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WeltkrebstagAcht Nachrichten aus der Krebsforschung, die Hoffnung machen

Lesezeit 6 Minuten
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Die Krebs ist – zumindest in Teilen – eine heilbare Krankheit, dank enormer Fortschritte in der Krebsforschung (Symbolbild).

Köln – Krebs ist die Nummer zwei der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Jährlich erkranken knapp eine halbe Million Menschen, Tendenz steigend – auch, weil unsere Gesellschaft immer älter wird. Fast jeder zweite Deutsche bekommt im Laufe seines Lebens die Diagnose Krebs. Vor einigen Jahrzehnten standen die Überlebenschancen bei fast allen Krebserkrankungen noch schlecht. Doch in der Krebsforschung hat sich viel getan – der heutige Weltkrebstag ist ein passender Anlass, die positiven Entwicklungen in den Blick zu nehmen.

Über 80 Prozent der Kinder überleben ihre Krebserkrankung

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Matthias Fischer, Kinderonkologe an der Uniklinik Köln.

„Die Kinderonkologie ist insgesamt eine Erfolgsgeschichte“, sagt Matthias Fischer, Leiter der experimentellen Kinderonkologie der Kölner Uniklinik. Vor 50, 60 Jahren sei die Diagnose Krebs für die meisten Kinder noch eine tödliche gewesen. Heute könne man über 80 Prozent der krebskranken Kinder heilen. „Ich spreche ganz explizit vom Heilen“, sagt Fischer. „Es ist nicht so, dass wir die Erkrankung unter Kontrolle bekommen und die Folgen herauszögern. Wenn ein vierjähriges Kind an Krebs erkrankt, dann geht es nicht darum, dass es noch weitere zehn Jahre lebt, sondern darum, dass es noch 80, 90 Jahre lebt.“

Immer mehr Menschen besiegen den Krebs

Krebs ist heute in vielen Fällen eine heilbare Krankheit. Noch vor 50 Jahren starben 80 Prozent aller Leukämie-Patienten innerhalb von fünf Jahren. Heute lebt mehr als die Hälfte der Betroffenen noch wesentlich länger. Bei der Bemessung der Überlebensrate sprechen Mediziner häufig von einer Fünf-Jahres Überlebensrate oder einer Zehn-Jahres-Überlebensrate. Zahlen, die für Angehörige und Patienten viele Erlebnisse, gemeinsame Erinnerungen und ein längeres Leben, meist ein langes Leben bedeuten.

Die Fünf-Jahres-Überlebensrate von Prostatakrebspatienten lag 1970-74 noch bei 35 Prozent, 64 Prozent der Brustkrebspatientinnen besiegten die Krankheit. Fünf Jahre nach der Diagnose Lungenkrebs lebten damals noch sechs Prozent der Männer und zehn Prozent der Frauen. Selbst im Jahr 2009 war die Prognose bei metastasiertem Hautkrebs noch sehr schlecht: Nur sehr wenige Erkrankte überlebten.

2017 stieg die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei Prostatakrebspatienten auf 93 Prozent, bei den Brustkrebspatientinnen waren es 88 Prozent. Lungenkrebs endet immer noch häufig tödlich, doch auch hier erzielten die Forscher Erfolge: Die Überlebensrate stieg bei Männern auf 17 Prozent, bei Frauen auf 22 Prozent. Dank neuer Therapiemöglichkeiten besiegen heute rund 50 Prozent der Patienten metastasierten Hautkrebs.

Viele Blutkrebs-Patienten finden einen Spender

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der registrierten Stammzellenspender fast verdreifacht. Das bedeutet: Blutkrebspatienten, die auf eine Stammzellenspende angewiesen sind, finden auch meistens einen Spender. Die Chancen hängen jedoch stark von der ethnischen Abstammung ab: Mitteleuropäer finden in neun von zehn Fällen einen passenden Spender, da sowohl in Deutschland als auch in den Nachbarländern und in den USA viele Menschen mit einer ähnlichen Genetik registriert sind.

Türkischstämmige Patienten finden weniger oft einen Spender, am schlechtesten stehen die Chancen für Menschen mit gemischter ethnischer Abstammung. Gerade deshalb hat die Deutsche Knochenmarkspendedatei (DKMS) in Polen, den USA, Südafrika und Chile Organisationen gegründet, um Stammzellenspender zu registrieren. Das weltweite Datenregister mit Sitz in den Niederlanden umfasst 40 Millionen mögliche Spender.

Auf Stammzellenspenden sind Blutkrebspatienten angewiesen, bei denen andere Therapiemöglichkeiten versagt haben. Vier von fünf Patienten, die einen Spender finden, werden wieder gesund. Jedes Jahr spenden 6000 Menschen Stammzellen – und retten damit tausende Leben.

www.dkms.de

Die Bekämpfung von Blutkrebs macht nicht an Ländergrenzen halt

Bei der Organspende tauschen sich Ärzte gerade mal mit den Nachbarländern aus, Blut gibt es nur von Spendern innerhalb Deutschlands. Ganz anders wird bei Stammzellen verfahren: Spender aus Uruguay, Südafrika, Singapur und Deutschland ermöglichen ihren genetischen Zwillingen in einem anderen Land die Chance auf ein langes Leben. „Diese Internationalität, dass keine Ländergrenzen zählen und ein Spender auch am anderen Ende der Welt sitzen kann – das finde ich total beeindruckend“, sagt Thilo Mengling, Director International Medical Science bei der DKMS.

Die Therapiemöglichkeiten werden genauer

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Thilo Mengling, Director International Medical Science bei der DKMS

Krebs kann heute deutlich präziser behandelt werden. „Viele der neuen Therapien wirken sehr gezielt gegen die Vervielfältigung von Krebszellen, während die alten Therapien einfach alle Zellen kaputt gemacht haben, die sich teilen“, sagt Thilo Mengling. Beim Blutkrebs zum Beispiel richten Experten heute ihre Therapie an der Genetik des Krebses aus.

Auch bei der Stammzellenspende werden deutlich mehr Merkmale der Spender erfasst, um sie noch passender für den Empfänger identifizieren zu können. „Während man früher mit der Knochensäge an die Therapie drangegangen ist, nutzt man heute ein Skalpell“, verbildlicht Mengling die Verfeinerung der Behandlungen.

Ähnlich äußert sich Matthias Fischer: „Wir sind besser geworden bei der Risikoeinschätzung der Patienten“, so der Leiter der experimentellen Kinderonkologie der Kölner Uniklinik. „Wenn wir mit ganz wenig Therapie den Patienten gesund bekommen, dann geben wir auch weniger Therapie.“

Krebstherapien sind schließlich mit einer ganzen Reihe von Nebenwirkungen verbunden, können Langzeitfolgen auslösen und im schlimmsten, seltenen Fall zum Tod führen. „Wir können die Strahlen bei der Bestrahlung deutlich sensibler auf den Tumor bringen. So gelangt nur ganz wenig Streustrahlung auf das gesunde Gewebe“, sagt Fischer.

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Die Entdeckung von Checkpoint-Inhibitoren lässt die Überlebensrate rasant in die Höhe steigen

Immuntherapien etablieren sich als vierte Säule der Krebsbehandlung – neben Operationen, Chemotherapie und Bestrahlung. Dabei aktivieren die Medikamente das Immunsystem, damit dieses den Krebs bekämpft. Das Problem bei Krebszellen ist nämlich: Sie „verstecken“ sich vor dem Immunsystem und können so ungestört wachsen, sie unterdrücken das Immunsystem sogar. Bei der Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren wird diese Unterdrückung des Immunsystems gelöst durch sogenannte Checkpoints auf den Abwehrzellen: So kann das Immunsystem den Tumor entdecken und bekämpfen.

Gerade in der Erwachsenenonkologie ist diese Therapie sehr erfolgreich. „Das hatte keiner vorhergesehen, bei einigen Diagnosen ist die Heilungsrate in die Höhe geschnellt“, sagt Fischer. 2018 wurden die Entdecker der Checkpoint-Inhibitoren mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet.

mRNA-Technologie bringt Immuntherapien weiter

Die mRNA-Technologie wurde mit den Corona-Impfstoffen berühmt, doch Wissenschaftler forschen schon seit einigen Jahren an mRNA-basierte Immuntherapien für Krebskranke. Mithilfe von mRNA-Technologie könnte das Immunsystem bestimmte Eiweiße von Tumorzellen als fremd erkennen und abtöten. Wissenschaftler müssten dafür analysieren, welche Eiweiße sich als Ziel eignen, spezifisch für einzelne Patienten anpassen und dann verimpfen. Das Paul-Ehrlich-Institut rechnet mit der Zulassung von mRNA-basierten Krebsbehandlungen ab 2025. Im vergangenen Sommer bekamen erstmals Probanden ein mRNA-Mittel von Biontech gegen Hautkrebs.

Biontech finanzierte mit den Gewinnen aus der Covid-19-Impfung ein neues Firmengebäude in Mainz, wo ab 2023 rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mRNA-basierte Krebsmedikamente herstellen sollen.

Wer aufhört zu rauchen, halbiert sein Risiko für Lungenkrebs innerhalb von fünf Jahren

Jeder weiß, dass rauchen krebserregend ist. Diese Zahlen haben es trotzdem in sich: Laut der Deutschen Krebsgesellschaft gehen rund ein Drittel aller Krebserkrankungen auf Tabakkonsum zurück. Raucher sterben zweimal so häufig an Krebs wie Nichtraucher und erkranken rund 24-mal häufiger an Lungenkrebs.

Neben Lungenkrebs verursacht Tabak Krebs der Mundhöhlen, des Kehlkopfes, der Speiseröhre, der Harnblase, der Niere, des Magens, der Bauchspeicheldrüse, der Brust, der Gebärmutter sowie Leukämie.

Die gute Nachricht: Der menschliche Körper ist ein Meister der Regeneration. Wenn ein Mensch aufhört zu rauchen, halbiert sich sein Risiko an Lungenkrebs zu erkranken innerhalb von fünf Jahren. Nach zehn Jahren haben Ex-Raucher „nur“ noch ein doppelt so hohes Lungenkrebsrisiko wie lebenslange Nichtraucher, nach 20 Jahren haben sie ihr Lungenkrebsrisiko um 90 Prozent gesenkt.