AboAbonnieren

Wahlkampf ohne Krah und Bystron„Völliger Irrsinn“ – Strack-Zimmermann greift Rechtspopulisten frontal an

Lesezeit 3 Minuten
Protest mit einer Krah-Maske gegen den AfD-Wahlkampfauftakt am Samstag (27. April) in Donaueschingen.

Protest mit einer Krah-Maske gegen den AfD-Wahlkampfauftakt am Samstag (27. April) in Donaueschingen.

Die AfD-Spitze versucht, zum Start des Europawahlkampfs gute Stimmung zu verbreiten. Die FDP schießt in Berlin gegen die Rechtspopulisten.

Sechs Wochen vor den Wahlen für das Europaparlament am 9. Juni haben die Parteien ihren Wahlkampf gestartet. Bei der AfD wird der Auftakt überschattet von den Affären um ihre Spitzenkandidaten Petr Bystron und Maximilian Krah. Die Vorwürfe wiegen so schwer, dass die Parteispitze Bystron und Krah nicht bei der Eröffnungsveranstaltung in Donaueschingen sehen will. Bystron wird vorgeworfen, Geld aus Russland in Zusammenhang mit der Affäre um das Propagandaportal „Voice of Europe“ genommen zu haben. Auch Krah wird wegen einer zu großen Russlandnähe kritisiert. Vor allem jedoch wurde einer der engsten Mitarbeiter des Europaabgeordneten wegen des Vorwurfs der Spionage für China festgenommen.

Zurücktreten mussten die Kandidaten jedoch nicht, sondern die Parteispitze um Alice Weidel und Tino Chrupalla versucht den Spagat, sich einerseits zu distanzieren, Bystron und Krah aber gleichzeitig auf den Spitzenplätzen der Europa-Liste zu belassen. Die Verteidigungsstrategie der AfD-Chefs: Bislang sei den beiden Politikern ja nichts nachgewiesen, und für Verfehlungen eines Mitarbeiters könne Krah ja nichts.

„Es muss auch bewiesen und nachgewiesen werden“, so Chrupalla am Samstag in Donaueschingen. Allerdings wollte Chrupalla gleichzeitig Entschlossenheit zeigen und betonte, Meinungen und Positionen in der AfD dürften „niemals käuflich sein“.

Strack-Zimmermann kritisiert AfD für Festhalten an Bystron und Krah

Die FDP nutzte ihren Bundesparteitag in Berlin am Samstag für erneut harsche Kritik an der AfD. Europa-Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte, die Spitzenkandidaten zurückzurufen. Sie sagte dem Sender Phoenix, die AfD gebe sich als Patrioten. Dabei sei es keinesfalls patriotisch, „wenn der eine vermutlich, so der Verdacht, Geld von Russland bekommt, und der andere einen Mitarbeiter hat, der vermutlich spioniert hat für China.“

Die Affäre um die beiden AfD-Politiker sei „ein schwerer Vertrauensverlust, ein schwerer Schaden für die Bundesrepublik Deutschland“. Sollte die AfD deren Kandidatur für das Europaparlament aufrecht erhalten, sei das „demokratisch mehr als bedenklich“.

Vor allem aber hätte die AfD das Ziel, „Deutschland aus Europa rauszuführen“, was „volkswirtschaftlich eine Katastrophe“ wäre, so Strack-Zimmermann. Außerdem wolle die AfD, die D-Mark wieder einführen - „ein völliger Irrsinn“ - und „die Nationalisten obsiegen“ lassen. „Wir müssen also den Menschen klarmachen, wenn ihr die wählt, das wäre so: Sie laden jemanden ein in Ihr Wohnzimmer, wissend, dass kaum sitzt er bei Ihnen auf dem Sofa, Ihnen das Sofa unterm Hintern wegzündet“, sagt die 66-Jährige über die Rechtspopulisten im Europaparlament.

Krah-Mitarbeiter Jian G. könnte als Doppelspion gearbeitet haben

Unterdessen werden immer neue Details zu den Spionagevorwürfen gegen Krah-Mitarbeiter Jian G. bekannt. So sollen nach Informationen des „Spiegel“ aus dem Büro Krahs mehrfach geheime Dokumente im Handelsausschuss des EU-Parlaments abgerufen worden sein. Es handelte sich um Dokumente mit dem Vermerk „sensibel“ oder „gesperrt“. Dies habe eine interne Untersuchung über die Nutzung des Sharepoints des Gremiums ergeben, die nach der Festname des mutmaßlichen chinesischen Spions Jian G. erfolgt sei. Ob Krah selber oder seine Mitarbeitenden die Dokumente abriefen, ist allerdings noch ungeklärt.

Jian G., der sich in Untersuchungshaft befindet, soll sich ARD-Informationen zufolge bereits 2007 den deutschen Sicherheitsbehörden als Quelle angeboten haben. Zunächst soll er es beim Auslandsnachrichtendienst BND versucht haben. Dieser soll aber abgelehnt und Jian G. an den sächsischen Verfassungsschutz verwiesen haben. Diesem lieferte Jian G. Hinweise auf mutmaßliche Aktivitäten des chinesischen Nachrichtendienstes gegen Anhänger der chinesischen Opposition in Deutschland.

Jian G. soll aber keine Aufträge vom sächsischen Verfassungsschutz erhalten haben. Ob der 43-Jährige damals auch schon für China arbeitete und demnach als Doppelagent tätig war, ist unklar.