von Japan Airlines mit der Flugnummer JL516 hatte rund zweieinhalb Minuten vor dem schweren Zusammenstoß mit der Bombardier DHC-8 der japanischen Küstenwache die Landerlaubnis für die Landebahn 34R erhalten. Das belegen Transkript und Audioaufnahmen, die vom japanischen Verkehrsministerium am Mittwoch veröffentlicht wurden.
Parallel dazu wurde die Bombardier DHC-8, Flugnummer JCG 722A, angewiesen, am Haltepunkt C5 neben der Landebahn des Airbus A350 zu warten. Die Haltepunkte sind Buchten zwischen Landebahnen, um Flugzeuge auf dem Boden vor startenden und landenden Flugzeugen zu schützen, bis diese selbst eine Starterlaubnis erhalten. Über die Anweisung gab es allerdings offenbar Unklarheiten.
Neue Details zu Flugzeug-Zusammenstoß in Tokio: Audioaufnahmen zeigen Chaos vor Katastrophe
Demnach bestätigte die Bombardier DHC-8 zunächst, dass sie die Anweisung verstanden habe und an Haltepunkt C5 warten würde. So steht es zwar im Transkript, die Audioaufnahme zeigt allerdings ein anderes Bild. Dort wechseln Fluglotsen und die Besatzung der japanischen Küstenwache zwischen Japanisch und Englisch, es gibt Unklarheiten über den genauen Haltepunkt der Maschine.
Da zudem eine Rot-Ampel am Haltepunkt C5 zum Zeitpunkt der Katastrophe nicht aktiv war, ging der Pilot der Propellermaschine davon aus, dass er auf die Start- und Landebahn fahren dürfe. Zunächst hatte CNN darüber berichtet. Die letzte Kommunikation fand zwei Minuten vor dem Zusammenstoß statt. Laut ersten Ermittlungsergebnissen landete der Airbus A350 offenbar auf der Bombardier DHC-8.
Airbus A350 völlig ausgebrannt: Vorwürfe gegen Tower am Flughafen Tokio-Haneda – Transkript wirft Fragen auf
Auf der linken Seite des Passagierflugzeugs bildete sich ein riesiger Feuerball, den andere Flugzeuge weit über das Rollfeld sehen konnten und auch an den Tower meldeten. Laut Angaben von Japan Airlines erklärten die drei Piloten des Airbus A350, sie hätten keinen Sichtkontakt zum anderen Flugzeug gehabt. Bei dem Zusammenstoß starben fünf der sechs Insassen der Bombardier DHC-8, der Pilot wurde lebensgefährlich verletzt.
Die Besatzung des Airbus A350 leitete dagegen eine Evakuierung ein, binnen 90 Sekunden wurden die Passagiere informiert und anschließend mit einer Notrutsche aus dem Flieger gebracht. Die Crew im Cockpit hätte den Feuerball am linken Triebwerk allerdings zunächst gar nicht bemerkt, sondern nur einen deutlichen Schlag gespürt. An Bord waren laut Angaben von Japan Airlines 367 Passagiere und zwölf Crewmitglieder, die regelmäßig für solche Evakuierungen geschult werden.
Flugzeugkatastrophe in Tokio: Experten kritisieren Tower nach Feuerball an Airbus A350
Mehrere Flugzeugexperten kritisierten das Vorgehen der Fluglotsen im Tower von Tokio-Haneda scharf. Der Wechsel von Englisch zu Japanisch sei angesichts der klaren internationalen Vorgaben im Flugverkehr unüblich, einige Stellen nannten das Vorgehen unprofessionell.
Einige Analysten bemängelten zudem die falsche Verwendung von Fachbegriffen, die Fehler könnten allerdings auch bei der Übersetzung des Transkripts aus dem Japanischen ins Englische entstanden sein. Die japanischen Ermittler gehen nach ersten Auswertungen der Daten davon aus, dass eine Folge von Kommunikationsfehlern zwischen Tower und der Besatzung von Flug JCG 722A die Katastrophe verursacht hat.
Airbus A350 ausgebrannt: Französische Ermittler nach Katastrophe in Tokio eingeschaltet
Ingenieure des französischen Flugzeugbauers Airbus sollen am Donnerstag in Tokio eintreffen, um das ausgebrannte Wrack des Airbus A350 zu untersuchen. Hinzu kommen Ermittler der französischen Polizei. Dies ist nicht unüblich, da bei Flugzeugunfällen stets die Behörden im Land des Flugzeugbauers informiert und eingeschaltet werden müssen.
Der Airbus A350 von Japan Airlines war erst im September 2021 in Dienst gestellt worden und hatte überwiegend japanische Inlandsflüge zwischen Tokio, Sapporo oder Fukuoka übernommen. Zuvor hatte es keinerlei Zwischenfälle mit dem Passagierflugzeug gegeben, das zum Zeitpunkt der Katastrophe nahezu vollbesetzt war. (shh)