Totes Kita-Kind GretaKeine Strafen für Ex-Einrichtungen der verdächtigen Erzieherin
Düsseldorf – Nach dem mutmaßlichen Mord an einem dreijährigen Mädchen in einer Viersener Kita müssen die früheren Einrichtungen der verdächtigen Erzieherin keine Strafen befürchten. Die Kitas, in denen es vor der Tat bereits zu Notfällen gekommen war, hätten diese zwar nicht gemeldet und damit ihre Pflichten verletzt, sagte der Leiter des LVR-Landesjugendamtes, Lorenz Bahr, am Donnerstag im Familienausschuss des NRW-Landtages. Da die Einrichtungen aber von medizinischen Vorerkrankungen bei den betroffenen Kindern ausgegangen seien, hätten sie nicht vorsätzlich gehandelt. Auch die Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben bislang nicht gegen Dritte.
Die 25-jährige Erzieherin soll die dreijährige Greta in einer Kita in Viersen heimtückisch ermordet haben. Ermittler gehen davon aus, dass sie versuchte, das schlafende Kind zu ersticken. Das Mädchen war am 21. April von einem Notarzt wegen Atemstillstands aus dem Kindergarten ins Krankenhaus gebracht worden. Am 4. Mai starb es dort. Rechtsmediziner fanden Spuren, die auf Gewalteinwirkung hindeuteten.
Auch in Kempen, Krefeld und Tönisvorst gab es Notfälle und Notarzteinsätze
Auch in drei weiteren Kitas in Kempen, Krefeld und Tönisvorst, in denen die Tatverdächtige zuvor gearbeitet hatte, gab es Notfälle und Notarzteinsätze. Keiner der Träger hatte das zuständige Landesjugendamt über die Vorkommnisse informiert. Niemand, auch nicht die hinzugezogenen Ärzte, sei auf die Idee gekommen, dass die dokumentierte Atemnot durch Fremdeinwirken ausgelöst worden sein könnte, sagte Bahr.
Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach am Donnerstag sagte, sind die Ermittlungen gegen die Verdächtige noch nicht abgeschlossen.
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Als Konsequenz aus dem Viersener Kita-Fall sollen Jugendämter künftig auch von Staatsanwaltschaften schon bei frühen Verdachtsmomenten auf eine Gefährdung von Kindeswohl informiert werden. Das sieht eine am Dienstag vom NRW-Kabinett beschlossene Bundesratsinitiative vor. Damit soll die Datenweitergabe künftig erleichtert und die bisher hohe Schwelle für Meldungen abgesenkt werden.
„Das private Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung muss zurücktreten, wenn es um den Schutz der Kinder und Jugendlichen geht“, teilte Justizminister Peter Biesenbach (CDU) mit. Bislang ist die Übermittlung personenbezogener Daten nur zulässig, wenn aus Sicht der Staatsanwaltschaften oder Gerichte Minderjährige „erheblich“ gefährdet sind.
Landesjugendamt kritisiert fehlende Vorschriften für Kinderschutzkonzepte
Im Fall Greta hatte die Staatsanwaltschaft bei älteren Ermittlungen gegen die verdächtige Erzieherin wegen Vortäuschens einer Straftat die Erkenntnisse zu ihrer psychischen Verfassung nicht an das Landesjugendamt weitergeleitet.
Jugendämter könnten ihr „Wächteramt über das Kindeswohl“ nur sachgerecht ausüben, wenn sie auf eine reibungslos funktionierende Informationskette zurückgreifen könnten, so Biesenbach. Informationen, die bei Staatsanwaltschaften und Gerichten vorlägen, müssten die Ämter „verlässlich und zeitnah“ erreichen.
Das Landesjugendamt kritisierte, dass in Kitas keine Kinderschutzkonzepte vorgeschrieben seien. Solche Konzepte müssten aber in das Kinderbildungsgesetz aufgenommen werden, so Bahr. Außerdem sei für die Kitas in NRW eine Handreichung zu Meldepflichten erarbeitet worden. Ziel sei es, „tragische Fälle“ wie in Viersen künftig zu vermeiden. „Nichtsdestotrotz wird es immer wieder zu Fallkonstellationen kommen, an die keiner zu denken gewagt hätte“, sagte Bahr. (dpa)