Das FDP-Präsidium verteidigt den Plan für eine „Wirtschaftswende“ – und reagiert empfindlich auf Nachfragen nach dem Ampel-Konfliktpotenzial.
„Moratorium für Sozialleistungen“FDP verteidigt umstrittene Pläne – Strack-Zimmermann teilt gegen Söder aus
Die FDP hat am Montag das Konzept des Parteipräsidiums für eine „Wirtschaftswende“ vorgestellt. Der 12-Punkte-Plan war bereits zuvor bekannt geworden und hatte für Unmut in der Ampel gesorgt, insbesondere bei der SPD. Beim Bürgergeld soll es Reformen geben, insgesamt sollen Sozialleistungen auf den Prüfstand kommen. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verteidigte die Positionen der Parteispitze, die am Wochenende beim Parteitag der Liberalen behandelt werden sollen. Dort soll auch ein Leitantrag beschlossen werden.
Djir-Sarai nannte die wichtigsten Punkte: Es müsse ein Gesetz zum Bürokratie-Abbau geben. Das Bürgergeld müsse reformiert werden, damit mehr Anreize für Arbeit geschaffen würden. Der Plan des FDP-Präsidiums geht aber über das Bürgergeld hinaus: Djir-Sarai sprach von einem „Moratorium für Sozialleistungen“ insgesamt. Dies bedeute, dass in den nächsten drei Jahren keine zusätzlichen Sozialleistungen eingeführt werden dürften.
Einschnitte bei Sozialleistungen: FDP-Generalsekretär geht auf Kritik ein
Weitere Forderungen der FDP sind: Steuererleichterungen sowie die Abschaffung des Solidaritätszuschlags sowie eine Aussetzung des Lieferkettengesetzes. Bei den Erneuerbaren Energien wolle man „mehr Markt“ und weniger staatliche Förderung.
Djir-Sarai begründete das Papier, das in Punkten wie dem Bürgergeld und dem Lieferkettengesetz den gemeinsam mit SPD und Grünen gefassten Beschlüssen entgegensteht, mit der schlechten Wirtschaftslage. Mit dieser habe man zum Zeitpunkt des Abschlusses des Koalitionsvertrags mit SPD und Grünen nicht rechnen können. Der „Wohlstand“ in Deutschland müsse erhalten bleiben und wieder wachsen.
Es sei ihm klar, „dass der ein oder andere Koalitionspartner dies nicht auf Anhieb nachvollziehen kann“, sagte der FDP-Generalsekretär mit Blick auf die heftige Kritik insbesondere aus der SPD. Die FDP habe jedes Recht, diese Forderungen zu erheben. „Das ist nicht ein Parteitag der Grünen, das ist nicht ein Parteitag der SPD, es ist auch nicht ein Parteitag der Ampelkoalition. Das ist ein Parteitag der FDP“, so Djir-Sarai.
Markus Söder: FDP-Vorstoß als „Scheidungsurkunde“ der Ampel
Eine Journalisten-Frage bei der Pressekonferenz, ob die Ampel-Partner das 12-Punkte-Papier nicht als „Provokation“ auffassen könnten, wurde von Djir-Sarai ausführlich und emotional beantwortet.
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits mit leichter Schadenfreude von einer „Scheidungsurkunde“ für die Regierung gesprochen, und auch SPD-Politiker Helge Lindh hatte das Papier als „Austrittserklärung“ aus der Ampel gewertet. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert attestierte dem Koalitionspartner FDP das „Fingerspitzengefühl von Investmentbankern“.
Auch Annalena Baerbock (Grüne) hält die FDP-Vorschläge für schärfere Regeln beim Bürgergeld und das Aus für die Rente mit 63 angesichts der aktuellen Weltlage für problematisch. Es brauche angesichts der drohenden Destabilisierung „Geschlossenheit zwischen (...) allen demokratischen Akteuren in unseren Gesellschaften“, so die Außenministerin.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann reagiert empfindlich auf Söder-Äußerungen
Djir-Sarai reagierte nun empfindlich und wollte wissen, ob Forderungen aus der SPD nach Steuererhöhungen oder Ideen der Grünen, die „permanent“ neue Subventionen forderten, dann nicht auch eine Provokation seien. „Das hier ist eine Koalition, das ist keine Fusion“, erklärte der FDP-Generalsekretär. „Ich bin nicht mit dem Gedanken morgens aufgewacht, irgendjemanden in diesem Land zu provozieren“, sagt Djir-Sarai und meinte, man solle jetzt „keine Geschichte“ daraus machen.
Auch FDP-Europakandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann reagierte dünnhäutig auf die Frage nach den Söder-Äußerungen. Söder solle sich einfach mal „inhaltlich äußern“, inwieweit die Union diese Themen durchsetzen könne. Dies wäre „spannender als Nebenkriegsschauplätze“ aufzumachen – auch wenn Söder dafür bekannt sei, so Strack-Zimmermann spitz.