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„True Crime Köln“Ungewöhnliche Todesstrafe für einen Kölner Karnevalisten

Lesezeit 4 Minuten
Die Bildcollage zeigt eine Zeichnung von Georg Osterwald von den Barrikaden in der Altstadt im September 1848 und ein Porträt des Revolutionäres Franz Raveaux

Barrikaden ohne Kämpfer in der Kölner Altstadt, gezeichnet von Georg Osterwald, markieren das Ende des demokratischen Aufbruchs, der unter anderem von Franz Raveaux (r.) angeführt wurde

Die neue Podcast-Folge „True Crime Köln“ reist ins Jahr 1848 – und Franz Raveaux, dem Karnevalisten, Volkshelden und Pionier des demokratischen Aufbruchs.

Manchmal ist der Weg vom Volkshelden zum Hochverräter ein ganz kurzer. Das musste auch der Politiker und Karnevalist Franz Raveaux erleben. Im Sommer 1851 wurde er zum Tode verurteilt. Weil er sich im belgischen Exil befand, wurde er „nur“ symbolisch auf dem Alter Markt hingerichtet – ein recht einzigartiger Vorgang in der Kölner Justizgeschichte.

Zusammen mit dem ehemaligen Chef des Kölnischen Stadtmuseums, Mario Kramp, macht die Podcast-Reihe des Kölner Stadt-Anzeiger „True Crime Köln“ eine spannende Zeitreise 175 Jahre zurück ins Jahr der bürgerlichen Revolution. Köln „mit einer fast modernen Gesellschaft“, so Kramp, war ein Zentrum der politischen Debatten über die Zukunft eines möglichst demokratischen Deutschlands. Revolutionäre wie Franz Raveaux stritten auf der Straße, im Stadtrat, im Parlament, aber auch auf dem Schlachtfeld für Gerechtigkeit und sozialen Fortschritt. „Erfolgreich gescheitert“ sei die demokratische Revolution in Köln und in Deutschland, resümiert Historiker Kramp – „ein schöner Begriff, auf den man sich einlassen kann“.

Die neue Folge von „True Crime Köln“ hören:

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Der 1810 geborene Franz Raveaux war eine schillernde Figur. Seine Popularität verdankte er dem Karneval, wo er als gesellschaftskritischer Büttenredner und als Präsident der „Allgemeinen Carnevalsgesellschaft“ aktiv war. Nur wenige Jahre nach der Gründung des Fest ordnenden Komitees gab es schon mächtig Zoff im Fastelovend. Raveaux stritt für einen volkstümlichen und erschwinglichen Karneval unter dem Motto „Freiheit und Gleichheit im Narrentum“.

Karneval und Politik gehörten in Köln immer zusammen

Die unpolitische Art zu Feiern, wie sie das Festkomitee pflegte, passte ihm nicht. Der Streit ging so weit, dass es sogar zwei miteinander konkurrierende Karnevalszüge in der Stadt gab. Ausgerechnet im Revolutionsjahr 1848 kam man wieder zusammen. Raveaux war zwischenzeitlich auch zum politischen Führer geworden und zog als Volksvertreter ins Parlament in der Frankfurter Paulskirche ein. Karneval und Politik – das gehörte in Köln schon immer eng zusammen.

Kölnisches Stadtmuseum, KSM, Plünderung des Offermannschen Gewehrladens in der Schildergasse, Zeichnung von Wilhelm Kleinenbroich 1948/1949

Plünderung eines Gewehrladens in der Schildergasse 1848

Die Aufbruchstimmung währte nur kurz. Die preußische Obrigkeit und ihr Militär erstickten alle Hoffnungen auf Demokratie und mehr Freiheit mit Gewalt. Auch in diesem Kontext war Köln wieder ein besonderer Ort: Es ist die einzige größere Stadt in Europa, in der es während der Revolutionsjahre keine Toten gab. In Deutschland wurde über die angeblich feigen Kölner Kämpfer gespottet, von Karl Marx gab es dagegen Lob, als sich im September 1848 in Lage zuspitzte, aber völlig unblutig endete. Einen aussichtslosen Kampf gegen eine Übermacht zu führen, hätte nichts gebracht, so Marx. Auch in Köln waren in Erwartung des preußischen Militärs Barrikaden errichtet worden. Doch irgendwann waren die Kämpfer auf den Barrikaden das Warten leid und entschlossen sich in die Kneipen der Stadt zu gehen. Als dann die Preußen tatsächlich am nächsten Morgen anrückten, waren die Barrikaden verwaist. Das Militär musste sie nur noch wegräumen.

Mario Kramp, Kurator im Kölnischen Stadtmuseum und Experte für die revolution von 1848/49, hier bei einer Buchvorstellung

Mario Kramp, Kurator im Kölnischen Stadtmuseum und Experte für die Revolution 1848/49

So blieben in Köln vor allem die Spuren und Zeugnisse der Sieger, während die Erinnerung an die vorbildlichen Demokraten verblasste. Über die Denkmäler der preußischen Hohenzollern wird eifrig debattiert. Mancher findet, sie müssten verschwinden. Kramp hält dagegen: „In keinem Fall“ dürften sie abgebaut werden, sagt der Historiker in der neuen Folge von „True Crime Köln“. „Aber man sollte sie in den Kontext setzen“ und erklären, wie und warum sie dort aufgebaut wurden, wo sie stehen. Gleichzeitig müsse an „große Helden“ wie Franz Raveaux erinnert werden, mit denen eine große demokratische Tradition Deutschlands verbunden sei.

Logo True Crime.Köln

Die neue Folge von True Crime Köln über Franz Raveaux und die Revolution von 1848 kann man überall hören, wo es Podcasts gibt, und über die Homepage des Kölner Stadt-Anzeiger

Revolutionslieder zum Mitsingen

Im Rahmen des 7. Kölner Krätzjer Festes im Oktober präsentiert Mario Kramp zusammen mit den Musikern Roland Hüve und Laurent Chevalier am Sonntag, 22. Oktober, das Programm „Die alten Barrikaden“ mit Revolutionsliedern zum Mitsingen auf Französisch, Deutsch und Kölsch. Ein Textheft als Mitsinghilfe erleichtert das Mitmachen. Zu den Liedern erzählt Kramp Wissenswertes und Unterhaltsames aus der Kölner und deutschen Geschichte. Informationen und Tickets zu dem Abend in der Domstube im Gaffel am Dom findet man im Netz.

www.koelnerkraetzjerfest.de