Die ARD sendete anlässlich des Atomausstiegs eine Sonderausgabe der „Tagesthemen“ mit Ingo Zamperoni.
„Schwer zu ertragen“Kritik an Zamperoni und „Tagesthemen“ mit „Atom-Nostalgie“ aus AKW Isar 2
Die „Tagesthemen“ haben sich am Freitagabend ausführlich mit dem Atomausstieg in Deutschland beschäftigt. Am Samstag sollen die drei verbliebenen Meiler in Deutschland vom Netz gehen. Die Abschaltung des letzten Werks wird kurz vor Mitternacht erwartet - welcher der Meiler Isar 2 in Bayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg der letzte sein wird, ist unklar. Die Leistung der Reaktoren wird kontinuierlich gesenkt. Danach wird der Generator vom Stromnetz genommen und der Reaktor komplett abgeschaltet.
Eigentlich hätten die AKW schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen, wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine entschied die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr jedoch, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen.
Ingo Zamperoni macht einen Rundgang durch AKW Isar 2
Aus dem aktuellen Anlass strahlte die ARD ihre Nachrichtensendung am Freitagabend aus dem AKW Isar 2 aus. Moderator Ingo Zamperoni moderierte die 45-minütige Sonderausgabe. Er begann die Sendung mit den Worten „Noch steht die Wasserdampf-Wolke über den Kühltürmen von Isar 2, aber nicht mehr lange“. Auf einen Kühlturm war offenbar das „Tagesthemen“-Logo projiziert worden. Dann folgte ein „exklusiver Blick“ hinter die Kulissen des AKW, und Zamperoni durfte Mitarbeiter ins Innere der Anlage begleiten. Ein Angestellter von PreussenElektra sagte: „Es tut weh, so eine Anlage abschalten zu müssen, wo man weiß, die könnte noch locker zehn Jahre laufen“.
Ähnlich äußerten sich Kollegen von ihm, die jetzt „ihren eigenen Arbeitsplatz demontieren“ müssten, wie Zamperoni sagte. Es werde für die Angestellten ein „emotionaler Abschied“. Der Leiter der Anlage Carsten Müller sagte im Interview, man habe über 35 Jahre „günstigen und klimafreundlichen“ Strom produziert. Das mache ihn stolz und er sei traurig über die Abschaltung der Anlage. Man müsse das Gesetz erfüllen, dennoch könne er nicht verstehen, dass man in Deutschland nicht wie in den Nachbarländern auf Atomkraft setze.
Dann folgte ein Rückblick auf die Anti-Atomkraftbewegung im Laufe der Jahrzehnte. Der zugeschaltete bayerische Ministerpräsident Markus Söder äußerte sich danach erwartungsgemäß ähnlich wie der Leiter des AKW Isar 2. „Wir brauchen jedes Fitzelchen Energie“, es sei unklug, aus der Atomkraft auszusteigen, so Söder. Eine Stichelei gegen Robert Habeck (Grüne) folgte. Wie könne der Bundeswirtschaftsminister Atomkraft in der Ukraine super finden, in Deutschland allerdings nicht, meinte Söder. Die Grünen würden Deutschland in eine „ideologische Geiselhaft“ zwingen.
Jan Böhmermann äußert sich zu den „Tagesthemen“ aus AKW Isar 2
Bei Twitter wurde im Anschluss an die ARD-„Tagesthemen“ rege über die Sendung diskutiert. Viele fanden, die Sendung aus dem AKW sei nicht ausgewogen gewesen. Zamperoni habe auch bei Söder nicht kritisch genug nachgefragt, hieß es. In der Tat wies dieser Söder jedoch explizit beispielsweise auf den fehlenden Ausbau der Stromtrassen in Bayern hin.
Einige User fanden die „Tagesthemen“ dennoch zu einseitig und warfen der ARD „Atom-Nostalgie“ vor.
Ob man zu anderen Anlässen auch Sondersendungen gemacht hätte, wollte ein anderer User wissen.
Auch der Kölner Satiriker Jan Böhmermann äußerte sich auf Twitter ironisch mit zwei Stichworten zum Thema und retweetete den Beitrag der „Tagesthemen“.
Darunter sammelten sich lustige Antworten wie „Da hat das Wort Live-Ausstrahlung gleich ne ganz andere Bedeutung“.
In der zweiten Hälfte der „Tagesthemen“ gab es aber dann doch noch mit der zugeschalteten Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang kritische Stimmen. Lang sprach von den Erfolgen beim Ausbau der erneuerbaren Energien und den immensen Kosten der Atomkraft.
Auch ein Kommentar von einem Mitarbeiter des Saarländischen Rundfunks sprach sich eindeutig gegen die Atomkraft aus, welche die mit Abstand teuerste Art der Energiegewinnung sei, zudem sei für den strahlenden Müll noch immer keine Lösung gefunden worden. Der kommentierende Kollege vom Norddeutschen Rundfunk sah dies allerdings anders.
Die „Tagesthemen“ werden normalerweise im Studio in Hamburg produziert. Es gab aber schon mehrere Ausnahmen, beispielsweise 2020 eine Sendung aus Washington anlässlich der US-Wahlen sowie 2022 eine Sendung live aus dem ukrainischen Kiew.(cme)