Ärger um Grundsteuer-ErklärungExperten drängen Schwarz-Grün zur Fristverlängerung
Köln – In NRW spitzt sich der Ärger um die Grundsteuer-Erklärung für Immobilienbesitzer weiter zu. Die FDP fordert den neuen NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) auf, angesichts der massiven Kritik von Steuerexperten und Eigentümern ein eigenes, unkompliziertes Gesetz für NRW vorzulegen. „Die Zeit ist überfällig für einen Neustart“, sagte der FDP-Politiker Ralf Witzel dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der neue Finanzminister dürfe kein „Weiter so“ betreiben. „Er hat die einmalige Chance, im Interesse der Bürger bisherige Fehler und Versäumnisse seiner Partei zu korrigieren“, erklärte der Finanzexperte der Liberalen.
Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte unter der Überschrift „Finanzämter treiben Eigentümer zur Verzweiflung“ über die Probleme bei der Abgabe der Grundsteuer-Erklärung berichtet. Fast zeitgleich wurde die Plattform „Elster“, die zur digitalen Veranlagung genutzt werden soll, wegen Überlastung abgeschaltet.
Grundsteuer-Erklärung: Viele Eigentümer benötigen externe Hilfe
Experten glauben nicht daran, dass die Eigentümer die Steuererklärungen rechtzeitig abgeben können. Michael Dröge, stellvertretender Landesvorsitzender des Verbands Wohneigentum NRW, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Der vorgeschriebene Abgabetermin Ende Oktober lässt sich nicht halten. Ich befürchte, dass es bei der Plattform Elster weiter zu technischen Problemen kommt. In bestimmten Fällen ist die Ermittlung des Bodenrichtwerts so komplex, dass externe Hilfe nötig ist“.
Aber die Steuerberater hätten oft kein Interesse an den Mandaten – „und in den Grundbuchämtern fehlen Corona bedingt oft Mitarbeiter, um den Eigentümern die benötigten Informationen zu beschaffen“, sagte Dröge. Deswegen sollte NRW „die Frist für die Abgaben der Grundsteuer-Erklärung bis zum Jahresende verlängern“, empfiehlt der Verbandsvertreter. Möglicherweise werde auch diese Zeitspanne nicht für alle Eigentümer ausreichend sein.
Mehr Zeit, um Daten einzuholen
Hartmut Schwab, Präsident der Bundessteuerberaterkammer, sieht das ähnlich. „Wir fordern eine Fristverlängerung. Längst ist klar, dass dieser Kraftakt bis Ende Oktober 2022 nicht zu stemmen sein wird“, sagte Schwab unserer Zeitung. Bei einer Fristverlängerung hätten die Eigentümer mehr Zeit, „die noch notwendigen Daten herbeizuschaffen, noch einmal kritisch zu überprüfen und einzureichen“. Nach der Sommerpause wird der Düsseldorfer Landtag über einen Gesetzentwurf der FDP zur Grundsteuer beraten. „Uns ist wichtig, die gesamte Bürokratie zu vermeiden. Deshalb fordern wir ein Moratorium der Vernunft“, erklärte Witzel.
Das Chaos um die Grundsteuer-Veranlagung beginnt schon bei den Anschreiben. „Nach Rückmeldung etlicher Steuerpflichtiger ist in der Kommunikation der Finanzverwaltung derzeit nicht sachlich nachvollziehbar, wer individuell beim gemeinsamen Grundbesitz mehrerer Eigentümer derselben Liegenschaft der Adressat der Erklärungspflicht ist und warum.
Offenbar informieren die Finanzämter jeweils nur einen einzigen Eigentümer, obwohl die Erklärungspflicht rechtlich alle Eigentümer grundsätzlich in gleicher Weise betrifft“, heißt es in einer Kleinen Anfrage der Liberalen an die Landesregierung, die unserer Zeitung exklusiv vorliegt. Dieses Vorgehen erscheine „wenig sinnvoll, da die offenbar zufällige Auswahl der Personen ohne Kenntnis von deren persönlichen Lebensumständen“ erfolge.
Die einzelnen Bundesländer können eigenverantwortlich entscheiden, wie sie die Grundsteuer künftig erheben wollen. Die Flächenländer Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen sowie Hamburg haben eigene Gesetze vorgelegt. Solange es in einem Bundesland keine eigene Grundsteuergesetzgebung gibt, gilt das „Scholz-Modell“. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2018 festgestellt, dass die bisherigen Vorschriften für die Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig sind.
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Als Alternative zum bisherigen Scholz-Verfahren schlagen die Liberalen ein Flächenmodell vor. „Dabei könnte die ganze Erklärungsbürokratie entfallen“, sagte Witzel. Das Finanzamt würde den Steuerzahlern einfach zur Kontrolle die behördlich ohnehin bekannte Quadratmeterzahl mitteilen. „Nur in ganz wenigen Fällen von Fehlern hätten dann einzelne zu widersprechen. Die große Masse aber wäre mit all dem Aufwand überhaupt nicht belastet“, betont der Finanzexperte der Liberalen. Durch eine Verlängerung der Abgabefrist könne mehr Zeit für sinnvolle Änderungen geschaffen werden – falls Schwarz-Grün doch noch einlenken sollte.
Bislang sieht die neue schwarz-grüne Landesregierung keinen Handlungsdruck. Ein Sprecher von Finanzminister Optendrenk gab ich auf Anfrage einsilbig: „Abgabefrist ist der 31. Oktober 2022.“